§ 15a RVG ist seinerzeit durch Art. 7 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30.7.2009 in das RVG als gesetzgeberische Reaktion auf die Rspr. des BGH eingeführt worden. Der BGH hatte mehrfach entschieden, dass eine Gebühr von vornherein nur in gekürzter Höhe entstehe, wenn auf sie eine andere Gebühr angerechnet werde. Der zur Erstattung Verpflichtete habe sie deshalb auch nur in entsprechend gekürzter Höhe zu erstatten. Der Gesetzesbegründung zum 2. KostRMoG nach führte dieses Anrechnungsverständnis zu unbefriedigenden Ergebnissen, weil es den Auftraggeber benachteiligen würde.
Bereits seit Geltung des 2. KostRMoG 2013 sind Anrechnungen unter Berücksichtigung von § 15a RVG durchzuführen.
Dies kann aber – je nach Kostengrundentscheidung – unter Berücksichtigung von § 15a RVG zu unterschiedlichen Ergebnissen hinsichtlich der Höhe der Erstattungspflicht führen.
1. § 15a Abs. 1 RVG
§ 15a Abs. 1 RVG regelt die Anrechnung im Innenverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und dem Auftraggeber. Für den Fall einer Anrechnung einer Gebühr auf eine andere kann der Rechtsanwalt beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag beider Gebühren. Beide Gebührenansprüche bleiben grds. unangetastet erhalten. Es können also beide Gebühren jeweils in voller Höhe geltend gemacht werden. Aufgrund des zuvor ausgeführten Wahlrechts kann frei gewählt werden, welche Gebühr von welchem Schuldner voll oder in verminderter Höhe eingefordert wird.
Der Gesamtgebührenbetrag ist lediglich auf die sich aus der Summe der beiden Gebühren nach Abzug des anzurechnenden Betrages begrenzt. Soweit die anwaltliche Gebührenforderung also jenen Betrag unter Berücksichtigung der Anrechnung überschreitet, kann ihm der Auftraggeber die Anrechnung entgegenhalten.
2. § 15a Abs. 2 RVG – Neufassung zum 1.1.2021 (KostRÄG)
Die Regelung des § 15a Abs. 2 RVG ist mit dem KostRÄG 2021 neu eingeführt worden und betrifft weiterhin das Innenverhältnis zwischen Auftraggeber und Rechtsanwalt.
In der Rspr. war teilweise umstritten, wie eine Anrechnung mehrerer Gebühren auf eine einzige weitere Gebühr zu erfolgen hat.
War der Rechtsanwalt für seine Mandantin nicht nur im streitigen Verfahren sondern auch im Verwaltungsverfahren oder weiterhin im Rahmen der Beratungshilfe tätig, stellt sich die Frage, wie die Anrechnung bei mehreren bereits entstandenen Tätigkeitgebühren zu erfolgen hat.
Nach einer Auffassung des BGH seien sämtliche entstandenen Tätigkeits- bzw. Geschäftsgebühren einzeln auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen. Demnach solle auch die Gefahr eines negativen Saldos nicht bestehen, da eine Anrechnung maximal in der Höhe der Gebühr erfolge, auf die angerechnet werde.
Dennoch erreicht oder übersteigt die Summe der Anrechnungsbeträge bei dieser Berechnung nahezu regelmäßig die Verfahrensgebühr der Höhe nach, sodass für die Tätigkeit im letzten Verfahrensabschnitt (gerichtliches Verfahren) wirtschaftlich keine Tätigkeitsgebühr mehr verbleibt. Demnach handelt es sich in solch einem Fall faktisch um eine Anrechnung auf 0,– EUR.
Nach anderer Auffassung war der Anrechnungsbetrag begrenzt auf den Gebührenbetrag, welcher sich aus der Addition der Einzelwerte und dem höchsten der bei den einzelnen Anrechnungen anzuwendenden Gebührensätze ergibt (§ 15 Abs. 3 RVG).
Dieses Problem stellt sich freilich auch bei der Abrechnung von Betragsrahmengebühren:
In Weiterentwicklung der wertgebührenrechtlichen BGH-Rspr. haben sich Teile der gerichtlichen Praxis bisweilen nach § 13 Abs. 2 RVG analog auf die sog. Restverfahrensmindestgebühr berufen. Die vollständig durch Anrechnung auf Null geminderte Verfahrensgebühr entsteht demnach weiterhin i.H.d. vorgesehenen Mindestgebühr, sodass zumindest diese verblieb. Denn das RVG sieht für den Bereich der Betragsrahmengebühren Mindestgebühren vor.
Zumeist hatte sich in der Vergangenheit in der sozialrechtlichen Kostenfestsetzung die zweite Meinung in Übertragung dieses wertgebührenrechtlichen Grundsatzes durchgesetzt, sodass demnach der Anrechnungsbetrag begrenzt war auf die Summe der Einzelwerte bis zur Höchstanrechnungsgrenze.
Mit der Neufassung des § 15a Abs. 2 RVG wurde die Streitfrage nun entsprechend der Regelung des § 15 Abs. 3 RVG entschieden und sichergestellt, dass auch nach Anrechnung mehrerer Gebühren auf eine weitere Tätigkeitsgebühr zumindest ein Teil der Verfahrensgebühr des letzten Verfahrensabschnittes anrechnungsfrei bleibt und diese Tätigkeit nicht wirtschaftlich "umsonst" erfolgt.
Hinweis
Sind also mehrere Gebühren teilweise auf dieselbe Gebühr anzurechnen, so ist der anzurechnende Betrag für jede anzurechnende Gebühr gesondert zu ermitteln.
Dabei darf der Gesamtbetrag der Anrechnung den Anrechnungshöchstbetrag nicht übersteigen (dazu unter II. 4.).
3. § 15a Abs. 3 RVG
Die bisher in § 15a Abs. 2 RVG a.F. enthaltene Regel...