Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat Erfolg. Der Kostenfestsetzungsbeschluss verletzt den Erinnerungsführer in seinen Rechten, denn er schuldet keine Auslagen in Höhe von 12,00 EUR.
Rechtsgrundlage für die Erhebung einer Pauschale für die Aktenversendung ist § 1 Nr. 2 GKG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 GKG und Nr. 9003 des Kostenverzeichnisses. Nach Nr. 9003 des Kostenverzeichnisses betreffend die Auslagen in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit beträgt die Auslagenhöhe für die Versendung von Akten auf Antrag je Sendung pauschal 12,00 EUR. Nach § 28 Abs. 2 GKG schuldet die Auslagen nach Nr. 9003 des Kostenverzeichnisses nur, "wer die Versendung oder die elektronische Übermittlung der Akte beantragt hat". § 28 Abs. 2 GKG bestimmt damit einen eigenen Kostenschuldner. So wird der allgemeine Kostenschuldner nicht ungerechtfertigt mit Auslagen belastet, die nur deswegen entstehen, weil die Akteneinsicht an einem anderen Ort als der aktenführenden Stelle gewünscht wird (vgl. BayVGH, Beschl. v. 18.1.2007, NJW 2007, 1483 f. [= AGS 2007, 574]).
Der Erinnerungsführer hat die Übersendung der Akten nicht i.S.d. § 28 Abs. 2 GKG beantragt und schuldet daher keinen Auslagenersatz. Zwar erfolgte die tatsächliche Übersendung der Akten an ihn als Reaktion auf sein Fax, in dem er im Zusammenhang mit der Fertigstellung der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung um "Akteneinsicht und Übersendung der Verfahrensakten für drei Arbeitstage auf unsere Kanzlei" gebeten hatte. Da der Erinnerungsführer diesen Antrag in seiner Eigenschaft als Prozessbevollmächtigter des Beklagten gestellt hat, bestimmt sich die Zurechnung seiner Erklärungen nach den allgemeinen Grundsätzen über die Zurechnung von Erklärungen eines Vertreters.
Eine Prozessvollmacht, die wie hier ohne Einschränkungen für das gesamte gerichtliche Verfahren wirkt, ermächtigt den Bevollmächtigten, das dem von ihm vertretenen Beteiligten zustehende Recht auf Akteneinsicht wahrzunehmen und zu diesem Zweck die Übersendung der Akten in seine Geschäftsräume zu beantragen. Ein solchermaßen von einem Prozessbevollmächtigten gestellter Antrag wirkt gem. § 164 Abs. 1 S. 1 BGB unmittelbar für und gegen den von ihm vertretenen Beteiligten.
Dieser Auffassung kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass § 100 Abs. 2 S. 1 VwGO eine Überlassung der Akten außerhalb des Gerichtsgebäudes ausdrücklich nur an die nach § 67 Abs. 2 S. 1 und 2 Nr. 3 bis 6 VwGO bevollmächtigten Personen vorsieht. Das Akteneinsichtsrecht nach § 100 Abs. 1 VwGO steht im Verwaltungsprozess anders als im Strafprozess (dort § 147 StPO, vgl. auch BVerfG, Kammerbeschl. v. 19.7.1995–2 BvR 1023/95, NJW 1995, 3177) den Beteiligten selbst zu und dient wesentlich der Verwirklichung des rechtlichen Gehörs und der Herstellung der Waffengleichheit zwischen den Beteiligten (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 100 Rn 1 und 2). Nimmt der Prozessbevollmächtigte eines Beteiligten Einsicht in die Akten, so erfolgt dies in Vertretung des Beteiligten, dessen materielles Recht er wahrnimmt. Die Beschränkung des Personenkreises in § 100 Abs. 2 S. 2 VwGO soll sicherstellen, dass Akten nicht vernichtet, beschädigt oder verfälscht werden und dass ihre sorgfältige Aufbewahrung gewährleistet ist, damit sie nicht verloren gehen (Kopp/Schenke, VwGO, § 100 Rn 7). Damit verliert die Aktenüberlassung in die Geschäfts- oder Wohnräume des Prozessbevollmächtigten nicht den Zweck, Chancengleichheit zwischen den Beteiligten herzustellen. Die Durchsicht der Akten auf der Geschäftsstelle kann nur bei sehr einfach gelagerten Sachverhalten zur Vorbereitung weiterer prozessualer Schritte genügen, so dass die Aktenüberlassung eine effektive Ausgestaltung des Rechts auf Akteneinsicht und damit des Rechts auf rechtliches Gehör darstellt (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 12.2.1998, NVwZ 1998, 836). Die mit der Aktenübersendung verbundene Arbeitserleichterung für den Prozessbevollmächtigten tritt dagegen in den Hintergrund und vermag deshalb nichts an dem gefundenen Ergebnis zu ändern.
Schließlich steht auch der Normzweck des § 28 Abs. 2 GKG diesem Ergebnis nicht entgegen, denn wie bereits oben ausgeführt, dient die Vorschrift der Entlastung des allgemeinen Kostenschuldners. Dass der Gesetzgeber gerade das Ziel verfolgt hätte, die Prozessbevollmächtigten mit den Kosten der Aktenübersendung zu belasten, lässt sich der Gesetzesbegründung nicht entnehmen (vgl. BT-Drucks 12/6962 S. 66 zu § 56 GKG a.F.). Eine Entlastung des allgemeinen Kostenschuldners wird auch dann erreicht, wenn die Auslagen für die Aktenübersendung unabhängig vom Prozessausgang ausschließlich dem Beteiligten auferlegt werden, dessen Akteneinsichtsrecht durch den Prozessbevollmächtigten wahrgenommen wurde. Wegen des Ziels der Vorschrift ist folglich eine einschränkende Interpretation ihres Wortlauts nicht geboten (anders BayVGH, Beschl. v. 18.1.2007, NJW 2007, 1483 f.).