Eine zutreffende Entscheidung, die ohne viele Worte noch einmal den Grundsatz der Auslagenerstattung nach Einstellung des Verfahrens betont, nämlich: In der Regel sind die dem Beschuldigten entstandenen Auslagen nach § 467 Abs. 1 StPO zu erstatten, es sei denn eine Ausnahme – hier wäre es ggf. § 467 Abs. 3 Nr. 2 StPO gewesen – greift. Dabei wird aber von der (ober)gerichtlichen Rspr. (vgl. u.a. BVerfGK 3, 229; BVerfG NJW 2017, 2459 = RVGreport 2017, 316 [Burhoff]; NStZ-RR 2016, 159) immer wieder der Ausnahmecharakter der Abweichung von der Regel betont. Die Versagung der Auslagenerstattung gem. § 467 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StPO setzt zudem eine erkennbare Ermessensausübung voraus (BVerfG, a.a.O.; VerfGH Berlin, Beschl. v. 27.4.2022 – VerfGH 130/20, AGS 2022, 331 [Burhoff]; VerfGH Leipzig, Beschl. v. 23.5.2024 – Vf. 22-IV-23, AGS 2024, 367; auch noch LG Wiesbaden, Beschl. v. 7.6.2024 – 2 Qs 47/24, AGS 2024, 365). Gegen eine selbstständig in einer Kostenentscheidung enthaltene Verletzung seiner verfassungsmäßigen Rechte sollte sich der Betroffene zur Wehr setzen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 13.10.2015 – 2 BvR 2436/14; Beschl. v. 17.11.2009 – 1 BvR 1964/09; Beschl. v. 18.4.2006 – 1 BvR 2094/05). Von der Auslagenerstattung kann ggf. nur dann abgesehen werden, wenn ein hinreichender/erheblicher Tatverdacht fortbesteht (z.B. KG StraFo 2012, 289 unter Aufgabe der Rspr. in StraFo 2005, 483; OLG Celle, a.a.O.; OLG Hamm NStZ-RR 2010, 224; OLG Jena NStZ-RR 2007, 254 [Auslagenüberbürdung trotz Verjährungseintritt wegen "Schuldspruchreife"]; OLG Köln NStZ-RR 2010, 392; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 467 Rn 16 f.). Allerdings darf eine strafrechtliche Schuldzuweisung nicht erfolgen (st. Rspr., grundlegend EGMR, Urt. v. 24.1.2019 – 24247/15 [Demjanjuk/Deutschland], NJW 2020, 1275; BVerfG NJW 1992, 1612; NJW 2016, 861 m. Anm. Burhoff in StRR 2015, 474; NJW 2017, 2459 = RVGreport 2017, 316 [Burhoff]; s.a. BVerfGK 3, 229) und es dürfen keine Umstände vorliegen, die bei Verfahrensfortgang / im Fall der Hauptverhandlung eine Konkretisierung des Tatverdachts bis zur Feststellung der Schuld in Frage stellen (OLG Celle, a.a.O.). Entscheidend ist die sog. "Schuldspruchreife", die hier offenbar nicht gegeben war. Denn das ist mehr als ein "Fortbestehen des hinreichenden oder erheblichen Tatverdachts gegen die Beschuldigte", wovon die Staatsanwaltschaft ausgegangen ist.
Als Verteidiger muss man diese Frage, wenn eine Einstellung des Verfahrens ansteht, im Auge behalten und vor allem die Kosten- und Auslagenentscheidung der Einstellungsentscheidung auf ihre Richtigkeit prüfen. Ggf. ist eine falsche Entscheidung mit einer sofortigen Beschwerde (§ 464 Abs. 3 StPO) anzugreifen.
Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg
AGS 9/2024, S. 410 - 412