§ 64 InsO; § 8 InsVV
Leitsatz
Legt der Insolvenzverwalter gegen seine Vergütungsfestsetzung Rechtsmittel ein und begründet dies den zeitlichen Anfall eines weiteren Jahres der Auslagenpauschale, so kann diese wegen verminderten Aufwandes gekürzt werden.
AG Fulda, Beschl. v. 14.7.2023 – 92 IK 169/21
I. Sachverhalt
Das Insolvenzverfahren ist mit Beschl. v. 12.1.2022 eröffnet worden und der Insolvenzverwalter hatte mit seinem Schlussbericht angezeigt, dass die Verwertung beendet worden ist. Es wurde daraufhin eine Vergütung i.H.v. 1.120,00 EUR (Anm.: geminderte Mindestgebühr gem. § 13 InsVV) sowie Auslagen i.H.v. 212,80 EUR antragsgemäß mit Beschl. v. 11.8.2022, besondere Auslagen gem. § 4 InsVV i.H.v. 126,00 EUR antragsgemäß mit Beschl. v. 18.10.2022, jeweils zzgl. 19 % USt festgesetzt. Mit Antrag v. 26.1.2023 beantragte der Insolvenzverwalter die Festsetzung der Auslagenpauschale i.H.v. nunmehr 280,00 EUR, also um ein weiteres Jahr erhöht, da inzwischen ein weiteres Tätigkeitsjahr begonnen wurde. Das Gericht erkannte diese weitere Festsetzung ab. Die Auslagenpauschale ist eine für einen Jahreszeitraum anfallende Pauschale, die die Festsetzung der Auslagen im Gegensatz zur konkreten Einzelabrechnung erleichtern soll (vgl. BGH NZI 2004, 590, ZInsO 2004, 964; BeckOK-InsO/Budnik, 31. Ed., Stand: 15.4.2023, § 8 InsVV Rn 13).
Die mit Antrag v. 26.1.2023 geltend gemachte ergänzende Festsetzung der Auslagenpauschale für das zweite Jahr nebst anteiliger MwSt i.H.v. insgesamt 133,28 EUR dient der pauschalen Abdeckung der Auslagen für das gesamte zweite Jahr des eröffneten Insolvenzverfahrens und deckt somit pauschal die anfallenden Auslagen für den Zeitraum bis zum 12.1.2024 ab. Das entscheidende Gericht war jedoch der Ansicht, dass eine weitergehende Festsetzung nicht in Betracht komme, da das weitere Tätigkeitsjahr vom Verwalter selbst bedingt war, dieses nur wegen seines Rechtsmittels zu laufen begann. Eine Aufhebung innerhalb des ersten Jahres nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens war daher aufgrund eines durch den Insolvenzverwalter eingelegten Rechtsmittels gegen den Vergütungsbeschluss v. 11.8.2022 nicht möglich. Ausweislich der Akte musste eine richterliche Aufklärung bzgl. der mit Schreiben des Insolvenzverwalters v. 2.1.2023 erklärten Rücknahme des eingelegten Rechtsmittels erfolgen. Die weitergehende Festsetzung wurde daher abgelehnt.
II. Grundsätzlich Nachfestsetzung möglich
Grds. – so das AG Fulda – sei eine Nachfestsetzung einer Vergütung stets denkbar. Dies sei sowohl ursprünglich als auch sogar nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens grds. möglich. Die Festsetzung der Verwaltervergütung im Insolvenzverfahren entfaltet materielle Rechtskraft für den Vergütungsanspruch als solchen und seinen Umfang; die Berechnungsgrundlage und der Vergütungssatz nehmen als Vorfragen an der Rechtskraft nicht teil. Massezuflüsse – oder hier die Dauer des Verfahrens – die nicht sicher zu erwarten waren, stellen dabei neue Tatsachen dar, die zu einer ergänzenden Vergütungsfestsetzung führen können (BGH, Beschl. v. 10.11.2005 – IX ZB 168/04, ZIP 2006, 93 Rn 16; Beschl. v. 26.1.2006 – IX ZB 183/04, ZIP 2006, 486 Rn 18).
III. Pauschalisierte Auslagen
Die Pauschalierung der Auslagen soll die Festsetzung der Auslagen erleichtern (vgl. BGH, NZI 2004, 590, ZInsO 2004, 964; BeckOK-InsO/Budnik, a.a.O., § 8 InsVV Rn 13). Maßgebender Gesichtspunkt für die Pauschsatzregelung war das Ziel, die für Insolvenzverwalter und Gericht aufwendige Vorlage und Prüfung von Einzelbelegen zu ersparen. Zu dieser Abrechnungsmethode kann der Insolvenzverwalter jederzeit übergehen. Der Vorschrift des § 8 Abs. 3 InsVV ist nicht zu entnehmen, dass der Verwalter an eine einmal getroffene Wahl für die Zukunft gebunden wäre. Dies würde auch dem Zweck der Vorschrift zuwiderlaufen, die Berechnung möglichst zu vereinfachen.
IV. Objektives Ende
In vorl. Sache erkannte das AG Hagen die weiter beantragte Auslagenergänzung ab. Begründet wurde dies damit, dass der weitere Anfall vom Verwalter selbst herbeigeführt worden sei. Das durch den Insolvenzverwalter eingelegte Rechtsmittel gegen den gerichtlichen Vergütungsbeschluss sowie der aus dem daraufhin folgenden gerichtlichen Schreiben sich ergebende abzuwartende Fristablauf hinderte eine Aufhebung des Insolvenzverfahrens innerhalb des ersten Jahres seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Insolvenzverwalter beantragt letztendlich für ein 8 Tage andauerndes zweites Jahr des Insolvenzverfahrens die pauschale Festsetzung von 112,00 EUR Auslagen zzgl. 19 % USt. Nachdem bereits der Schlusstermin im schriftlichen Verfahren stattgefunden hat und weder eine Verteilung von vereinnahmten Geldern an die Gläubiger noch eine Nachtragsverteilung erforderlich war, sei davon auszugehen, dass auch keine weiteren Auslagen auslösenden Maßnahmen erfolgten. Das Gericht war daher der Ansicht, dass folglich ein verminderter Aufwand vorlag, der eine Kürzung der Auslagenpauschale rechtfertige, nämlich zu dem Zeitpunkt indem das Verfahren hätte beendet werden können – also dem Zeitpunkt vor Einlegung des Rechtsmittels. Der Auslagenpauschsatz nach § 8 Abs. 3 In...