Die Regelung des § 15a Abs. 2 RVG ist mit dem KostRÄG 2021 neu eingeführt worden und betrifft weiterhin das Innenverhältnis zwischen Auftraggeber und Rechtsanwalt.
In der Rspr. war teilweise umstritten, wie eine Anrechnung mehrerer Gebühren auf eine einzige weitere Gebühr zu erfolgen hat.
War der Rechtsanwalt für seine Mandantin nicht nur im streitigen Verfahren sondern auch im Verwaltungsverfahren oder weiterhin im Rahmen der Beratungshilfe tätig, stellt sich die Frage, wie die Anrechnung bei mehreren bereits entstandenen Tätigkeitgebühren zu erfolgen hat.
Nach einer Auffassung des BGH seien sämtliche entstandenen Tätigkeits- bzw. Geschäftsgebühren einzeln auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen. Demnach solle auch die Gefahr eines negativen Saldos nicht bestehen, da eine Anrechnung maximal in der Höhe der Gebühr erfolge, auf die angerechnet werde.
Dennoch erreicht oder übersteigt die Summe der Anrechnungsbeträge bei dieser Berechnung nahezu regelmäßig die Verfahrensgebühr der Höhe nach, sodass für die Tätigkeit im letzten Verfahrensabschnitt (gerichtliches Verfahren) wirtschaftlich keine Tätigkeitsgebühr mehr verbleibt. Demnach handelt es sich in solch einem Fall faktisch um eine Anrechnung auf 0,– EUR.
Nach anderer Auffassung war der Anrechnungsbetrag begrenzt auf den Gebührenbetrag, welcher sich aus der Addition der Einzelwerte und dem höchsten der bei den einzelnen Anrechnungen anzuwendenden Gebührensätze ergibt (§ 15 Abs. 3 RVG).
Dieses Problem stellt sich freilich auch bei der Abrechnung von Betragsrahmengebühren:
In Weiterentwicklung der wertgebührenrechtlichen BGH-Rspr. haben sich Teile der gerichtlichen Praxis bisweilen nach § 13 Abs. 2 RVG analog auf die sog. Restverfahrensmindestgebühr berufen. Die vollständig durch Anrechnung auf Null geminderte Verfahrensgebühr entsteht demnach weiterhin i.H.d. vorgesehenen Mindestgebühr, sodass zumindest diese verblieb. Denn das RVG sieht für den Bereich der Betragsrahmengebühren Mindestgebühren vor.
Zumeist hatte sich in der Vergangenheit in der sozialrechtlichen Kostenfestsetzung die zweite Meinung in Übertragung dieses wertgebührenrechtlichen Grundsatzes durchgesetzt, sodass demnach der Anrechnungsbetrag begrenzt war auf die Summe der Einzelwerte bis zur Höchstanrechnungsgrenze.
Mit der Neufassung des § 15a Abs. 2 RVG wurde die Streitfrage nun entsprechend der Regelung des § 15 Abs. 3 RVG entschieden und sichergestellt, dass auch nach Anrechnung mehrerer Gebühren auf eine weitere Tätigkeitsgebühr zumindest ein Teil der Verfahrensgebühr des letzten Verfahrensabschnittes anrechnungsfrei bleibt und diese Tätigkeit nicht wirtschaftlich "umsonst" erfolgt.
Hinweis
Sind also mehrere Gebühren teilweise auf dieselbe Gebühr anzurechnen, so ist der anzurechnende Betrag für jede anzurechnende Gebühr gesondert zu ermitteln.
Dabei darf der Gesamtbetrag der Anrechnung den Anrechnungshöchstbetrag nicht übersteigen (dazu unter II. 4.).