Auf den Antrag des Verteidigers hat das AG festgestellt, dass die Aktenversendungspauschale für die erfolgte Akteneinsicht nicht anfällt und die Verwaltungsbehörde nicht berechtigt ist, diese i.H.v. 12,00 EUR von dem Verteidiger zu erheben. Gem. § 107 Abs. 5 S. 2 OWiG gelte, dass eine Aktenversendungspauschale nicht erhoben wird, wenn die Akte elektronisch geführt wird, was hier bei der Verwaltungsbehörde der Fall sei, und ihre Übermittlung elektronisch erfolge. Letzteres sei hier zwar nicht erfolgt, denn der Verwaltungsbehörde stünden offenbar (noch) nicht die technischen Mittel zur Verfügung, die Akte dem Verteidiger digital zur Einsicht zur Verfügung stellen zu können.
Die Vorschrift des § 107 Abs. 5 OWiG sei aber im Lichte der Änderung durch das Gesetz vom 5.7.2017 (BGBl I, 2208) und der dazu erfolgten Gesetzbegründung (BT-Drucks 18/9416) dahingehend auszulegen, dass die Aktenversendungspauschale für einen Ausdruck einer eigentlich digital geführten Akte nur dann anfällt, wenn der Antragsteller, d.h. der Verteidiger, dieses – nämlich den Ausdruck – besonders beantragt. Das habe der Verteidiger hier aber nicht getan. Diese Auslegung beruht für das AG auf folgenden Erwägungen: Durch das Gesetz vom 5.7.2017 seien in den Kostengesetzen für gerichtliche Verfahren (GKG, FamGKG, GNotKG, JVKostG) die Vorschriften für die Erhebung der Dokumentenpauschale jeweils geändert worden. Dort heiße es jeweils:
Zitat
"Bei der Gewährung der Einsicht in Akten wird eine Dokumentenpauschale nur erhoben, wenn auf besonderen Antrag ein Ausdruck einer elektronischen Akte oder ein Datenträger mit dem Inhalt einer elektronischen Akte übermittelt wird."" (z.B. Nr. 9000 Abs. 4 GKG KV).
Die Begründung zur der im selben Gesetz vorgenommenen Änderung des § 107 Abs. 5 S. 2 OWiG (Änderung der Aktenversendungspauschale bei Einsicht in elektronische Akte von 5,00 EUR auf 0,00 EUR) nehme dabei gerade auf die Begründung zu dieser vorgenommenen Änderung z.B. im GKG Bezug (BT-Drucks 18/9416, 24, 75). Der Gesetzgeber habe den Anfall einer Aktenversendungspauschale durch die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren ersichtlich dem Anfall der Dokumentenpauschale bei einer Akteneinsicht in eine elektronisch geführte Akte gleichstellen wollen. Demnach könne die Vorschrift des § 107 Abs. 5 S. 2 OWiG nur so ausgelegt werden, dass die Aktenversendungspauschale nur anfällt, wenn der Verteidiger die Übermittlung eines Aktenausdrucks besonders beantragt hat. Das habe er hier aber nicht. Im Gegenteil habe er sogar ausdrücklich um Übermittlung der Akte auf digitalem Wege gebeten. Wenn die Verwaltungsbehörde sich hierzu technisch nicht in der Lage sehe, könne sie hierfür keine Aktenversendungspauschale nach § 107 Abs. 5 S. 1 OWiG geltend machen.