FamFG §§ 137 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 5 S. 1, 140 RVG § 16 Nr. 4
Leitsatz
Bei einem nach dem 1.9.2009 eingeleiteten Scheidungsverfahren, bei dem die Folgesache Versorgungsausgleich abgetrennt und ausgesetzt war, sind die Gebühren des Rechtsanwalts nach Wiederaufnahme und Entscheidung über den Versorgungsausgleich aus dem Gesamtverfahrenswert zu berechnen.
OLG Nürnberg, Beschl. v. 22.7.2013 – 11 WF 973/13
1 Sachverhalt
In dem Scheidungs(verbund)verfahren, das im März 9.3.2010 eingeleitet worden war, wurde der Antragstellerin für den ersten Rechtszug Verfahrenskostenhilfe bewilligt.
Im Juli 2010 erließ das AG einen Endbeschluss, mit dem die Ehe geschieden und das Versorgungsausgleichsverfahren ausgesetzt wurde. In den Gründen des Endbeschlusses legt der Erstrichter unter der Überschrift Versorgungsausgleich dar, dass das Verfahren wegen Unwirksamkeit von Satzungsbestimmungen der VBL – Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (Versorgungsträgerin der Antragstellerin) bis zu einer Neuregelung der entsprechenden Satzungsbestimmungen auszusetzen ist. Nachdem die VBL mit Schreiben vom 12.7.2012 eine neue Auskunft aufgrund inzwischen geänderter Satzung erteilt hatte, hat das FamG das Verfahren fortgesetzt den Versorgungsausgleich geregelt.
Der beigeordnete Rechtsanwalt beantragte daraufhin die Festsetzung seiner Gebühren und Auslagen aus dem für den Versorgungsausgleich festgesetzten Verfahrenswert (9.348,00 EUR) i.H.v. 743,75 EUR festzusetzen.
Bereits zuvor war die Vergütung aus den Verfahrenswerten Scheidung, Umgang und elterliche Sorge (insgesamt 14.886,00 EUR) antragsgemäß unter Berücksichtigung einer Einigungsgebühr aus 6.000,00 EUR mit 1.056,13 EUR festgesetzt worden. In der Vergütungsabrechnung vom 7.12.2012 macht der beigeordnete Rechtsanwalt (weitere) 743,75 EUR geltend.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat lediglich eine weitere Verfahrenskostenhilfevergütung i.H.v. 181,74 EUR festgesetzt und im Übrigen den Antrag zurückgewiesen. Sie begründete die Teilabweisung damit, dass die Gebühren für die Scheidung und den Versorgungsausgleich nicht getrennt, sondern nur einmal aus dem gesamten Verfahrenswert geltend gemacht werden dürfen und damit für die Folgesache Versorgungsausgleich nur der Betrag von 181,47 EUR verbleibe.
Die hiergegen eingelegte Erinnerung wurde zurückgewiesen. Dagegen hat der beigeordnete Rechtsanwalt "sofortige Beschwerde" eingelegt. Er möchte weiterhin für die Folgesache Versorgungsausgleich als Vergütung festgesetzt haben, also über den festgesetzten Betrag hinaus weitere 562,28 EUR. Er macht, wie auch bereits im bisherigen Schriftverkehr geltend, mit der Abtrennung der Folgesache Versorgungsausgleich aus dem Verbund sei diese zur selbstständigen Familiensache und damit zur selbstständigen Angelegenheit i.S.d. 15 RVG geworden. Selbst wenn – so die Ansicht des AG – nur eine so genannte unechte Abtrennung vorliege, stehe ihm dennoch die zur Festsetzung beantragte Vergütung gem. seinem Antrag zu. Denn er habe ein Wahlrecht, die Vergütung entweder unter Addition der einzelnen Werte für das gesamte Scheidungsverfahren unter Anrechnung der bereits in Anspruch genommenen Gebühren oder für die abgetrennte Folgesache Versorgungsausgleich die gesonderte Abrechnung, Festsetzung und Erstattung der Gebühren (ohne Zusammenrechnung mit dem übrigen Verfahren und dann ohne Anrechnung auf die übrigen Gebühren für das übrige Scheidungsverfahren) zu verlangen.
Die Beschwerde, der der Richter nicht abgeholfen hat, hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das FamG hat zu Recht die weitere Vergütung mit 181,47 EUR festgesetzt und den weitergehenden Vergütungsantrag zurückgewiesen. Hinsichtlich der Berechnung wird auf die Entscheidung des AG Bezug genommen. Die Berechnung an sich ist unstreitig. Einzig im Streit ist, ob die Vergütung aus dem zusammengerechneten Verfahrenswert für die Ehesache einschließlich aller Folgesachen – also auch der Folgesache Versorgungsausgleich – berechnet wird oder getrennt aus dem Verbund von Scheidung, Umgang und elterlicher Sorge einerseits und aus dem Versorgungsausgleich andererseits.
Richtigerweise ist die Vergütung aus dem Gesamtverfahrenswert (24.234,00 EUR) zu berechnen. Denn es liegt dieselbe Angelegenheit nach § 16 Nr. 4 RVG vor. Durch die Abtrennung der Folgesache Versorgungsausgleich aus dem Verbund (§ 140 FamFG) blieb das abgetrennte Verfahren weiterhin Folgesache (§ 137 Abs. 5 S. 1 FamFG). Da der Verbund erhalten blieb, hat die Abtrennung gebührenrechtlich keine Konsequenzen. § 16 Nr. 4 RVG gilt weiter, sodass nur einheitlich abgerechnet werden kann (N. Schneider in: Schneider/Wolf, AnwK-RVG, 6. Aufl., § 21 RVG Rn 86; Mock/N. Schneider/Wahlen in: Schneider/Wolf § 16 RVG Rn 20, 51; Hergenröder in: Baumgärtel/Hergenröder/Houben, RVG, 15. Aufl., § 16 Rn 12). Die Gebühren berechnen sich aus dem Gesamtwert (Hergenröder a.a.O. § 16 Rn 11).
Ein Wahlrecht, worauf er abstellt, hat der Beschwerdeführer nicht. Ein solches besteht nur, wenn eine abgetrennte Folgesache – wie hier ...