§ 47 GKG; § 33 RVG
Leitsatz
Legt der Anwalt auftragsgemäß ein uneingeschränktes Rechtsmittel ein und beschränkt der Mandant nachträglich den Auftrag nur zur teilweisen Durchführung des Rechtsmittels, gilt für den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ungeachtet dessen der volle Wert der Beschwer.
BGH, Beschl. v. 4.6.2024 – VIII ZR 292/22
I. Sachverhalt
Die Beklagten waren erstinstanzlich zur Räumung und Herausgabe einer Wohnung sowie zur Zahlung rückständiger Mieten verurteilt worden. Nach Zurückweisung ihrer Berufung haben die Beklagten ihren Anwalt zunächst beauftragt, unbeschränkt Nichtzulassungsbeschwerde zu erheben. Später haben sie in ihrer Begründung für den Fall der Revisionszulassung angekündigt, lediglich die Räumungsverurteilung anfechten zu wollen, nicht aber auch die Zahlungsverpflichtung. Der BGH hat Beschwerde zurückgewiesen und den Streitwert auf den Wert des Räumungsanspruchs festgesetzt. Daraufhin haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten beantragt, den Gegenstandswert ihrer Tätigkeit unter Berücksichtigung auch des Zahlungsantrags festzusetzen. Der BGH hat dem Antrag entsprochen.
II. Streitwert richtet sich nach den gestellten Anträgen
Der für die Gerichtskosten maßgebende gerichtliche Streitwert richtet sich in einem Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels gem. § 47 Abs. 3, Abs. 1 S. 1 GKG danach, inwieweit der Rechtsmittelführer für den Fall der Zulassung des Rechtsmittels eine Abänderung der Entscheidung begehrt. Den Wert des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens hat der Senat dementsprechend nur auf den Wert des Räumungsanspruchs festgesetzt.
III. Gegenstandswert richtet sich nach dem Auftrag
Für den Gebührenanspruch des Rechtsanwalts bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nur dann nach dem gerichtlich festgesetzten Wert, wenn der Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens mit dem der anwaltlichen Tätigkeit identisch ist. Daran fehlt es aber, wenn der Anwalt beauftragt war, das Rechtsmittel uneingeschränkt einzulegen und dieser Auftrag erst im Rahmen der Begründung des Rechtsmittels beschränkt worden ist. In diesem Fall gilt für den Anwalt der volle Wert der Beschwer.
IV. Bedeutung für die Praxis
Der BGH bestätigt seine bisherige Rspr., dass für den Anwalt, der zunächst den Antrag zur unbeschränkten Einlegung eines Rechtsmittels erhält, der volle Wert der Beschwer auch dann gilt, wenn der Auftraggeber sich nachträglich entschließt, das Rechtsmittel nur eingeschränkt durchzuführen (BGH NJW-RR 2018, 700 = AGS 2018, 60; BeckRS 2018, 28970; BeckRS 2021, 35937).
S. hierzu auch den Beitrag von N. Schneider in AGS 2024, 391, in diesem Heft.
Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen
AGS 9/2024, S. 430 - 431