§§ 66 Abs. 3 S. 3, 69a Abs. 2 S. 1 GKG; § 178a Abs. 2 S. 1 SGG; § 321a Abs. 2 S. 1 ZPO
Leitsatz
- Es kann offenbleiben, ob eine Gegenvorstellung gegen einen Beschluss des BSG, durch den die Erinnerung des Kostenschuldners gegen den Gerichtskostenansatz zurückgewiesen worden ist, statthaft ist.
- Wenn eine solche Gegenvorstellung als statthaft angesehen wird, ist sie nur dann zulässig, wenn die Gegenvorstellung in entsprechender Anwendung der Vorgaben zum gesetzlich geregelten Rechtsbehelf der Anhörungsrüge innerhalb einer Frist von zwei Wochen erhoben worden ist.
BSG, Beschl. v. 26.2.2021 – B 5 SF 1/21 C
I. Sachverhalt
Der 10. Senat des BSG hatte durch Beschl. v. 1.7.2020 den Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bay. LSG vom 11.2.2020 Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen und einen bestimmten Rechtsanwalt beizuordnen, abgelehnt und die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers als unzulässig verworfen. Außerdem hat der 10. Senat dem Kläger die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Streitwert von 32.397,00 EUR auferlegt. Hieraufhin hat der Kostenbeamte des BSG gegen den Kläger die gerichtliche Verfahrensgebühr angesetzt. Gegen diesen Gerichtskostenansatz hat der Kläger Erinnerung gem. § 66 Abs. 1 S. 1 GKG eingelegt, die der 5. Senat des BSG durch Beschl. v. 6.11.2020 zurückgewiesen hat. Gegen diesen ihm am 26.11.2020 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit Schreiben vom 5.2.2021, das beim BSG als Telefax am 11.2.2021 eingegangen war, eine Gegenvorstellung erhoben. Diese hat er damit begründet, er müsse keine Verfahrenskosten tragen, weil er für das vorgenannte Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren PKH beantragt habe, der 10. Senat des BSG habe ihm keine Gelegenheit gegeben, nach deren Ablehnung das Verfahren mehr weiter zu betreiben.
II. Statthaftigkeit der Gegenvorstellung
Gegenvorstellungen können nach Auffassung des BSG nur gegen an sich abänderbare Entscheidungen des Gerichts erhoben werden. Die Entscheidung eines Obersten Gerichtshofes des Bundes über eine Erinnerung gegen einen Gerichtskostenansatz gehöre jedoch wegen der Regelung in § 66 Abs. 3 S. 3 GKG nicht zu den vom Gericht selbst noch abänderbaren Entscheidungen. Demzufolge habe der BFH die Gegenvorstellung in einem solchen Fall als nicht statthaft angesehen (BFH BFH/NV 2014, 1220).
III. Verfristung der Gegenvorstellung
Selbst wenn man eine Gegenvorstellung gegen einen Beschluss des BSG über eine Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz als statthaft ansehen würde, so wäre sie hier nach den weiteren Ausführungen des BSG unzulässig. Das BSG hat die Auffassung vertreten, der außerordentliche Rechtsbehelf der Gegenvorstellung müsse jedenfalls in entsprechender Anwendung der Vorgaben zu dem gesetzlich geregelten Rechtsbehelf der Anhörungsrüge (s. § 69a Abs. 2 S. 1 GKG; § 178a Abs. 2 S. 1 SGG; § 321a Abs. 2 S. 1 ZPO; § 152a Abs. 2 S. 1 VwGO; § 133a Abs. 2 S. 1 FGO) innerhalb einer Frist von zwei Wochen erhoben werden (s. BFH BFH/NV 2004, 660). Das Schreiben des Klägers vom 5.2.2021 wahre diese Frist jedoch nicht.
IV. Unbegründetheit der Gegenvorstellung
Abschließend hat das BSG darauf hingewiesen, dass die erneuten Einwendungen des Klägers gegen den Gerichtskostenansatz nicht erkennen ließen, inwiefern der Beschluss des Senats vom 6.11.2020 über die Erinnerung des Klägers auf schwerwiegenden Grundrechtsverstößen beruhen oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehren könnte.
V. Bedeutung für die Praxis
Die Gegenvorstellung setzt als außerordentlicher, nicht im Gesetz geregelter Rechtsbehelf voraus, dass dem Betroffenen grobes prozessuales Unrecht zugefügt worden ist, das im Wege der richterlichen Selbstkontrolle beseitigt werden muss. Mit der Gegenvorstellung muss also eine schwerwiegende Rechtsverletzung gerügt werden (BVerfG NJW 2014, 681; BSG SozR 4-1500 § 60 Nr. 7). Somit ist eine Gegenvorstellung nur dann statthaft, wenn mit ihr schwerwiegende Grundrechts- oder Verfahrensverstöße geltend gemacht werden, etwa ein Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters, eine Verletzung des Rechts auf Gehör oder eine greifbare Gesetzeswidrigkeit (BFH BFHE 200, 42; BFH BFH/NV 2003, 175; s. auch BFH BFH/NV 2017, 306).
Die Gegenvorstellung kann auch nach Einführung der Anhörungsrüge weiterhin zulässig sein (BVerfG AnwBl. 2009, 223 und NJW 2014, 681).
Da die Gegenvorstellung gesetzlich nicht geregelt ist, gibt es auch keine gesetzlich bestimmten Formerfordernisse. Die Rspr. wendet jedoch insoweit die für die Anhörungsrüge geltende Frist von zwei Wochen (s. § 69a Abs. 2 S. 1 GKG; § 321a Abs. 2 S. 1 ZPO) entsprechend an (BFH BFHE 200, 42; BFH BFHE 200, 46; BFH BFH/NV 2004, 660; BGH BGHZ 150, 133 = NJW 2002, 1577 und das BSG hier). Der Rechtsanwalt sollte deshalb bei Einlegung einer Gegenvorstellung diese zwei Wochen betragende Frist beachten.
VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 9/2021, S. 414 - 415