RVG VV Nr. 4143
Leitsatz
Nr. 4143 VV ist auf die Tätigkeit des Verteidigers im (Grund-)Verfahren nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz – StrEG – nicht entsprechend anwendbar.
OLG Köln, Beschl. v. 14.8.2009–2 Ws 373/09
1 Sachverhalt
Der Beschwerdeführer war durch rechtskräftiges Urteil des LG zu einer Geldstrafe wegen Körperverletzung verurteilt und vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden. Außerdem war – auf Antrag der Staatsanwaltschaft – ausgesprochen worden, dass der Beschwerdeführer wegen der erlittenen Untersuchungshaft nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen – StrEG – zu entschädigen ist.
Im späteren Kostenfestsetzungsverfahren beantragte der Beschwerdeführer u.a. auch die Festsetzung einer Gebühr in Höhe von 383,13 EUR gem. Nr. 4143 VV "für den StreG-Anspruch im Grundverfahren". Diese Gebühr hat die Rechtspflegerin als nicht erstattungsfähig angesehen und den Antrag mit der Begründung, die Tätigkeit im Entschädigungsgrundverfahren sei mit den Gebühren nach Nrn. 4100 ff. VV pauschal abgegolten, zurückgewiesen.
Die dagegen erhobene sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die geltend gemachte Gebühr gem. Nrn. 4143, 4144 VV ist nicht entstanden. Die Tätigkeit im Entschädigungs(grund)verfahren ist, wenn – wie das hier der Fall ist – der Rechtsanwalt bereits als Verteidiger im vorherigen Strafverfahren tätig war, mit den hier bereits abgerechneten Gebühren nach Nrn. 4100 ff. VV pauschal abgegolten.
Dem Einwand, diese Tätigkeit sei bei der Bemessung der Wahlverteidigergebühren hier außer Betracht geblieben, ist zu entgegnen, dass zu einer Berücksichtigung kein Anlass bestand. Eine anwaltliche Tätigkeit im Zusammenhang mit einer möglichen Entschädigung nach dem StrEG hat die Verteidigerin im Antrag auf Festsetzung ihrer Wahlverteidigergebühren als Bemessungskriterium nicht angeführt, die von ihr angemeldeten Gebühren sind als angemessen angesehen und entsprechend festgesetzt worden.
Eine analoge Anwendung der Nrn. 4143, 4144 VV, die die Vergütung des Verteidigers im Adhäsionsverfahren gem. §§ 403 ff. StPO regeln, scheidet aus. Der Senat schließt sich insoweit der Entscheidung des OLG Frankfurt v. 26.4.2007–2 Ws 36/07, veröffentlich bei juris [= AGS 2007, 619] – an, in der ausführlich und überzeugend dargelegt ist, dass die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung der Gebührenbestimmung nicht gegeben sind.
Der Senat hält insbesondere das Argument für durchgreifend, dass es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt, weil die Frage der Verteidigervergütung für das Entschädigungsgrundverfahren bereits unter der Geltung der BRAGO umstritten war (vgl. nur Meyer JurBüro 1992, 4 m. w. Nachw.) und der Gesetzgeber dies bei Schaffung des RVG gleichwohl nicht zum Anlass genommen hat, insoweit einen gesonderten Gebührentatbestand einzuführen.
Die gegenteilige Auffassung verschiedener Stimmen im Schrifttum (vgl. die Nachweise in der Entscheidung des OLG Frankfurt) erschöpft sich – soweit eine Begründung überhaupt gegeben wird – in den nicht tragfähigen Argumenten, es entstehe sonst eine Vergütungslücke (so Hartmann, KostG, 39. Aufl., VV 4143, 4144 Rn 4) bzw. die entsprechende Anwendung werde dem gesetzgeberischen Anliegen besser gerecht, besondere Tätigkeiten des Rechtsanwalts besser zu honorieren (so Burhoff, RVG, Nr. 4143 Rn 6).
Besondere anwaltliche Bemühungen des Verteidigers im Entschädigungsgrundverfahren können durch eine Pauschgebühr nach den §§ 42 und 51 RVG angemessen honoriert werden. Für die analoge Anwendung der Vergütungsregeln für das Adhäsionsverfahren besteht daneben kein Bedürfnis.
Der Senat merkt hierzu noch an, dass das Vorbringen, eine sich anbahnende Entschädigungspflicht führe regelmäßig zu umfangreicher Beratungspflicht, wie dies auch hier geschehen ist, eine Pauschgebühr nicht zu rechtfertigen vermag.
Mitgeteilt von RiOLG Christian Scheiter, Köln