RVG § 48 Abs. 3
Leitsatz
§ 48 Abs. 3 RVG führt nicht dazu, dass dem beigeordneten Rechtsanwalt auch ein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse hinsichtlich der Terminsgebühr zusteht.
OLG München, Beschl. v. 10.6.2008–11 WF 927/08
1 Sachverhalt
Dem Antragsteller war im Scheidungsverfahren Prozesskostenhilfe für die Ehesache und anhängige Folgesachen bewilligt. Die Beteiligten schlossen später eine Einigung, in der sie auch nicht anhängige Folgesachen (u.a. Unterhalt) mit regelten. Eine Erweiterung der Prozesskostenhilfe-Bewilligung und Beiordnung erfolgte nicht.
Im späteren Festsetzungsverfahren lehnte die Landeskasse eine Vergütung für eine Terminsgebühr hinsichtlich der miteinbezogenen Gegenstände ab. Von § 48 Abs. 3 RVG werde die Terminsgebühr nicht erfasst.
Die dagegen erhobene Beschwerde hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Soweit hinsichtlich der in die Einigung mit einbezogenen Gegenstände eine Terminsgebühr angefallen ist, wird diese von der PKH nicht erfasst.
a) Mit Beschl. v. 14.12.2006 hat das OLG München PKH ab Antragstellung gewährt und den Beschwerdeführer beigeordnet.
Dieser Beschluss ist dahingehend zu verstehen, dass die Gegenstände, die zum Zeitpunkt der Beantragung der PKH bereits im Verfahren des AG rechtshängig waren, von der PKH umfasst sind. Aus dem PKH-Bewilligungs- und Beiordnungsbeschluss ergibt sich nicht, dass die PKH sich auch auf die in die Einigung miteinbezogenen Gegenstände erstreckt.
Nichts anderes ergibt sich aus der vom Beschwerdeführer zitierten Entscheidung des OLG München (FamRZ 1995, 822). Diese stellt auch nur fest, dass rechtshängige Folgesachen von der PKH-Bewilligung und Beiordnung erfasst werden. Die Einbeziehung von nicht rechtshängigen Folgesachen in eine Einigung führt aber nicht dazu, dass diese rechtshängig werden.
b) Ein Anspruch gegen die Staatskasse hinsichtlich der Terminsgebühr ergibt sich auch nicht aus § 48 Abs. 3 RVG. Nach dieser Bestimmung erstreckt sich die Beiordnung in einer Ehesache auf den Abschluss einer Einigung im Sinne von Nr. 1000 VV. Zum Abschluss der Einigung gehört nicht die Terminsgebühr. Allerdings wird auch vertreten, dass die Terminsgebühr von § 48 Abs. 3 RVG mit erfasst sei (OLG Koblenz AnwBl 2006, 587 = FamRZ 2006, 1691 [= AGS 2006, 349]; OLG Köln AGS 2007, 547). Dieser Auffassung folgt der Senat nicht.
Die Beiordnung erstreckt sich nach dem Wortlaut des Gesetzes auf den Abschluss des Vertrages. Das bedeutet, dass die durch den Vertragsschluss selbst ausgelösten Gebühren mit erfasst werden. Durch den Vertragsschluss selbst kommen nur eine Einigungsgebühr und eine mit der Einigungsgebühr unlösbar verbundene reduzierte Verfahrensgebühr zur Entstehung. Die Terminsgebühr entsteht in den meisten Fällen nicht durch die Einigung, sondern unabhängig von dieser.
Dieses Verständnis von § 48 Abs. 3 RVG entspricht der im PKH-Bewilligungsverfahren anerkannten Auslegung. Hier wird die PKH-Bewilligung und Beiordnung "für den Abschluss des Vergleichs" allgemein dahingehend verstanden, dass die Terminsgebühr nicht erfasst ist. Hierzu gibt es lediglich Streit darüber, ob, wie der BGH meint, ausschließlich die Einigungsgebühr erfasst ist (BGH Rpfleger 2004, 637 [= AGS 2004, 292]) oder auch eine 0,5-Verfahrensgebühr, wie dies der Senat (AnwBl 2008, 74 = FamRZ 2008, 628) in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung zur BRAGO vertritt. In allen Entscheidungen zu dieser Frage, die zur BRAGO ergangen sind, wurde kein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse hinsichtlich der Erörterungsgebühr des § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO anerkannt (Senat JurBüro 1987, 442; OLG Saarbrücken JurBüro 1989, 80; OLG Hamburg JurBüro 1996, 26).
Es gibt aber bei im Wesentlichen übereinstimmendem Wortlaut keinen Grund für eine unterschiedliche Behandlung je nachdem, ob sich die Erstreckung aus einem PKH-Bewilligungs- und Beiordnungsbeschluss des Gerichts oder aus dem Gesetz ergibt.
Der Gegenmeinung ist zuzugestehen, dass es sachgerechter wäre, wenn auch die Terminsgebühr von § 48 Abs. 3 RVG mit erfasst würde. Dafür zu sorgen ist aber Sache des Gesetzgebers. Solange das Gesetz nur eine Erstreckung auf den Abschluss des Vergleichs vorsieht, ist die Terminsgebühr nicht mit eingeschlossen.
Ob etwas anderes gilt, wenn ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird, in welchem Fall der Vergleichsabschluss selbst u.U. die Terminsgebühr auslöst (Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV), kann hier dahingestellt bleiben, da im vorliegenden Verfahren dieser Fall nicht gegeben ist.