In der Sache hat die sofortige Beschwerde nur teilweise Erfolg. Der Betroffene hat entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin einen Anspruch auf Fahrtkostenersatz in Höhe von 126,00 EUR. Zur Recht erfolgte hingegen die Absetzung eines Teils der anwaltlichen Reisekosten und des Abwesenheitsgeldes sowie der Hälfte des geltend gemachten Pauschalbetrages für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen.

a) Zu den erstattungsfähigen notwendigen Auslagen des freigesprochenen Betroffenen, die nach der Auslagenentscheidung im amtsgerichtlichen Urteil die Landeskasse zu tragen hat, zählen grundsätzlich die Kosten für die Fahrt des Betroffenen zum Verhandlungstermin und zurück (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 14.9.2012 – 1 Ws 360/12; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 464a, Rn 15 m.w.Nachw.). Wegen der Höhe der Entschädigung findet § 5 JVEG über §§ 46 Abs. 1 OWiG, 464a Abs. 2 Nr. 1 StPO entsprechende Anwendung (OLG Celle a.a.O.; Meyer-Goßner, a.a.O.).

Zwar hat nach § 5 Abs. 5 JVEG ein Beteiligter, der – wie hier der Betroffene – dem Gericht nicht unverzüglich anzeigt, dass er zum Termin von einem anderem als dem in der Ladung angegebenen Ort anreist, grundsätzlich nur Anspruch auf Ersatz seiner Reisekosten in Höhe der notwendigen Fahrtkosten von dem in der Ladung angegebenen Ort (OLG Brandenburg JurBüro 2010, 314). Allerdings gilt diese Regelung nicht ausnahmslos. Die unverzügliche Anzeige soll dem Gericht nur die Prüfung ermöglichen, ob es den Zeugen oder Sachverständigen zunächst abbestellen will (OLG Brandenburg a.a.O.; OLG Celle a.a.O.; OLG Dresden JurBüro 1998, 269; Hartmann, KostG, 42. Aufl., JVEG, § 5, Rn 22). Hätte das Gericht aber die Ladung in jedem Fall aufrechterhalten, so sind dem Zeugen oder Sachverständigen die Mehrkosten der An- und/oder Rückreise von oder zu einem anderen als dem in der Ladung angegebenen Ort auch dann zu erstatten, wenn er die Anreise von dem anderen Ort verspätet oder gar nicht angezeigt hat (OLG Dresden a.a.O.; OLG Celle a.a.O.; OLG Brandenburg a.a.O.; Hartmann, a.a.O., Rn 24).

So liegt der Fall hier. Da der Betroffene seine Fahrereigenschaft bestritten hatte und eine Hauptverhandlung daher ohne ihn wegen des notwendigen Vergleichs mit dem Fahrer auf dem Messfoto nicht hätte stattfinden können, hält es die Kammer für ausgeschlossen, dass ihn das AG abgeladen oder den Termin erneut verlegt hätte, wenn er seine Anreise aus Hamburg rechtzeitig angezeigt hätte. Dass er dies unterlassen hat, steht der Erstattungspflicht nicht entgegen. Der Betroffene war, was er inzwischen durch die Vorlage aussagekräftiger Unterlagen glaubhaft gemacht hat, aufgrund einer von seinem Arbeitgeber für die Abendstunden des 7.9.2012 angesetzten Geschäftsbesprechung genötigt, noch am Tag des Gerichtstermins zu seinem Arbeitsort Hamburg, von wo er angereist war, zurückzukehren. Zu ersetzen sind ihm daher die nachgewiesenen Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 126,00 EUR. Dies entspricht nach Auffassung der Kammer auch deshalb billigem Ermessen i.S.d. § 5 Abs. 5 a.E. JVEG, weil ein Betroffener mit seiner Ladung – anders als bei einer Zeugenladung – gerichtsbekanntermaßen nicht auf den möglichen Wegfall seines Anspruchs auf Erstattung der Mehrkosten für den Fall des Unterlassens einer entsprechenden Anzeige hingewiesen wird.

b) Der Verteidiger kann weder eigene Reisekosten noch Abwesenheitsgeld über den zuerkannten Betrag von insgesamt 63,80 EUR hinaus erstattet verlangen.

aa) Ausgangspunkt für die Frage der Erstattungsfähigkeit der Reisekosten eines Rechtsanwalts in einem Bußgeldverfahren ist § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG. Danach gehören zu den notwendigen Auslagen des Betroffenen auch die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes, soweit sie nach § 91 Abs. 2 ZPO zu erstatten sind. Reisekosten eines Rechtsanwalts, der – wie hier – nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, sind gem. § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ZPO nur insoweit zu erstatten, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Bei der Beurteilung der Notwendigkeit i.S.d. Vorschrift sind nach ständiger Rspr. der Kammer (vgl. nur LG Potsdam – 24 Qs 37/04, 24 Qs 132/04 u. 24 Qs 110/05) die vom BGH für den Zivilprozess entwickelten Grundsätze auch auf das Bußgeldverfahren anzuwenden. Anerkannt ist für das Zivilverfahren nach höchstrichterlicher Rspr., dass es regelmäßig eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung i.S.d. § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ZPO darstellt, wenn die an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei einen in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsorts ansässigen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt (vgl. BGH NJW 2003, 898, 900 [= AGS 2003, 97]).

Auch die Reisekosten eines an einem dritten Ort ansässigen Rechtsanwalts sind, wenn dessen Zuziehung – was dem Regelfall entspricht – zur Interessenwahrnehmung erforderlich war, erstattungsfähig, dann allerdings nur bis zur...

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