FamGKG §§ 35, 41
Leitsatz
Der Wert einer einstweiligen Anordnung auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses ist mit dem vollen verlangten Betrag anzusetzen. Ein Grund für eine Ermäßigung wegen geringerer Bedeutung nach § 41 FamGKG kommt regelmäßig nicht in Betracht.
OLG Bamberg, Beschl. v. 13.5.2011 – 2 WF 102/11
1 Sachverhalt
Die Antragstellerin hat vom Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung die Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses in Höhe von 8.964,89 EUR verlangt. Das FamG hat den Gegenstandswert dieses Verfahrens auf 4.482,44 EUR festgesetzt und ist dabei von einem Regelfall des § 41 FamGKG (Ansatz des hälftigen Wertes) ausgegangen.
Gegen die Entscheidung wendet sich der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners mit seiner im eigenen Namen eingelegten Beschwerde, mit der er erreichen will, dass der Gegenstandswert auf 8.964,89 EUR festgesetzt wird. Zur Begründung verweist er im Wesentlichen darauf, dass § 41 FamGKG die Halbierung der Forderung nur für den Regelfall vorsehe, hier jedoch eine Ausnahme gerechtfertigt sei, weil die verlangte einstweilige Anordnung faktisch zu einer endgültigen Regelung führe.
Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Antragstellerin verteidigt den angegriffenen Beschluss.
2 Aus den Gründen
Auf das Verfahren sind nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG das FamFG und das FamGKG anzuwenden, weil es in erster Instanz nach dem 1.9.2009 anhängig geworden ist.
a) Die Beschwerde des Rechtsanwalts ist gem. § 32 Abs. 2 RVG, § 59 FamGKG zulässig, insbesondere ist sie statthaft.
Zwar ist die Beschwerde gegen die Hauptsacheentscheidung durch § 57 S. 1 FamFG explizit ausgeschlossen, weil ein Ausnahmefall des § 57 S. 2 FamFG nicht vorliegt. Aus der fehlenden Anfechtungsmöglichkeit der Hauptsacheentscheidung hat ein Teil der Rspr. die Konsequenz gezogen, dass in diesen Fällen Neben- und Zwischenentscheidungen ebenfalls nicht angefochten werden können (OLG Schleswig v. 25.9.2000 – 13 WF 126/00 = OLGR 2001, 95). Auch der BGH hat sich dieser Rechtsauffassung zumindest zum Teil insoweit angeschlossen, als er in analoger Anwendung des § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO die Anfechtbarkeit von Entscheidungen über die Verfahrenskostenhilfe bzw. Prozesskostenhilfe als nicht statthaft angesehen hat, wenn die entsprechenden einstweiligen Anordnungen nicht mit einem Rechtsmittel angegriffen werden konnten (FamRZ 2005, 790). Zur Begründung hat er im Wesentlichen auf die Gefahr verwiesen, dass Instanz- und Rechtsmittelgerichte in abgeschlossenen Hauptsacheverfahren und mehrstufigen Nebenverfahren zu einander widersprechenden Entscheidungen gelangen könnten.
Die Gefahr widersprechender Entscheidungen und die Notwendigkeit einer erneuten Befassung mit der Hauptsache durch das Beschwerdegericht bestehen jedoch dann nicht, wenn es beispielsweise im Verfahren der Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe nur um die finanziellen Voraussetzungen für die Bewilligung geht. Für diesen Fall wird durch § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO die Beschwerde auch ausdrücklich zugelassen. Die Notwendigkeit einer erneuten Sachbefassung und die Gefahr widersprechender Entscheidungen bestehen jedoch auch dann nicht, wenn ein Rechtsmittel gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts eingelegt wird. Ein genereller Grundsatz, dass der Rechtszug hinsichtlich Nebenentscheidungen nicht weiter gehen kann als der Hauptsacherechtszug, ist dem Gesetz jedoch nicht zu entnehmen (BGH MDR 1999, 1521; Zöller/Feskorn, ZPO, 28. Aufl., § 57 FamFG Rn 3).
Die Beschwerdesumme von 200,00 EUR ist erreicht.
b) Auch in der Sache hat das Rechtsmittel des Rechtsanwalts Erfolg. Die Antragstellerin hat einen Verfahrenskostenvorschuss in Höhe von 8.964,89 EUR geltend gemacht. Nach § 35 FamGKG ist damit dieser Betrag grundsätzlich Ausgangspunkt für die Festsetzung des Gegenstandswerts. Eine Halbierung nach § 41 FamGKG hat im vorliegenden Fall jedoch nicht zu erfolgen. Zwar ist nach dieser Vorschrift "in der Regel" die Hälfte des Gegenstandswerts der Hauptsache anzusetzen. Damit sind Abweichungen nach oben oder unten im Einzelfall jedoch nicht ausgeschlossen. Eine solche Abweichung ist hier insbesondere deshalb gerechtfertigt, weil die von der Antragstellerin erstrebte Zahlung des Verfahrenskostenvorschusses im Falle des Erfolgs des von ihr betriebenen Verfahrens ein Hauptsacheverfahren obsolet gemacht hätte. Die Antragstellerin hätte nämlich aus dem erstrittenen Titel zeitnah vollstrecken können, so dass ein Hauptsacheverfahren nicht erforderlich geworden wäre. Das Verfahren der einstweiligen Anordnung hätte damit die Hauptsache vorweggenommen. Der Umstand, dass die Antragstellerin in dem Verfahren nur zum Teil obsiegt hat und nun gegebenenfalls wegen des zum Teil nicht erlangten Verfahrenskostenvorschusses ein Hauptsacheverfahren betreiben muss, ändert an dem Ergebnis nichts, weil für die Festsetzung des Gegenstandswerts der Beginn des Verfahrens maßgeblich ist. Die Antragstellerin ist davon ausgegangen, dass sie in vollem Umfang obsiegt. In diesem Falle hätte es eines Hauptsacheverfahrens nicht bedurft, so dass es gerech...