I. Vergütung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten
Aufgrund seiner Beiordnung steht dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten gem. § 48 RVG die gesetzliche Vergütung zu. Dabei berechnen sich seine Gebühren nach der PKH-Anwaltsgebührentabelle des § 49 RVG.
Jedenfalls mit Wahrnehmung des Verhandlungstermins ist dem Beklagtenvertreter die 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV angefallen (s. Nr. 3101 Nr. 1 a.E. VV). Für die Wahrnehmung des gerichtlichen Verhandlungstermins ist dem Beklagtenvertreter ferner nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1, Nr. 3104 VV die 1,2-Terminsgebühr angefallen. Somit hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zugunsten des Prozessbevollmächtigten des Beklagten gem. § 55 Abs. 1 RVG folgende Gebühren und Auslagen festgesetzt:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 49 RVG |
440,70 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG |
406,80 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
164,83 EUR |
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Gesamt |
1.032,33 EUR |
II. Auf die Staatskasse übergegangener Anspruch
Der Kostenbeamte hat diesen Betrag von 1.032,33 EUR in dem Gerichtskostenansatz gegen den Kläger angesetzt. Grundlage hierfür ist § 59 Abs. 1 RVG, nach dem mit Zahlung der PKH-Anwaltsvergütung Ansprüche des dem Beklagten beigeordneten Rechtsanwalts auf die Staatskasse übergegangen sind. Der Beklagtenvertreter hat gem. § 126 Abs. 1 ZPO aufgrund der gerichtlichen Kostenentscheidung ein eigenes Beitreibungsrecht gegen den Kläger, allerdings nur wegen 7/10 der Kosten des Rechtsstreits. Dieser Anspruch ist mit Auszahlung der Vergütung seitens der Staatskasse auf diese übergegangen. Diesen übergegangenen Anspruch macht die Staatskasse gem. § 59 Abs. 2 S. 1 RVG wie Gerichtskosten gegen den Kostenschuldner (hier den Kläger) geltend. Allerdings hat der Kostenbeamte zu Unrecht die gesamten PKH-Anwaltskosten gegen den Kläger angesetzt statt nur 7/10 hiervon.
Der Umstand, dass auch dem Kläger als Kostenschuldner PKH ohne Anordnung von Raten bewilligt worden ist, steht dem Ansatz von 7/10 der PKH-Anwaltskosten des Beklagten nicht entgegen. Würde nämlich der Beklagtenvertreter sein eigenes Beitreibungsrecht gem. § 126 Abs. 1 ZPO gegen den Kläger selbst geltend machen und einen entsprechenden Kostenfestsetzungsbeschluss erwirken, könnte der Kläger dem nicht die ihm bewilligte Prozesskostenhilfe entgegenhalten (s. § 123 ZPO). Dies gilt ebenso für das auf die Staatskasse gem. § 59 Abs. 1 RVG übergegangene Beitreibungsrecht des Beklagtenvertreters.
III. Rechtsbehelf
Obwohl es sich bei den auf die Staatskasse übergegangenen PKH-Anwaltskosten des Beklagtenvertreters um außergerichtliche Kosten handelt, ist gegen deren Ansatz gem. § 59 Abs. 2 RVG i.V.m. § 66 Abs. 1 GKG die Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz gegeben. Der Klägervertreter wird deshalb gegen den Ansatz der PKH-Anwaltskosten des Beklagen Erinnerung nach § 66 Abs. 1 GKG einlegen. Erfolgversprechend ist sie allerdings nur insoweit, als der Kostenbeamte mehr als 7/10 der PKH-Anwaltskosten des Beklagtenvertreters gegen den Kläger angesetzt hat.
Autor: VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 9/2022, S. 397 - 399