RVG VV Nr. 4141
Leitsatz
Für das Entstehen der Befriedigungsgebühr der Nr. 4141 VV durch Revisionsrücknahme ist als Mindestvoraussetzung zu verlangen, dass wenigstens schon die theoretische Möglichkeit der Anberaumung eines Verhandlungstermins nach § 350 StPO besteht. Dass ist der Fall, wenn die Revision – auch mit der nur allgemeinen Sachrüge – begründet worden ist.
LG Braunschweig, Beschl. v. 21.10.2010 – 2 KLs 12/10
1 Sachverhalt
Der Erinnerungsführer war als Pflichtverteidiger beigeordnet. Er nahm sodann an der Hauptverhandlung der ersten Instanz vor dem LG teil. Gegen das Urteil des LG legte er noch vor Zustellung des schriftlichen Urteils Revision ein und rügte die Verletzung materiellen Rechts. Nachdem die Staatsanwaltschaft keine Revision eingelegt hatte, nahm der Verteidiger seine Revision ebenfalls zurück.
Der Erinnerungsführer beantragte für das Revisionsverfahren die Festsetzung einer Vergütung von 505,00 EUR aus Verfahrensgebühr (Nr. 4131 VV) und von 412,00 EUR aus Nr. 4141 VV zuzüglich der Post- und Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 VV und Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV. Festgesetzt wurden 624,75 EUR, zusammengesetzt aus dem verlangten Betrag der Verfahrensgebühr und der Pauschale (zuzüglich Umsatzsteuer hieraus).
Der Erinnerungsführer wendet sich gegen die Nichtfestsetzung der Gebühr nach Nr. 4141 VV. Der Bezirksrevisor hat dazu Stellung genommen und führt aus, dass dem Erinnerungsführer aufgrund der "strategischen" Revisionseinlegung und anschließender Rücknahme die Gebühr nicht anzusetzen sei.
Die Erinnerung hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die Kammer ist gem. §§ 56 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 8 S. 1 RVG durch eines ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung berufen. Die Sache weist weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf, noch hat sie grundsätzliche Bedeutung (vgl. § 33 Abs. 8 S. 2 RVG).
Der gegen die zuerst genannte Vergütungsfestsetzung eingelegte, als gem. § 56 Abs. 1 S. 1 RVG statthafte Erinnerung auszulegende Rechtsbehelf ist zulässig und begründet.
Die zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV ist entstanden. Der Erinnerungsführer hat die Revision zurückgenommen. Dem Vergütungsanspruch steht nicht entgegen, dass der Erinnerungsführer mitgeteilt hat, er würde erörtern, ob das eingelegte Rechtsmittel weiter durchgeführt oder zurückgenommen werden würde, sollte die Staatsanwaltschaft kein Rechtsmittel einlegen oder ein eingelegtes Rechtsmittel zurücknehmen.
Die Entscheidung des OLG Braunschweig v. 16.3.2006 – Ws 25/06 [= AGS 2006, 232], steht dem nicht entgegen, denn darin wird ausgeführt, dass für das Entstehen der Befriedigungsgebühr der Nr. 4141 VV durch Revisionsrücknahme als Mindestvoraussetzung zu verlangen ist, dass wenigstens schon die theoretische Möglichkeit der Anberaumung eines Verhandlungstermins nach § 350 StPO besteht. Das ist der Fall, wenn die Revision fristgerecht begründet worden ist. Andernfalls gelangen die Akten normalerweise gar nicht an das Revisionsgericht, sondern wird das Rechtsmittel bereits durch die Vorinstanz gem. § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen. Die genannte Entscheidung ist vorliegend nicht einschlägig. Der Erinnerungsführer hat die Revision vor Rücknahme begründet. Die Rüge der Verletzung materiellen Rechts genügt als vollständige Revisionsbegründung.