RVG §§ 15 ff.; RVG VV Nrn. 2501 ff.
Leitsatz
Wird der Anwalt im Rahmen der Beratungshilfe von dem Rechtsuchenden beauftragt, die außergerichtliche Abänderung eines Unterhaltstitels gegenüber drei Kindern zu verlangen, so liegen drei verschiedene Angelegenheiten vor, in denen der Anwalt seine Gebühren jeweils gesondert erhält.
AG Mülheim a.d. Ruhr, Beschl. v. 10.9.2009–34 II 568/09; 34 II 569/09
1 Sachverhalt
Der Anwalt war von dem Kindesvater beauftragt worden, gegenüber seinen drei Kindern von verschiedenen Müttern, denen gegenüber er unterhaltspflichtig war, Abänderung bestehender Unterhaltstitel zu verlangen. Hierfür beantragte der Anwalt Beratungshilfe. Bewilligt wurde Beratungshilfe nur für eine Angelegenheit. Der Rechtspfleger war der Auffassung, das Abänderungsverlangen gegenüber den drei Kindern sei eine einzige Angelegenheit.
Die Erinnerung hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Rechtsanwältin A hat (dem Rechtsuchenden) Beratungshilfe geleistet. Dieser ist drei Kindern von verschiedenen Müttern unterhaltsverpflichtet.
Die Beratungshilfe bestand in der Neuberechnung des jeweils aus Sicht des Verpflichteten zu leistenden Unterhalts und entsprechender Korrespondenz mit den Anspruchsberechtigten.
Rechtsanwältin A hat hinsichtlich der drei Kinder jeweils einen Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe gestellt, von denen einer positiv beschieden worden ist, die beiden oben bezeichneten Anträge hingegen von dem Rechtspfleger zurückgewiesen worden sind.
Nach Auffassung des Rechtspflegers handelt es sich hinsichtlich der drei Anträge lediglich um eine Angelegenheit i.S.d. § 2 Abs. 2 BerHG.
In der Rspr. und Lit. wird die strittige Frage nicht explizit beantwortet.
Für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Angelegenheit" i.S.d. § 2 Abs. 2 BerHG sind die Vorschriften des RVG, insbesondere § 15 Abs. 1 und 2 RVG, heranzuziehen.
Eine (dieselbe) Angelegenheit liegt (noch) vor, wenn ein einheitlicher Auftrag erteilt wird, der gleiche rechtliche Rahmen bei der Verfolgung mehrerer Ansprüche gegeben ist und zwischen den einzelnen Gegenständen ein innerer, objektiver Zusammenhang besteht (Gerold/Schmidt, RVG, 15. Aufl., § 13 Rn 5 ff.).
In der Rspr. sind vor allem Entscheidungen in Zusammenhang mit Trennungs-, Scheidungs- und Folgesachen ergangen. Die Tendenz geht dahin, bei einer Beratung zu diesen unterschiedlichen Gesichtspunkten trotz des einheitlichen Auftrags, des gleichen rechtlichen Rahmens und des inneren Zusammenhangs gleichwohl verschiedene Angelegenheiten i.S.d. § 15 RVG anzunehmen (vgl. z.B. OLG Köln, Beschl. v. 9.2.2009, FamRZ 2009, 1345 ff.).
Stellte man in dem hier zur Entscheidung stehenden Fall wesentlich auf die nur einmal erfolgte Unterhaltsberechnung für alle drei Kinder gemeinsam ab, ginge dies an der Tatsache vorbei, dass dies lediglich der wechselseitigen Bedingtheit der Ansprüche der drei Kinder geschuldet ist. Der einheitlich erteilte Auftrag enthält der Sache nach drei Aufträge, nämlich die Veränderung des Unterhaltsverhältnisses gegenüber allen drei Unterhaltsberechtigten. Dementsprechend hat die Beratungshilfe leistende Rechtsanwältin auch drei Schreiben an drei unterschiedliche Adressaten gefertigt, die sich auch inhaltlich unterschieden, da sich die Kinder in verschiedenen Altersstufen befinden und demgemäß unterschiedliche Zahlungen errechnet worden sind bzw. Zahlungen angekündigt werden.
Mithin ist hier von drei Angelegenheiten im Rechtssinne und nicht von ein und derselben Angelegenheit auszugehen.