GKG-KostVerz. Nr. 1900
Leitsatz
Wenn bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs der Wert des Vergleichsgegenstands den Wert des Verfahrensgegenstands übersteigt, ist die Gebühr nach der Nr. 1900 GKG-KostVerz. unabhängig davon zu erheben, ob die Differenz eine Erhöhung der Verfahrensgebühr zur Folge hätte.
OLG München, Beschl. v. 10.12.2008–11 W 2504/08
1 Sachverhalt
Das LG hat den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 1.690,92 EUR und den Gegenstandswert des Vergleichs auf 1.800,00 EUR festgesetzt, so dass sich ein Vergleichsmehrwert betreffend nicht anhängiger Gegenstände in Höhe von 1.800,00 EUR = 1.690,92 EUR = 109,08 EUR ergab.
Die Kostenbeamtin beim LG hat für das Berufungsverfahren gem. der Nr. 1222 GKG-KostVerz. eine Gebühr in Höhe von 146,00 EUR und für den Vergleich gem. der Nr. 1900 GKG-KostVerz. eine Gebühr in Höhe von 10,00 EUR angesetzt. Wegen des Ansatzes der Vergleichsgebühr hat die Klägerin Erinnerung eingelegt, die mit Beschluss des LG zurückgewiesen worden ist.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer zugelassenen Beschwerde. Zur Begründung wird ausgeführt, durch die Vorschrift der Nr. 1900 GKG-KostVerz. und deren Vorläufervorschriften solle verhindert werden, dass geringe Beträge eingeklagt und dann im Rahmen des Rechtsstreits ein großer Betrag verglichen werde, um damit zulasten der Staatskasse Gerichtskosten einzusparen. Sinn und Zweck der Vorschrift sei es jedoch gerade nicht, bei einem auch nur geringfügigen Abweichen des Streitwerts nach oben eine neue Einnahmequelle zu schaffen. Die Vergleichsgebühr solle deshalb nach dem Willen des Gesetzgebers nur anfallen, wenn durch den Wert des Vergleichs der durch die Verfahrensgebühr abgegoltene Betrag überstiegen werde, wenn also durch den erhöhten Vergleichswert ein Gebührensprung erreicht werde. In diesem Sinne sei der Gesetzeswortlaut vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte der Vorschrift auszulegen.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde ist zulässig, da sie vom LG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen wurde (§ 66 Abs. 2 S. 2 GKG).
Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als unbegründet.
Die Kostenbeamtin beim LG hat zu Recht eine 0,25-Gebühr gem. der Nr. 1900 GKG-KostVerz. für den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs angesetzt.
1. Das LG hat mit Beschl. v. 26.6.2008 den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 1.690,92 EUR und den Gegenstandswert des Vergleichs auf 1.800,00 EUR festgesetzt. Hieraus errechnet sich, dass der Wert des Vergleichsgegenstands den Wert des Verfahrensgegenstands um 109,08 EUR übersteigt. Dies wird ersichtlich auch von der Klägerin nicht in Frage gestellt. Ebenso besteht Einigkeit darin, dass die nach der Erledigung des Verfahrens durch gerichtlichen Vergleich gem. der Nr. 1222 Nr. 3 GKG-KostVerz. anfallende 2,0-Verfahrensgebühr sich sowohl beim Streitwert des Berufungsverfahrens von 1.690,92 EUR als auch beim Gegenstandswert des Vergleichs von 1.800,00 EUR auf 146,00 EUR beläuft, dass also durch den Mehrwert des Vergleichs kein Gebührensprung ausgelöst wurde.
2. Der Senat teilt die Auffassung des LG in der eingehend begründeten Erinnerungsentscheidung, dass nach dem eindeutigen Wortlaut der Nr. 1900 GKG-KostVerz. allein auf den Wert abzustellen ist, um den der Vergleichsgegenstand den Verfahrensgegenstand übersteigt, nicht dagegen auf die Frage, ob sich aus den unterschiedlichen Werten des Vergleichs- und des Verfahrensgegenstandes ein Gebührensprung ergibt. Dafür sprechen neben dem eindeutigen und nicht auslegungsfähigen Wortlaut der genannten Bestimmung folgende Erwägungen:
a) Bei der Vergleichsgebühr handelt es sich um eine eigenständige Gebühr, die neben der Verfahrensgebühr zu erheben ist und zwar nach dem Wert des Mehrbetrages. Die allgemeine Verfahrensgebühr erhöht sich also durch einen Prozessvergleich gerade nicht (Meyer, GKG, 10. Aufl., KV 1900 Rn 166, 176).
b) Bei der Vergleichsgebühr handelt es sich, wie das LG zutreffend festgestellt hat, um eine Handlungs- oder Aktgebühr, mit der pauschal die Mitwirkung des Gerichts beim Abschluss des Vergleichs abgegolten werden soll, nicht aber um eine Verfahrensgebühr (Hartmann, KostG, 38. Aufl., Nr. 1900 KV Rn 1; Meyer, GKG, a.a.O., KV 1900 Rn 166). Dem verminderten Aufwand des Gerichts und der beabsichtigten Förderung der vergleichsweisen Erledigung von Rechtsstreitigkeiten wird durch die Ermäßigung der Höhe der Gebühr auf einen Satz von 0,25 hinreichend Rechnung getragen.
c) Der Gesetzgeber hat also ersichtlich bewusst für den Mehrwert eines Vergleichs eine eigenständige Gebühr geschaffen, anstatt den Weg über eine Erhöhung der Verfahrensgebühr zu gehen, wie dies etwa bei einer Klageerweiterung geschieht. Dies muss aber gleichzeitig zur Folge haben, dass die Vergleichsgebühr unabhängig davon anfällt, ob sich die (gerade nicht betroffene) Verfahrensgebühr erhöht hätte, wenn der Mehrwert von Anfang an in den Rechtsstreit eingeführt worden wäre.
3. Der Senat kann sich aus den genannten Gründen nicht der von der Klägerin herangezogenen Kommenti...