Mit Inkrafttreten des 2. KostRMoG und der damit verbundenen Änderungen im RVG wird sich die Frage des Übergangsrechts künftig vermehrt stellen.
Ausgangspunkt für die Frage, ob für den Anwalt altes oder neues Gebührenrecht gilt, ist § 60 RVG. Nach der Grundregel des § 60 Abs. 1 S. 1 RVG kommt es auf den Tag der Auftragserteilung an. Maßgebend ist also, wann dem Anwalt der Auftrag zur jeweiligen Angelegenheit i.S.d. §§ 15 ff. RVG erteilt worden ist.
Diese Regelung gilt grundsätzlich auch im Rechtsmittelverfahren. Allerdings ergibt sich hier eine Ausnahme, die auch schon in den früheren Übergangsvorschriften des § 61 RVG und § 134 BRAGO enthalten war. Mit dem 2. KostRMoG ist diese Vorschrift geringfügig modizifiert worden. Sie lautet:
Ist der Rechtsanwalt im Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Gesetzesänderung in derselben Angelegenheit bereits tätig, ist die Vergütung für das Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach diesem Zeitpunkt eingelegt worden ist, nach neuem Recht zu berechnen.
Man fragt sich unwillkürlich, warum hier für den vorbefassten Anwalt eine Sonderbehandlung stattfindet.
Die Auswirkung dieser Regelung sei an folgendem Fall dargestellt:
Beispiel: Die Klage war im Januar eingereicht worden. Am 15.7.2013 war das Urteil zugestellt worden. Der Anwalt hatte am 25.7.2013 den Auftrag erhalten, Berufung einzulegen.
a) Der Anwalt war erstinstanzlich nicht tätig; die Berufung ist am 1.8. beim Berufungsgericht eingegangen.
b) Der Anwalt war erstinstanzlich tätig; die Berufung ist am 1.8. beim Berufungsgericht eingegangen.
Im Falle a) gilt altes Recht, weil der Auftrag für das Rechtsmittelverfahren vor dem 1.8.2013 erteilt worden ist.
Im Fall b) ist zwar auch der Auftrag vor dem 1.8.2013 erteilt worden, sodass nach dem Grundsatz des § 60 Abs. 1 S. 1 RVG altes Recht gelten würde. Da das Rechtsmittel jedoch erst nach dem 31.7.2013 bei Gericht eingegangen ist und der Anwalt bereits vorinstanzlich tätig war, gilt für ihn bereits neues Recht.
Forscht man nach, wieso für den vorinstanzlich tätigen Anwalt ein anderes Gebührenrecht anzuwenden ist als für den vorinstanzlich nicht tätigen Anwalt, stößt man auf die Begründung des Gesetzgebers, wonach dies der Vereinheitlichung dienen soll, nämlich damit sich die Anwaltsvergütung und die Gebühren des Gerichts einheitlich nach neuem oder einheitlich nach altem Recht richten.
Abgesehen von der Frage, warum ein solcher Gleichlauf erforderlich sein soll, zumal er auch sonst nie vorgesehen ist, fragt man sich auch, wieso dann der Gleichlauf nicht auch für den erstinstanzlich nicht befassten Anwalt gelten soll.
Wieso hier ein Unterschied gemacht wird, ist schlichtweg nicht nachvollziehbar.
Obwohl diese Regelung schon seit Jahren kritisiert wird, hat der Gesetzgeber keine Veranlassung gesehen, diese Vorschrift aufzuheben; im Gegenteil hat er nach entsprechender Überarbeitung ausdrücklich daran festgehalten.
Ob diese Regelung in den Übergangsvorschriften einer Prüfung des Bundesverfassungsgerichts im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG standhalten würde, darf bezweifelt werden. Wieso soll ein Anwalt, der erstinstanzlich nicht tätig war, in der Berufungsinstanz schlechter behandelt werden, indem er nur eine geringere Vergütung erhält, als der Anwalt, der bereits in der Vorinstanz tätig war? Einen sachlichen Grund hierfür dürfte es wohl nicht geben.
Bei kommenden Gesetzesreformen wäre es wünschenswert, wenn der Gesetzgeber sich auch einmal der Logik der Übergangsvorschriften widmen und diese auf einen sachlichen und nachvollziehbaren Stand bringen würde.
Autor: Lotte Thiel
Lotte Thiel und Norbert Schneider
AGS, S. 365