Leitsatz

Hat der Anwalt für die Überlassung einer Entscheidungsabschrift, die er als an jenem Verfahren nicht beteiligter Dritter beantragt hatte, eine Gebühr zahlen müssen, die er anschließend seinem Auftraggeber in Rechnung stellt, so ist darauf Umsatzsteuer zu erheben. Es handelt sich bei der Gebühr nicht um einen durchlaufenden Posten i.S.d. § 10 Abs. 1 S. 6 UStG.

VG Schwerin, Beschl. v. 31.7.2013 – 6 A 1596/11

1 Sachverhalt

Nach Abschluss des Verfahrens beantragte der Kläger die Festsetzung seiner Kosten und gab an, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein. Unter anderem hatte der Kläger auch eine Gebühr für die "Überlassung einer gerichtlichen Entscheidung auf Antrag nicht am Verfahren Beteiligter" nach dem Landesjustizkostengesetz nebst Umsatzsteuer angemeldet, die ihm sein Verfahrensbevollmächtigter in Rechnung gestellt hatte. Dieser hatte beim OVG eine von Beklagtenseite zur Unterstützung der dortigen Rechtsauffassung angeführte, in einem vergleichbaren Verfahren ergangene, aber nicht veröffentlichte Entscheidung angefordert. Dafür hatte das OVG ihm gegenüber eine Pauschalgebühr in Höhe von 12,50 EUR in Rechnung gestellt. Die Urkundsbeamtin hat diese Position zwar berücksichtigt, allerdings ohne die darauf entfallende Umsatzsteuer. Gegen diese Absetzung hat der Kläger Erinnerung eingelegt. Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Erinnerung hatte Erfolg.

2 Aus den Gründen

Auch insoweit hat der Kläger Anspruch auf Erstattung der Vergütung des für ihn tätigen Rechtsanwalts bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung. Diese umfasst gem. § 1 RVG sowohl Gebühren als auch Auslagen und unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 S. 1 UStG der Umsatzsteuer, weshalb gem. Nr. 7008 VV auch ein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer besteht. Die Umsatzsteuerpflicht ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Danach unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht allein deshalb, weil der Umsatz aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird.

Von der Umsatzsteuer ausgenommen sind allerdings durchlaufende Posten i.S.v. § 10 Abs. 1 S. 6 UStG, um die es sich bei der vorgenannten Pauschalgebühr für die Überlassung einer Entscheidungsabschrift jedoch nicht handelt. Ein durchlaufender Posten nach § 10 Abs. 1 S. 6 UStG liegt nur dann vor, wenn der Unternehmer, der die Beträge vereinnahmt oder verauslagt hat, im Zahlungsverkehr lediglich die Funktion einer Mittelperson ausübt, ohne selbst einen Anspruch auf den Betrag gegen den Leistenden zu haben. Dabei können Gebühren oder Auslagen, die Rechtsanwälte bei Behörden für ihre Mandanten vorstrecken und diesen sodann in Rechnung stellen, grundsätzlich nur dann als durchlaufende Posten anerkannt werden, wenn diese Kosten nach verbindlichen Gebühren- oder Kostenordnungen berechnet werden, die den Mandanten als Kostenschuldner bestimmen (womit unerheblich ist, ob der Behörde der Name des Mandanten ausdrücklich als Auftraggeber benannt wird). Diese Voraussetzung erfüllt die vorgenannte Gebühr dann nicht, wenn der Bevollmächtigte – wie hier – die Übersendung einer Entscheidungsabschrift an sich selbst beantragt hat, damit Kostenschuldner ist und für die von ihm beantragte Amtshandlung eine Kostenrechnung erhält (vgl. zum Anspruch eines Bevollmächtigten auf Ersatz der Umsatzsteuer hinsichtlich der Aktenversendungspauschale auch BVerwG, Beschl. v. 9.4.2010 – 1 WDS-KSt 6.09 [= AGS 2010, 383]; BGH, Urt. v. 6.4.2011 – IV ZR 232/08). Auch im vorliegenden Verfahren hat der Rechtsanwalt die Pauschalgebühr nicht im Namen und auf Rechnung des Klägers verauslagt (auch ist ihm der notwendige Betrag nicht etwa im Voraus zur Verfügung gestellt worden, sodass er die Pauschale nicht aus eigenen Mitteln hätte entrichten müssen).

Damit hat der Beklagte dem Kläger auch die auf die Pauschalgebühr für die Überlassung einer gerichtlichen Entscheidung auf Antrag eines nicht am Verfahren beteiligten Dritten entfallende Mehrwertsteuer in Höhe von 2,37 EUR zu erstatten.

3 Anmerkung

Die Entscheidung ist zutreffend. Es verhält sich hier nicht anders als bei der Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 GKG-KV/Nr. 2003 FamGKG-KV. Auch hier ist der Anwalt selbst Kostenschuldner, sodass er auf diese Pauschale, wenn er sie seinem Auftraggeber in Rechnung stellt, Umsatzsteuer zu erheben hat.[1]

Norbert Schneider

AGS, S. 409 - 410

[1] BGH AGS 2011, 262 = DAR 2011, 356 = MDR 2011, 758 = VersR 2011, 877 = zfs 2011, 402 = AnwBl 2011, 583 = RuS 2011, 287 = SVR 2011, 263 = JurBüro 2011, 412 = Rpfleger 2011, 563 = NZV 2011, 438 = NJW-Spezial 2011, 349 = RVGreport 2011, 215 = RVGprof. 2011, 134 = BRAK-Mitt 2011, 214 = DÖV 2011, 704 = Schaden-Praxis 2011, 341 = GuT 2011, 310 = NJW 2011, 3041; BVerwG AGS 2010, 383 = zfs 2010, 467 = RVGreport 2010, 304 = JurBüro 2010, 476 = DAR 2010, 670 = NZWehrr 2010, 253.

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