§§ 91 Abs. 1 u. 4, 103 Abs. 2, 104 Abs. 1 S. 1 u. 2 ZPO
Leitsatz
- Im Kostenfestsetzungsverfahren sind materiell-rechtliche Einwendungen grundsätzlich unbeachtlich. Dies gilt auch für die Aufrechnung mit einer Gegenforderung, die somit im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ist, es sei denn, über die Gegenforderung besteht kein Streit oder sie ist tituliert.
- Diese Grundsätze gelten auch in Verfahren auf Rückfestsetzung.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 26.1.2024 – 6 WF 8/24
I. Sachverhalt
Der Antragsgegner hatte – vertreten durch seinen Verfahrensbevollmächtigten – gegen einen Beschluss des AG Dieburg – FamG – in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffend die elterliche Sorge sofortige Beschwerde eingelegt. Nach Hinweis auf die Unzulässigkeit der Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist hat der Antragsgegner die Beschwerde wieder zurückgenommen. Hieraufhin hat das FamG dem Antragsgegner die Kosten der Beschwerde auferlegt und den Wert des Beschwerdegegenstandes auf 2.000,00 EUR festgesetzt.
Auf der Grundlage dieser Kostenentscheidung hat die Antragstellerin die Festsetzung der ihr vom Antragsgegner zu erstattenden Kosten des Beschwerdeverfahrens i.H.v. 339,86 EUR beantragt. Der Rechtspfleger des FamG hat diesen Antrag nach Anhörung des Antragsgegners durch Kostenfestsetzungsbeschl. v. 31.1.2022 stattgegeben.
Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragsgegners hat – soweit hier von Interesse – das OLG Frankfurt den vorgenannten Kostenfestsetzungsbeschluss wieder aufgehoben und den Kostenfestsetzungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Dies hat das OLG damit begründet, die Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin sei im Beschwerdeverfahren nicht notwendig gewesen.
Der Antragsgegner hatte auf den vom OLG Frankfurt aufgehobenen Kostenfestsetzungsbeschl. v. 31.1.2022 am 8.3.2022 an die Antragstellerin insgesamt 343,01 EUR (festgesetzter Erstattungsbetrag zzgl. Zinsen nach § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO) gezahlt. Nachdem das OLG Frankfurt den Kostenfestsetzungsbeschluss aufgehoben hatte, hat er einen Antrag auf Rückfestsetzung der gezahlten 343,01 EUR nebst Zinsen ab Antragseingang gestellt. Zuvor hatte der Antragsgegner die Antragstellerin außergerichtlich erfolglos zur Rückerstattung des zu Unrecht bezahlten Betrages aufgefordert.
Die Antragstellerin hat die Zahlung des Betrages zugestanden, jedoch vorgebracht, sie habe gegen den mit der Rückfestsetzung verlangten Betrag mit Kostenerstattungsansprüchen aus anderen Verfahren aufgerechnet. Der Antragsgegner hat diesen Vortrag der Antragstellerin als unsubstantiiert und unerheblich zurückgewiesen und bestritten, dass eine Aufrechnung erklärt worden sei.
Der Rechtspfleger des AG Dieburg – FamG – hat den Rückfestsetzungsantrag des Antragsgegners als unzulässig zurückgewiesen, weil die Antragstellerin die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung erklärt habe.
Gegen diese Entscheidung hat der Antragsgegner mit dem Vorbringen sofortige Beschwerde eingelegt, es fehle an einer Aufrechnungserklärung mit einer bestrittenen Gegenforderung. Aufrechenbare Gegenansprüche würden nicht bestehen. Im Abhilfeverfahren hat die Antragstellerin mitgeteilt, sie habe in einem näher bezeichneten familiengerichtlichen Verfahren einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Antragsgegner i.H.v. 553,11 EUR, dessen Festsetzung sie kürzlich beantragt habe.
Die sofortige Beschwerde hatte beim OLG Frankfurt Erfolg.
II. Zulässigkeit der Rückfestsetzung
1. Gesetzliche Grundlagen
Gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie notwendig waren. Nach § 91 Abs. 4 ZPO gehören zu den Kosten des Rechtsstreits i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat. Sowohl für das Kostenfestsetzungsverfahren als auch für das Rückfestsetzungsverfahren gelten die Vorschriften der §§ 103, 104 ZPO.
Das OLG Frankfurt hat darauf hingewiesen, dass die Vorschrift des § 91 Abs. 4 ZPO eingeführt worden sei, damit die Partei, die auf der Grundlage einer nur vorläufigen Kostengrundentscheidung in einem vereinfachten Kostenfestsetzungsverfahren die Festsetzung ihrer Kosten erreicht hat, ebenso einfach zur Rückzahlung verpflichtet werden könne, wenn die vorläufige Kostengrundentscheidung keinen Bestand mehr habe. Damit werde in einem vereinfachten Verfahren für den zurückzuzahlenden Betrag ein Vollstreckungstitel geschaffen, ohne dass es der Durchführung eines gesonderten Erkenntnisverfahrens bedürfe.
2. Anwendungsbereiche der Rückfestsetzung
Nach dem Gesetzeswortlaut gilt § 91 Abs. 4 ZPO zwar nur für die obsiegende Partei, die im Verlaufe des Rechtsstreits oder gerichtlichen Verfahrenskosten an die unterlegene Partei gezahlt hat. Nach Auffassung des OLG Frankfurt ist diese Vorschrift aber nach deren Sinn und Zweck, eine Rückfestsetzung allgemein gesetzlich zu regeln, auch auf Überzahlungen durch die unterlegene ...