Erteilt der Mandant dem Anwalt zunächst den Auftrag, die Berufung uneingeschränkt einzulegen, dann ist für den Anwalt zunächst einmal der volle Wert der Beschwer maßgebend. Hier ist jetzt weiter zu differenzieren:
a) Beschränkung vor Einlegung der Berufung
Hat der Anwalt den Auftrag erhalten, die Berufung uneingeschränkt einzulegen, rät er aber vor Einlegung der Berufung teilweise davon ab, sodass diese dann auch nur beschränkt eingelegt und durchgeführt wird, erhält er aus dem Wert der eingelegten Berufung die volle 1,6-Verfahrensgebühr (Nr. 3200 VV) und aus dem Wert des abgeratenen Rechtsmittels die ermäßigte 1,1-Verfahrensgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3201 VV.
Beispiel 7: Unbeschränkter Berufungsauftrag, der vor Einlegung beschränkt wird
Der Beklagte ist erstinstanzlich zur Zahlung von 15.000,00 EUR verurteilt worden. Er beauftragt den Anwalt, gegen die gesamte Verurteilung Berufung einzulegen. Der Anwalt rät davon ab und empfiehlt, lediglich wegen der über 7.000,00 EUR hinausgehenden Verpflichtung Berufung einzulegen, also wegen 8.000,00 EUR, was dann auch geschieht. Über die Berufung wird mündlich verhandelt.
Jetzt erhält der Anwalt die volle 1,6-Verfahrensgebühr (Nr. 3200 VV) wiederum nur aus 8.000,00 EUR. Hinzu kommt jedoch unter Berücksichtigung des § 15 Abs. 3 RVG eine 1,1-Verfahrensgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3201 VV aus dem weiteren Wert von 7.000,00 EUR, die das Abraten des weitergehenden Rechtsmittels abdeckt. Eine Prüfungsgebühr nach Nr. 2100 VV kommt hier nicht in Betracht, da sogleich ein Auftrag für das Rechtsmittelverfahren erteilt worden ist. Die Terminsgebühr entsteht nur aus dem Wert von 8.000,00 EUR.
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
803,20 EUR |
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(Wert: 8.000,00 EUR) |
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2. |
1,1-Verfahrensgebühr, Nrn. 3200, 3201 VV |
490,60 EUR |
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(Wert: 7.000,00 EUR) |
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gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als |
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1.148,80 EUR |
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1,6 aus 15.000,00 EUR |
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3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV |
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602,40 EUR |
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(Wert: 8.000,00 EUR) |
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4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.771,20 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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336,53 EUR |
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Gesamt |
2.107,73 EUR |
b) Beschränkung nach Einlegung der Berufung
Rät der Anwalt dagegen erst nach Einlegung der Berufung teilweise von deren Durchführung ab, sodass die Berufung nur noch beschränkt begründet und durchgeführt wird, hat dies auf die Verfahrensgebühr keinen Einfluss mehr. Sie ist mit Einlegung der Berufung bereits in voller Höhe aus dem Wert der Beschwer entstanden. Nur die weiteren Gebühren richten sich dann nach dem geringeren Wert.
Beispiel 8: Unbeschränkter Berufungsauftrag, der nach Einlegung beschränkt wird
Der Beklagte ist erstinstanzlich verurteilt worden, 15.000,00 EUR zu zahlen. Er will das Urteil nicht akzeptieren und beauftragt den Anwalt, Berufung einzulegen, was dieser veranlasst. Hiernach rät der Anwalt, die Berufung nur wegen eines Betrages i.H.v. 8.000,00 EUR durchzuführen, was dann auch geschieht. Über die Berufung wird mündlich verhandelt.
Angefallen ist jetzt eine 1,6-Verfahrensgebühr (Nr. 3200 VV) aus dem vollen Wert der Beschwer, also aus 15.000,00 EUR. Die spätere Reduzierung des Auftrags hat insoweit keinen Einfluss. Sie hat nur für die weiteren Gebühren Bedeutung – wie hier – für die Terminsgebühr. Abzurechnen ist wie folgt:
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
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1.148,80 EUR |
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(Wert: 15.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV |
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602,40 EUR |
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(Wert: 8.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.771,20 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
336,53 EUR |
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Gesamt |
2.107,73 EUR |
Autor: Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen
AGS 9/2024, S. 391 - 394