Das BAG hat zu Recht die Auffassung vertreten, dass der Erlass der beiden Teilkostenentscheidungen des LAG Berlin-Brandenburg vom 9.10.2018 und 20.12.2018 unzulässig war. In Rspr. und Lit. ist jedoch umstritten, welche Rechtsfolgen in einem solchen Fall für das Kostenfestsetzungsverfahren auftreten.
1. Auslegung der Kostenentscheidung
Zweifelhafte, mehrdeutige oder missverständliche Kostenentscheidungen binden den mit dem Kostenfestsetzungsverfahren befassten Rechtspfleger/UdG. Dabei ist dieser jedoch nicht gehindert, die Kostenentscheidung ihrem Wortlaut und sachlichen Gehalt nach auszulegen und dabei den wirklichen Willen des Gerichts zu erforschen. Wenn die Kosten unter Verstoß gegen die Einheitlichkeit der Kostengrundentscheidung statt nach Quoten unrichtig – wie es hier das LAG Berlin-Brandenburg getan hat – nach Teilabschnitten oder nach Streitgegenständen verteilt werden, hat der Rechtspfleger/UdG die Kostengrundentscheidung nach einer weit verbreiteten Auffassung in einer die Kostenfestsetzung ermöglichenden Weise auszulegen (OLG Schleswig JurBüro 1982, 1404; OLG Frankfurt Rpfleger 1988, 203; von Eicken/Hellstab/Dörndorfer, Die Kostenfestsetzung, 24. Aufl., 2021, Kapitel 2 Rn 77; Zöller/Herget, ZPO, 35. Aufl., 2022, § 104 Rn 21.16). Hat das Prozessgericht etwa in seiner Kostenentscheidung die Kosten von Klage und Widerklage getrennt, hat der Rechtspfleger/UdG eine den Streitwertteilen entsprechende Umrechnung nach Quoten vorzunehmen (OLG Naumburg NJW-RR 2000, 1740; OLG München JurBüro 1991, 121; von Eicken/Hellstab/Dörndorfer, a.a.O.).
So war hier der Rechtspfleger des ArbG Berlin verfahren und hat versucht, die unzulässige Verfahrensweise des LAG Berlin-Brandenburg dadurch zu "retten", dass er eine Kostenquote ermittelt hat und aufgrund dieser eine Kostenausgleichung vorgenommen hat.
Vergleichbar hat der BFH in seinem Beschl. v. 27.6.2023 (IX R 7/23, AGS 2023, 365 [Hansens]) – argumentiert. Der BFH hält trotz des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung eine Entscheidung über die Kosten des Verfahrens nach Zeitabschnitten für zulässig, wenn in Fällen der Streitwertminderung im Laufe des Rechtsstreits die Kosten für die verschiedenen Zeitabschnitte des Rechtsstreits getrennt in unterschiedlichen Quoten verhältnismäßig zu teilen wären. Dies hat der BFH damit begründet, das Gericht solle sich nicht "mit vermeidbarem Rechenwerk befassen". Der BFH hat somit die Auslegung einer solchen Kostenentscheidung dem mit dem Kostenfestsetzungsverfahren befassten UdG überlassen. Gerade diese Verfahrensweise hält das BAG, dem die erst einige Wochen später ergangene Entscheidung des BFH nicht bekannt sein konnte, hier für unzulässig.
2. Keine Auslegung zulässig
Demgegenüber vertritt das BAG die Auffassung, eine Auslegung von unzulässigen Teilkostenentscheidungen in dem Sinne, wie der Rechtspfleger das ArbG Berlin hier vorgenommen hatte, sei nicht zulässig. Vielmehr hat das BAG auf die Berichtigung gem. § 319 Abs. 1 ZPO verwiesen. Dies ist allerdings nicht unproblematisch. Zwar waren hier die beiden Beschlüsse des LAG Berlin-Brandenburg über die Kosten der jeweiligen Berufungen der Parteien rechtlich unzulässig.
Die Berichtigung nach § 319 ZPO erfordert jedoch nicht nur die Unrichtigkeit der Entscheidungen, sondern eine offenbare Unrichtigkeit. Für den Außenstehenden muss sich aus dem Zusammenhang des Beschlusses oder aus den Vorgängen bei Erlass dieser Entscheidung ohne Weiteres die Unrichtigkeit ergeben (s. BGH NJW 2013, 2124; BGH NJW 2014, 3101; Zöller/Feskorn, a.a.O., § 319 ZPO Rn 6). Wodurch die Unrichtigkeit des Erlasses der Teilkostenentscheidungen für Außenstehende offenbar geworden sein soll, teilt das BAG leider nicht mit. Aus den Entscheidungen selbst oder auch aus den Vorgängen, die zu diesen jeweiligen Kostenentscheidungen geführt haben, ergibt sich dies m.E. nicht. Vielmehr hat das LAG Berlin-Brandenburg durch Beschl. v. 9.10.2018 im Zusammenhang mit der an diesem Tage erfolgten Rücknahme der Berufung des Klägers dem Kläger "die durch das Rechtsmittel entstanden Kosten" auferlegt. Das Gericht wollte somit – wenn auch rechtlich unzulässig – gerade diese Kostenentscheidung über die Berufung des Klägers treffen und hat sie erkennbar auch getroffen. Dabei war dem LAG Berlin-Brandenburg weder bewusst, dass sie unzulässig war, noch ergibt sich hieraus irgendein Anhaltspunkt für eine offenbare Unrichtigkeit der Entscheidung. Vergleichbar ist da LAG in seinem Beschl. v. 20.12.2018 verfahren, in dem es zunächst die Berufung des Beklagten zu 1 als unzulässig verworfen und ihm "die Kosten der Berufung", also seiner Berufung, auferlegt hat. Auch hieraus ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass das LAG an sich eine Kostenentscheidung über die gesamten Kosten des Berufungsverfahrens mit entsprechender Kostenquotelung treffen wollte. Allein aus dem Umstand, dass das LAG über die Kosten der einzelnen Verfahrensgegenstände jeweils gesondert entschieden hat, ergibt sich, dass es tatsächlich keine Quotelung vornehme...