§ 42 FamGKG
Leitsatz
Der Verfahrenswert für die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft richtet sich bei gleichzeitiger Anhängigkeit eines Scheidungsverfahren nach dem (Vor-)Fälligkeitsinteresse, das mit 10 % der zu erwartenden Zugewinnausgleichsforderung zu schätzen ist.
OLG Nürnberg, Beschl. v. 5.7.2024 – 11 UF 560/24
I. Sachverhalt
In einem Verfahren nach § 1365 BGB hatte das FamG durch Teil-Versäumnisbeschluss die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft ausgesprochen. Dagegen hatte der Antragsgegner Beschwerde eingelegt, diese später aber wieder zurückgenommen. Das OLG hat den Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens auf 203.500,00 EUR festgesetzt.
II. Abzustellen ist auf § 42 Abs. 1 FamGKG
Die Festsetzung des Verfahrenswerts für das Beschwerdeverfahren beruht mangels besonderer Wertvorschriften auf § 42 FamGKG. Der angegriffene Teil-Versäumnisbeschluss betrifft nur die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft.
III. Maßgebend ist das Fälligkeitsinteresse
Wird der Antrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich gestellt, nachdem der Scheidungsantrag bereits rechtshängig geworden ist, gilt auch für den vorzeitigen Zugewinnausgleich hinsichtlich des Endvermögens der Stichtag des § 1384 BGB, also der frühere Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (BGH FamRZ 2024, 466). Das Interesse der Antragstellerin beschränkt sich daher auf das (Vor-)Fälligkeitsinteresse. Dieses Interesse ist in Abhängigkeit zur Ausgleichsforderung und der zu erwartenden Dauer bis zur Rechtskraft des Scheidungsausspruchs nach § 42 Abs. 1 FamGKG zu schätzen (OLG Stuttgart FamRZ 2009, 1621; AG München FamRZ 2020, 2056 (zur Verkürzung des Trennungsunterhalts); Grohmann, FamRZ 2024, 671, 674; Schneider, NZFam 2016, 258 f.).
IV. Es gilt ein Bruchteil der Hauptsache
Weil auch dieses (Zins-)Interesse von der Höhe des zu erwartenden Zugewinnausgleichs abhängt, kann hiervon ein Bruchteil angesetzt werden. Dieser Bruchteil ist in der Regel geringer als mit einem Viertel des voraussichtlichen Anspruchs zu bewerten (BGH NJW 1973, 369), weil angesichts des rechtshängigen Scheidungsverfahrens zu erwarten ist, dass die Ehe ohnehin in nicht allzu ferner Zeit aufgelöst wird. Im hier zu entscheidenden Fall hätte aber die Ermittlung der Immobilienwerte zu einer erheblichen Verzögerung des Scheidungsverbundverfahrens führen können.
V. Hier 10% angemessen
Der Senat schätzt die zu erwartende Ausgleichsforderung anhand der (bislang) unwidersprochenen Angaben der Ehefrau auf mindestens 2.035.000,00 EUR und setzt den Verfahrenswert auf 10 % hiervon fest, mithin auf 203.500,00 EUR. Dieser Bruchteil ist in der Regel geringer als mit einem Viertel des voraussichtlichen Anspruchs zu bewerten (BGH NJW 1973, 369), weil angesichts des rechtshängigen Scheidungsverfahrens zu erwarten ist, dass die Ehe ohnehin in nicht allzu ferner Zeit aufgelöst wird. Im hier zu entscheidenden Fall hätte die Ermittlung der Immobilienwerte zu einer erheblichen Verzögerung des Scheidungsverbundverfahrens führen können. Der Senat schätzt die zu erwartende Ausgleichsforderung anhand der (bislang) unwidersprochenen Angaben der Ehefrau auf mindestens 2.035.000,00 EUR und setzt den Verfahrenswert auf 10% hiervon fest.
VI. Bedeutung für die Praxis
Der Wert eines Verfahrens auf Aufhebung der Zugewinngemeinschaft gem. § 1386 BGB richtet sich nach § 42 Abs, 1 FamGKG, da hier nicht Zahlung, sondern eine gerichtliche Gestaltung beantragt wird, nämlich der Ausspruch, dass die bisherige Zugewinngemeinschaft für beendet erklärt wird.
Für die Wertberechnung ist wegen der unterschiedlichen Berechnungszeitpunkte danach zu differenzieren, ob der Antrag auf Aufhebung der Zugewinngemeinschaft nach Anhängigkeit des Scheidungsantrags gestellt worden ist oder bereits vorher.
Wird der Antrag auf Aufhebung der Zugewinngemeinschaft gestellt, nachdem der Scheidungsantrag bereits rechtshängig geworden ist, gilt auch für den vorzeitigen Zugewinnausgleich hinsichtlich des Endvermögens der Stichtag des § 1384 BGB, also der frühere Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (BGH NJW 2013, 3645). In diesem Fall kann sich der Höhe nach kein Unterschied zwischen dem Ausgleichsanspruch im Fall der vorzeitigen Aufhebung der Zugewinngemeinschaft und dem Ausgleichsanspruch für den Fall der Rechtskraft der Scheidung ergeben, da die Berechnungszeitpunkte für Anfangs- und Endvermögen dieselben sind. Der einzige Unterschied besteht darin, dass der Zugewinnausgleichsanspruch zu einem früheren Zeitpunkt fällig wird. Das Interesse des Antragstellers kann in diesem Fall daher nur auf das (Vor-)Fälligkeitsinteresse beschränkt sein. Dieses Interesse ist in Abhängigkeit zur Ausgleichsforderung und der zu erwartenden Dauer bis zur Rechtskraft des Scheidungsausspruchs nach § 42 Abs. 1 FamGKG zu schätzen. Zu berücksichtigen sein kann hier das Interesse, den Zugewinnausgleich zinsbringend anzulegen. Das Interesse kann aber auch dahingehen, den Zugewinn anderweitig gewinnbringend anzulegen, etwa in eine Immobilie, oder eigene Schulden abzulösen. Fehlen jegliche Angaben, kann ggf. auf den Auffangwert des § 42 Abs. 3 FamGKG abgestellt werden. Das OLG Nürnberg (FamRZ 1998, 685 = NJWE-FER 1998, 138) will den Wert regelmäßig mi...