§ 33 RVG; § 68 GKG
Leitsatz
Der Gegenstandswert einer Streitwertbeschwerde bemisst sich nach der Differenz der Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren von festgesetztem zu begehrtem Streitwert im zugehörigen Hauptsacheverfahren.
OVG Münster, Beschl. v. 22.12.2023 – 10 E 757/23
I. Sachverhalt
Das VG Gelsenkirchen hatte den Streitwert für das vor dem Gericht anhängige Hauptsacheverfahren auf 20.000,00 EUR festgesetzt. Hiergegen hat der durch seinen Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger Streitwertbeschwerde mit dem Ziel eingelegt, den Streitwert auf lediglich 10.000,00 EUR festzusetzen. Den Ausgang dieses Streitwertbeschwerdeverfahrens teilt das OVG Münster nicht mit. Jedenfalls hat nach dessen Beendigung der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt, den Gegenstandswert für dieses Streitwertbeschwerdeverfahren festzusetzen.
II. Gegenstandswert der Streitwertbeschwerde
1. Zulässigkeit des Antrags
Gem. § 33 Abs. 1 RVG setzt das Gericht des Rechtszuges den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag eines Antragsberechtigten durch Beschluss selbstständig fest, wenn sich die Anwaltsgebühren in dem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert berechnen oder es an einem solchen Wert fehlt. Die letzte Fallgestaltung lag hier nach Auffassung des OVG Münster vor, weil das Streitwertbeschwerdeverfahren gem. § 68 Abs. 3 S. 1 GKG gerichtsgebührenfrei ist und somit keine gerichtliche Gebühr angefallen war.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers gehörte auch – was das OVG Münster nicht näher ausgeführt hat – gem. § 33 Abs. 2 S. 2 RVG zu den Antragsberechtigten.
2. Bemessung des Streitwertes
Nach Auffassung des OVG Münster bemisst sich der Gegenstandswert einer Streitwertbeschwerde – anders als nach der nicht näher mitgeteilten Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers – nach der Differenz der Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren von festgesetztem zu begehrtem Streitwert in dem zugehörigen Hauptsacheverfahren. Zur Ermittlung dieses Wertes hat das OVG Münster die Gebühren und Auslagen zusammengestellt, die nach dem festgesetzten Streitwert von 20.000,00 EUR angefallen sind und diese denjenigen Gebühren und Auslagen gegenübergestellt, die nach dem seinerseits vom Kläger begehrten Streitwert von 10.000,00 EUR angefallen wären.
a) Berechnung nach einem Streitwert von 20.000,00 EUR
Nach dem festgesetzten Streitwert waren hier folgende Gebühren und Auslagen angefallen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
1.068,60 EUR |
|
(Wert: 20.000,00 EUR) |
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
986,40 EUR |
|
(Wert: 20.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
394,25 EUR |
|
Gesamt |
2.469,25 EUR |
|
1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 5111 GKG KV |
382,00 EUR |
|
(Wert: 20.000,00 EUR) |
|
|
Insgesamt somit |
2.851,25 EUR |
b) Berechnung nach einem Streitwert von 10.000,00 EUR
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
798,20 EUR |
|
(Wert: 10.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
736,80 EUR |
|
(Wert: 10.000,00 EUR) |
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
295,45 EUR |
|
Gesamt |
1.850,45 EUR |
|
1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 5111 GKG KV |
266,00 EUR |
|
(Wert: 10.000,00 EUR) |
|
|
Insgesamt somit |
2.116,45 EUR |
Der Gegenstandswert der Streitwertbeschwerde entspricht nach den Ausführungen des OVG Münster der Differenz zwischen diesen beiden Beträgen i.H.v. 734,80 EUR.
Ferner hat das OVG Münster mit Hinweis auf § 33 Abs. 9 RVG entschieden, dass das Festsetzungsverfahren gerichtsgebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden.
III. Bedeutung für die Praxis
Die in der Sache grds. zutreffende Entscheidung des OVG Münster bedarf einiger Anmerkungen.
1. Zulässigkeit der Streitwertbeschwerde
Vorliegend hatte der Kläger die Streitwertbeschwerde eingelegt, wobei er durch seinen Prozessbevollmächtigten vertreten worden ist. Infolge der mit der Streitwertbeschwerde erstrebten Halbierung des gerichtlich festgesetzten Streitwertes hätte der Kläger geringere Gerichtskosten, aber auch eine geringere Anwaltsvergütung zahlen müssen. Hingegen wäre eine auf Herabsetzung des gerichtlich festgesetzten Streitwertes gerichtete Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers selbst unzulässig, weil sich im Erfolgsfall der Beschwerde seine Gebühren nach einem noch geringeren Gegenstandswert berechnet hätten.
2. Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Gegenstandswertes
Das OVG Münster hat zwar die verfahrensrechtliche Zulässigkeit des Antrags auf Festsetzung des Gegenstandswertes geprüft und zutreffend bejaht. Auf welcher Rechtsgrundlage es dann den Gegenstandswert festgesetzt hat, ergibt sich aus den Beschlussgründen leider nicht. Zutreffende Rechtsgrundlage ist – weil der Gegenstandswert für ein Beschwerdeverfahren festgesetzt werden sollte – § 23 Abs. 2 S. 1 RVG. Nach dieser Vorschrift ist der Gegenstandswert unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG zu bestimmen, soweit sich aus dem RVG nichts anderes ergibt, was hier nicht der Fall war. Somit war der Gegenstandswert nach billigem Ermessen zu bestimmen. Nur w...