I. Fragen
1. Fall 1
Das Kammergericht hat im Berufungsverfahren durch das im Verhandlungstermin vom 1.2. verkündete Urteil die Berufung des Klägers zurückgewiesen und durch den ebenfalls an diesem Tage verkündeten Beschluss den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 100.000,00 EUR festgesetzt.
Wie hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu verfahren, wenn er der Auffassung ist,
a) der Streitwert betrage nur 50.000,00 EUR,
b) der Streitwert betrage sogar 200.000,00 EUR?
2. Fall 2
In dem Rechtsstreit auf Zahlung von 10.000,00 EUR hat das Prozessgericht beiden Parteien Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Anordnung von Zahlungen bewilligt und ihnen ihren jeweiligen Prozessbevollmächtigten beigeordnet. Das Gericht verurteilt den Beklagten nach streitiger Verhandlung zur Zahlung von 3.000,00 EUR und weist die weitergehende Klage ab. Von den Kosten des Rechtstreits erlegt das Prozessgericht dem Kläger 7/10 und dem Beklagten 3/10 auf.
Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Beklagten setzt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle gem. § 55 Abs. 1 RVG die ihm aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung fest. Hieraufhin setzt der Kostenbeamte in seinem Gerichtskostenansatz die ausgezahlte PKH-Anwaltsvergütung gegen den Kläger an. Dieser bittet seinen Rechtsanwalt, hiergegen vorzugehen.
1. Welche Vergütung wird der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zugunsten des Prozessbevollmächtigten des Beklagten festgesetzt haben?
2. Auf welche Weise kann der Klägervertreter gegen den Ansatz der PKH-Anwaltskosten vorgehen?
3. Hat dieses Vorgehen Aussicht auf Erfolg?
II. Lösungen
1. Lösung zu Fall 1
I. Zulässiger Rechtsbehelf
1. Beschwerde
Das Kammergericht hat den für die Berechnung der Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwert gem. § 63 Abs. 2 S. 1 GKG festgesetzt. Gegen die Festsetzung findet gem. § 68 Abs. 1 S. 1 GKG grds. die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt, was hier in beiden Varianten gegeben ist. Es ist nämlich auf die Differenz der Gebühren abzustellen, die sich nach den festgesetzten und dem erstrebten Streitwert berechnen.
Die Beschwerde ist ferner nach § 68 Abs. 1 S. 3 GKG nur zulässig, wenn sie innerhalb der Frist eingelegt wird, die für die Abänderung der Streitwertfestsetzung von Amts wegen gilt (§ 63 Abs. 3 S. 2 GKG). Folglich gilt eine Beschwerdefrist von sechs Monaten nach Verkündung des Berufungsurteils.
Infolge der Verweisung auf § 66 Abs. 3 S. 3 GKG in § 68 Abs. 1 S. 5 GKG ist hier die Beschwerde allerdings nicht statthaft. Das Beschwerdegericht wäre der BGH. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet jedoch nicht statt.
2. Gegenvorstellung
Damit in solchen Fällen die Parteien nicht rechtlos sind, ist gegen die Streitwertfestsetzung eines OLG die Gegenvorstellung gegeben, für die entsprechend § 68 Abs. 1 S. 3 GKG dieselben Fristen gelten wie für eine Beschwerde. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers muss somit die Gegenvorstellung binnen sechs Monaten nach Verkündung des Berufungsurteils am 1.2. einlegen.
II. Herabsetzung des Streitwertes
Wird die Herabsetzung des gerichtlich festgesetzten Streitwertes begehrt, ist hierdurch nur der Auftraggeber beschwert. Denn im Erfolgsfalle der Gegenvorstellung berechnen sich die im Berufungsverfahren anzusetzenden Gerichtsgebühren nach dem erstrebten geringeren Streitwert, was zu einer niedrigeren Kostenlast führt. Für eine auf Herabsetzung des Streitwertes gerichtete Gegenvorstellung des Prozessbevollmächtigten des Klägers fehlt es hingegen an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Im Erfolgsfalle der Gegenvorstellung würden sich die Anwaltsgebühren gem. § 32 Abs. 1 RVG auch nur nach dem geringeren Wert berechnen.
III. Heraufsetzung des Streitwertes
Hier ist die Lage hinsichtlich des Rechtsschutzbedürfnisses umgekehrt als bei der Herabsetzung des Streitwertes. Für eine auf Heraufsetzung des Streitwertes gerichtete Gegenvorstellung des Klägers fehlte es grds. an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis deshalb, weil sich im Erfolgsfall die Gerichtsgebühren nach einem noch höheren Streitwert berechnen würden. Die Kostenlast würde somit für den Kläger noch steigen.
Für die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gem. § 32 Abs. 2 S. 1 RVG im eigenen Namen erhobene Gegenvorstellung liegt demgegenüber das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis vor. Im Erfolgsfalle würden sich nämlich die Anwaltsgebühren nach einem höheren Gegenstandswert berechnen.
IV. Ergebnis
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers muss darauf achten, dass gegen die Streitwertfestsetzung des Kammergerichts nur die Gegenvorstellung gegeben ist, die er innerhalb von sechs Monaten nach Verkündung des Berufungsurteils am 1.2. beim Berufungsgericht einzulegen hat. Wird mit der Gegenvorstellung die Herabsetzung des Streitwertes begehrt, hat der Rechtsanwalt klarzustellen, dass die Gegenvorstellung im Namen des Klägers eingelegt wird. Wird hingegen die Heraufsetzung des Streitwertes begehrt, hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Gegenvorstellung im eigenen Namen zu erheben.
2. Lösung zu Fall 2
I. Vergütung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten
Aufgrund seiner Beiordnung steht dem Prozessbevollmächtigten des ...