I. Überblick
Der Gegenstandswert in der Zwangsvollstreckung bemisst sich nach § 25 RVG.
Eine gerichtliche Wertfestsetzung nach § 63 GKG, § 55 FamGKG oder § 31 KostO kommt in Vollstreckungsverfahren nicht in Betracht, da sich die Gerichtsgebühren in Vollstreckungsverfahren nicht nach dem Streitwert richten. Es sind vielmehr Festgebühren oder gar keine vorgesehen.
Eine gerichtliche Wertfestsetzung kommt daher nur nach § 33 Abs. 1 RVG in Betracht. Auf Antrag eines Beteiligten, also des Gläubiges, des Schuldners, eines ihrer Bevollmächtigten oder im Falle der Prozesskostenhilfe auch der Landeskasse muss das Gericht im Falle einer gerichtlichen Vollstreckungsmaßnahme den Wert festsetzen. Soweit es nicht zu einem gerichtlichen Vollstreckungsverfahren gekommen ist (z.B. bei einer Vollstreckungsandrohung oder bei einer Mobiliarvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher), wird die Frage des Gegenstandswertes entweder inzidenter im Vollstreckungsverfahren mit entschieden, wenn die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung mit beigetrieben werden, oder im Festsetzungsverfahren nach § 788 ZPO. Eine gerichtliche Wertfestsetzung kommt also nur in Betracht bei Ordnungs- oder Zwangsgeldverfahren, in Verfahren auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und in Verfahren auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, soweit das Gericht damit befasst ist.
Soweit einer der Beteiligten durch die Festsetzung des Gegenstandswerts um mehr als 200,00 EUR beschwert ist oder das festsetzende Gericht die Beschwerde zugelassen hat, kann nach § 33 Abs. 3 RVG gegen die Wertfestsetzung Beschwerde eingelegt werden.
Gegen Beschwerdeentscheidungen des LG kommt auch die weitere Beschwerde zum OLG in Betracht, wenn sie zugelassen worden ist (§ 33 Abs. 6 RVG).
II. Geldforderungen
Bei Geldforderungen ist der Wert der zu vollstreckenden Forderung einschließlich der Nebenforderungen maßgebend (§ 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG). Hierzu zählen insbesondere aufgelaufene Zinsen sowie die Kosten vorausgegangener Vollstreckungsversuche.
Beispiel 1: Gegenstandswert bei verzinslicher Forderung
Der Anwalt vollstreckt im Auftrag des Gläubigers aus einem Urteil über 3.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von sechs Prozent seit dem 1.1.2010. Der Vollstreckungsauftrag wird am 1.11.2010 vom Anwalt eingereicht.
Der Gegenstandswert in der Zwangsvollstreckung berechnet sich nach § 25 Abs. 1 Nr. 1, 1. Hs. RVG. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Einreichung des Vollstreckungsantrags (analog § 40 GKG). Entgegen § 43 Abs. 1 GKG werden die bis zur Einreichung des Vollstreckungsantrags fälligen Zinsen hinzugerechnet. Es ergibt sich somit ein Gegenstandswert in Höhe von
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1. |
Hauptforderung |
3.000,00 EUR |
2. |
Zinsen vom 1.1. bis zum 1.11.2010 |
150,00 EUR |
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Summe |
3.150,00 EUR |
Beispiel 2: Gegenstandswert nach vorausgegangener Vollstreckungsmaßnahme
Im Beispiel 1 fällt die Mobiliarvollstreckung fruchtlos aus. Am 1.12.2010 beantragt der Rechtsanwalt auftragsgemäß eine Gehaltspfändung.
Neben der Hauptforderung kommen die bis zur Einreichung des weiteren Vollstreckungsauftrags fälligen Zinsen hinzu sowie die Kosten des vorangegangenen Vollstreckungsauftrags (§ 25 Abs. 1 Nr. 1, 1. Hs. RVG). Der Gegenstandswert beläuft sich also auf
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1. |
Hauptforderung |
3.000,00 EUR |
2. |
Zinsen vom 1.1. bis zum 1.12.2010 |
165,00 EUR |
3. |
Kosten des vorherigen Vollstreckungsversuchs a) 0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV |
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(Wert: 3.150,00 EUR) |
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65,10 EUR |
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b) Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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13,02 EUR |
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Zwischensumme |
78,12 EUR |
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c) 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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14,84 EUR |
Gesamt |
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92,96 EUR |
Summe |
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3.257,96 EUR |
Beschränkt sich der Vollstreckungsauftrag darauf, einen bestimmten Gegenstand zu verwerten, so ist lediglich dieser Wert maßgebend, sofern er geringer als die zu vollstreckende Geldforderung ist.
Beispiel 3: Zwangsvollstreckungsauftrag in geringwertigeren Gegenstand
Der Gläubiger erteilt dem Anwalt wegen einer Forderung in Höhe von 10.000,00 EUR den Auftrag zu einer Pfändung in einen PKW im Werte von 2.500,00 EUR.
Maßgebend ist nicht der höhere Wert der titulierten Forderung, sondern der geringere Wert des Gegenstands, in den vollstreckt werden soll (§ 25 Abs. 1 Nr. 1, 2. Hs. RVG). Der Gegenstandswert beträgt daher nur 2.500,00 EUR.
Gleiches gilt bei einer Forderungspfändung. Auch hier kommt es nicht auf den (höheren) Wert der zu vollstreckenden Forderung an, sondern auf den Wert der Forderung, in die vollstreckt werden soll. Nach a.A. soll der Gegenstandswert einer Forderungspfändung unabhängig von der Frage des Erfolgs nach dem Wert der zu vollstreckenden Geldforderung zu bestimmen sein, was aber an sich schon dem Wortlaut des Gesetzes widerspricht.
Beispiel 4: Zwangsvollstreckungsauftrag in geringwertigere Forderung
Der Gläubiger erteilt dem Anwalt wegen einer Forderung in Höhe von 10.000,00 EUR den Auftrag zu einer Pfändung eines Sparbuchs, auf dem sich ein Guthaben i.H.v. 500,00 EUR befindet.
Maßgebend ist nicht der höhere Wert der titulierten Forderung, sondern ...