Im Aufsatzteil (S. 385) befasst sich Burhoff mit der anwaltlichen Vergütung in strafrechtlichen Berufungsverfahren.

Lissner (S. 392) berichtet über Aktuelles zur Beratungshilfe und gibt Zukunftsausblicke.

Immer wieder wird in straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldsachen darüber gestritten, ob von der Mittelgebühr oder von unterdurchschnittlichen Gebührenbeträgen auszugehen ist. Das LG Dessau-Roßlau (S. 398) stellt klar, dass es nach dem RVG keinen Grundsatz gibt, wonach straßenverkehrsrechtliche Bußgeldverfahren grds. als unterdurchschnittlich zu behandeln seien. Darüber hinaus bestätigt das LG Dessau-Roßlau, dass auch die Kosten eines privaten Sachverständigen als notwendige Auslagen des freigesprochenen Betroffenen erstattungsfähig sein können.

Mit Anfall und Gegenstandswert der Einziehungsgebühr (Nr. 4142 VV) hat sich das OLG Zweibrücken (S. 401) befasst.

Kontrovers diskutiert wird im Rahmen der strafrechtlichen Vergütung, wie die Grundgebühr mit Haftzuschlag zu berechnen ist. Während nach ganz überwiegender Auffassung die Grundgebühr nur dann mit dem Haftzuschlag zu versehen ist, wenn sich der Mandant während der Einarbeitungsphase nicht auf freiem Fuß befindet, geht das AG Nürnberg (S. 403) in st. Rspr. davon aus, dass der Haftzuschlag auch dann greift, wenn der Mandant im späteren Verlauf des Verfahrens in Haft genommen wird.

Ein häufiger Fehler bei der Zusätzlichen Gebühr der Nr. 4141 VV nach einer Einstellung im vorbereitenden Verfahren liegt darin, dass als Bezugsgröße die Verfahrensgebühr des vorbereitenden Verfahrens gewählt wird. Dies ist nicht zutreffend und widerspricht dem Wortlaut des Gesetzes. Nach dem Gesetz richtet sich die Zusätzliche Gebühr nach der Höhe der Verfahrensgebühr des Verfahrens, in dem die Hauptverhandlung vermieden worden ist. Es ist also – wie das AG Oldenburg (S. 404) zu Recht klarstellt – hypothetisch zu fragen, vor welchem Gericht die Anklage erhoben worden wäre, wenn es nicht zur Einstellung gekommen wäre. Bei einer hypothetischen Anklage vor dem AG ergibt sich insoweit kein Unterschied. Wäre allerdings die Anklage vor der Strafkammer oder dem Schwurgericht zu erheben gewesen, dann ergeben sich deutliche Gebührenunterschiede.

Eine völlig abwegige und kuriose Entscheidung hat das AG Tiergarten (S. 407) erlassen. Es ist der Auffassung, dass die Akteneinsichtspauschale keine notwendige Auslage sei, weil der Verteidiger die Akten ja auch auf der Geschäftsstelle einsehen bzw. dort abholen und dorthin wieder zurückbringen könne.

Eine weitere Frage, die derzeit aktuell diskutiert wird, ist die, ob eine Auslagenerstattung vorzunehmen ist, wenn das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses (hier Eintritt der Verjährung) eingestellt werden muss. Das LG Trier (S. 408) und das LG Berlin (S. 409) stellen klar, dass in diesem Fall grds. eine Auslagenerstattung anzuordnen.

Das AG Bamberg (S. 410) hat einmal mehr klargestellt, dass ein Anwalt bei Regulierung eines eigenen Verkehrsunfallschadens abrechnen kann wie ein beauftragter Anwalt.

Wird auf künftige Räumung geklagt, weil der beklagte Mieter nicht erklärt, rechtzeitig auszuziehen, so kann er kostenbefreiend anerkennen. Ein Mieter ist nicht verpflichtet, eine Erklärung abzugeben, dass und wann er auszieht. Daher kann hieraus keine Klageveranlassung hergeleitet werden (BGH, S. 410).

Das OLG Köln (S. 426) hatte sich mit einer Verfahrenswertfestsetzung in einem einstweiligen Anordnungsverfahren auf Unterhalt zu befassen gehabt. Das AG hatte lediglich den sechsmonatigen Bezug festgesetzt. Das OLG Köln hat in st. Rspr. darauf hingewiesen, dass auch bei einstweiligen Anordnungsverfahren fällige Beträge hinzuzurechnen seien, bei geringerer Bedeutung der einstweiligen Anordnung ggf. nur hälftig. Darüber hinaus hat das OLG Köln klargestellt, dass für einen Vergleich über anhängige Gegenstände kein Vergleichswert festzusetzen ist, sondern lediglich für einen Mehrvergleich über nicht anhängige Gegenstände. Wird in einem einstweiligen Anordnungsverfahren die Hauptsache mit verglichen, dann ist insoweit ein Mehrwert in Höhe der Hauptsache festzusetzen.

 

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Autor: Norbert Schneider

Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen

AGS 9/2023, S. II

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