§§ 67 Abs. 4 S. 1, 146 Abs. 1, 147 Abs. 1 VwGO
Leitsatz
Eine Beschwerde gegen die Zurückweisung einer Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss unterliegt nach § 67 Abs. 4, § 147 Abs. 1 S. 2 VwGO dem Vertretungszwang.
OVG Bremen, Beschl. v. 2.2.2022 – 1 S 13/22
I. Sachverhalt
Das VG Bremen hatte der Antragstellerin in dem bei ihm anhängigen einstweiligen Rechtschutzverfahren die Kosten dieses Verfahrens auferlegt. Auf Antrag des Antragsgegners hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle durch Beschl. v. 11.8.2021 die Kosten gegen die Antragstellerin festgesetzt. Hiergegen hat die Antragstellerin fristgerecht gem. § 165 i.V.m. § 151 VwGO einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung (Erinnerung) gestellt. Das VG Bremen hat diese Erinnerung der Antragstellerin durch Beschl. v. 21.12.2021, der der Antragstellerin am 28.12.2021 zugestellt wurde, zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Antragstellerin selbst am 14.1.2022 Beschwerde erhoben. Das OVG Bremen hat diese Beschwerde als unzulässig verworfen.
II. Rechtsbehelfe im verwaltungsgerichtlichen Kostenfestsetzungsverfahren
Gem. § 164 VwGO setzt der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs – in Verfahren des Eilrechtsschutzes ist dies das Gericht des Hauptsacheverfahrens – auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Kosten fest.
1. Antrag auf Entscheidung des Gerichts (Erinnerung)
Die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle über den Kostenfestsetzungsantrag können die Beteiligten gem. § 165 S. 1 VwGO anfechten. Hierzu verweist § 165 S. 2 VwGO auf die entsprechende Anwendung des § 151 VwGO. Nach § 151 S. 1 VwGO kann im Kostenfestsetzungsverfahren gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Dieser Antrag auf Entscheidung des Gerichts wird in der Praxis vielfach als Erinnerung bezeichnet. Die weiteren verfahrensrechtlichen Erfordernisse der Erinnerung ergeben sich aus § 151 S. 3 i.V.m. § 147 bis 149 VwGO (Beschwerdefrist und -form, Abhilfe bei Begründetheit des Antrags auf Entscheidung, Vorlage an das OVG, keine aufschiebende Wirkung der Erinnerung).
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf eine zulässige Erinnerung gegen seine Entscheidung zu prüfen, ob er der Erinnerung abhilft. Hilft er der Erinnerung nicht ab, hat er die Sache dem VG vorzulegen (s. §§ 165, 151, 148 VwGO). Dies hatte hier die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle getan. Das VG Bremen hat über die Erinnerung der Antragstellerin durch Beschl. v. 21.12.2021 ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter (s. § 5 Abs. 3 S. 3 VwGO) entschieden.
2. Beschwerde
a) Verfahrensregeln
Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist gem. § 146 VwGO die Beschwerde gegeben. Diese ist gem. § 147 Abs. 1 S. 1 VwGO schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. Dabei wird gem. § 147 Abs. 2 VwGO die Beschwerdefrist auch gewahrt, wenn die Beschwerdeschrift innerhalb der Frist bei dem Gericht eingeht.
b) Vertretungszwang
§ 147 Abs. 1 S. 2 VwGO bestimmt, dass die Vorschrift des § 67 Abs. 4 VwGO unberührt bleibt. Nach § 67 Abs. 4 S. 1 VwGO müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Als Bevollmächtigte sind nach § 67 Abs. 4 S. 3 VwGO nur die in § 67 Abs. 2 S. 1 VwGO bezeichneten Personen zugelassen. Hierzu gehören insbesondere Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaats der EU.
III. Unzulässigkeit der Beschwerde der Antragstellerin
1. Verfristung
Das OVG Bremen hat zunächst darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin ihre Beschwerde nicht fristgerecht innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 147 Abs. 1 S. 1 VwGO erhoben hat. Da der angefochtene Beschluss der Antragstellerin am 28.12.2021 zugestellt worden war, war die erst am 14.1.2022 erhobene Beschwerde verspätet. Die Antragstellerin sei auch über das Erfordernis der Einhaltung der Beschwerdefrist in der dem angefochtenen Beschluss beigegebenen Rechtsbehelfsbelehrung ordnungsgemäß belehrt worden. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand habe die Antragstellerin nicht vorgebracht und seien auch sonst nicht ersichtlich.
2. Vertretungszwang
Nach den weiteren Ausführungen des OVG Bremen war die von der Antragstellerin persönlich erhobene Beschwerde außerdem deshalb unzulässig, weil es an der nach § 67 Abs. 4 S. 1 und 2 VwGO erforderlichen Vertretung fehlte. Eine Beschwerde gegen die Zurückweisung einer Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss unterliege nämlich gem. § 67 Abs. 4 i.V.m. § 147 Abs. 1 S. 2 VwGO dem Vertretungszwang (so auch Nds. OVG AGS 2016, 310 = RVGreport 2016, 194 [Hansens]; OVG Berlin-Brandenburg AGS 2017, 247 = RVGreport 2017, 351 [Ders.]; VGH Kassel NVwZ 2009, 1445 = JurBüro 2010, 89; VGH München, Beschl. v. 24.1.2020 – 8 C 19.2496; von Eicken/Hellstab, Die Kostenfestsetzung, 24. Aufl., 2021, Kapitel 4 Rn 122). Das OVG hat darauf hingewiesen, dass dieses Vertretungserfordernis bereits für die Einlegung der Beschwerde gelte. Auch hie...