1. Lösung zum Ausgangsfall
I. Vertretung im Berufungsverfahren
Um die Vergütung richtig ermitteln zu können, empfiehlt es sich, die auftragsgemäßen Anwaltstätigkeiten in zeitlicher Reihenfolge zu würdigen.
Nach Vorbem. 3 Abs. 2 VV hat Rechtsanwalt A für das nach Auftragserteilung erfolgte Betreiben des Geschäfts, für die erste Information und für die Beratung des Beklagten B die Verfahrensgebühr verdient. Diese ist – zunächst – nach Nr. 3201 VV mit einem Satz von 1,1 angefallen. Die Verfahrensgebühr hat sich nach Abs. 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3201 VV auf den in Nr. 3200 VV geregelten vollen Satz von 1,6 erhöht, weil Rechtsanwalt A den die Berufung enthaltenen Schriftsatz bei Gericht eingereicht hat.
Die Verfahrensgebühr berechnet sich nach der Klageforderung, ohne Zinsen und Kosten, zu deren Zahlung der Beklagte B durch das angefochtene Urteil verurteilt worden ist.
II. Vertretung im Einstellungsverfahren
Für das Einreichen des Einstellungsantrags und die Vertretung in dem Verfahren über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist Rechtsanwalt A wiederum die 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV angefallen. Allerdings gehören diese Tätigkeiten nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 11 RVG zum Rechtszug und werden durch die im Berufungsverfahren angefallene Verfahrensgebühr mit abgegolten. Über den Einstellungsantrag hat nämlich keine abgesonderte mündliche Verhandlung stattgefunden.
III. Vergütung
Somit kann Rechtsanwalt nach Beendigung des Mandates folgende Vergütung abrechnen:
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
1.315,20 EUR |
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(Wert: 20.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
253,69 EUR |
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Gesamt |
1.588,89 EUR |
2. Lösung zur 1. Abwandlung
I. Vergütung im Berufungsverfahren
Auch in der Abwandlung kann Rechtsanwalt A für das Einreichen der Berufungsschrift eine 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV nach einem Gegenstandswert von 20.000,00 EUR verlangen.
II. Vertretung im Einstellungsverfahren
Da über die Einstellung keine abgesonderte mündliche Verhandlung stattgefunden hatte, greift auch hier die Regelung in § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 11 RVG ein. Danach gehört die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Einstellungsverfahren zum Rechtszug des Berufungsverfahrens. Eine gesonderte Verfahrensgebühr kann Rechtsanwalt A somit auch hier nicht geltend machen.
III. Vertretung im Beschwerdeverfahren
Die Vertretung im Beschwerdeverfahren ist nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG eine besondere gebührenrechtliche Angelegenheit. Sie hat bei Rechtsanwalt A die gesonderte Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV ausgelöst.
IV. Gegenstandswert
Der Gegenstandswert im Beschwerdeverfahren betreffend die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist niedriger als der Wert der Hauptsache. Er bestimmt sich gem. § 25 Abs. 2 RVG nach billigem Ermessen und beträgt im Regelfall 1/5 der Hauptforderung ohne Kosten und Zinsen, hinsichtlich der die Einstellung begehrt wird. Vorliegend ging es in dem Beschwerdeverfahren jedoch nicht um die einstweilige Einstellung als solche, die das Berufungsgericht ja angeordnet hatte, sondern lediglich um den Entfall der außerdem angeordneten Sicherheitsleistung. Damit soll sich der Gegenstandswert hier auf 1/10tel der Hauptforderung belaufen.
In der Praxis wird Rechtsanwalt gem. § 33 Abs. 1 RVG einen Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren stellen.
V. Vergütung im Beschwerdeverfahren
Ausgehend von einem Gegenstandswert von 2.000,00 EUR kann Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Beschwerdeverfahren folgende Vergütung abrechnen:
1. |
0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3500 VV |
83,00 EUR |
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(Wert: 2.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
16,60 EUR |
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
18,92 EUR |
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Gesamt |
118,52 EUR |
3. Lösung zur 2. Abwandlung
I. Vertretung im Einstellungsverfahren
Da Rechtsanwalt A nur für das Einstellungsverfahren beauftragt worden war und nicht auch für die Hauptsache – hier also für die Vertretung im Berufungsverfahren –, greift die Regelung des § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 11 RVG nicht ein. Deshalb ist Rechtsanwalt A für das Betreiben des Geschäfts im Einstellungsverfahren (s. Vorbem. 3 Abs. 2 VV) hinsichtlich der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3228 VV in der ab 1.8.2022 geänderten Fassung angefallen. Durch die zu jenem Zeitpunkt eingefügte Regelung in S. 1 der Anm. zu Nr. 3228 VV hat der Gesetzgeber klargestellt, dass dem nur mit der Vertretung im Einstellungsverfahren beauftragten Rechtsanwalt die 0,5-Verfahrensgebühr auch dann entsteht, wenn im Verfahren hinsichtlich der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne abgesonderte mündliche Verhandlung entschieden worden ist, was vor der Gesetzesänderung umstritten war.
II. Gegenstandswert
Hier soll von einem Gegenstandswert von 1/5tel der Hauptforderung ohne Zinsen, also von 4.000,00 EUR, ausgegangen werden. In der Praxis wird Rechtsanwalt A beim Berufungsgericht einen Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes gem. § 33 Abs. 1 RVG stellen.
III. Vergütung
Somit kann Rechtsanwalt nach Beendigung des Mandates folgende Vergütung abrechnen:
1. |
0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3228 VV |
139,00 EUR |
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(Wert: 4.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 ... |