RVG VV Anm. Abs. 1 zu Nr. 3104 ZPO § 341
Leitsatz
- Entscheidet das Gericht über den unzulässigen Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid ohne mündliche Verhandlung, entsteht keine Terminsgebühr.
- Für eine anwaltliche Besprechung mit Zielrichtung auf eine Ratenzahlungsvereinbarung entsteht bei zweifelhaftem Klageauftrag keine Terminsgebühr (hier: Anwaltsgespräch sechs Wochen vor Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids).
OLG Koblenz, Beschl. v. 28.1.2011 – 14 W 52/11
1 Aus den Gründen
Nachdem der Beklagte gegen einen Vollstreckungsbescheid verspätet Einspruch eingelegt hatte, beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Verwerfung des Rechtsbehelfs als unzulässig. Dem entsprach das LG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil.
Den Antrag der Klägerin auf Festsetzung einer Terminsgebühr hat die Rechtspflegerin durch den angefochtenen Beschluss abschlägig beschieden.
Dagegen wendet sich die zulässige sofortige Beschwerde ohne Erfolg. Der Senat teilt die Auffassung des LG, dass keine Terminsgebühr anfällt, wenn das Gericht über den Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid ohne mündliche Verhandlung entscheidet. Zwar entsteht nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV die Terminsgebühr unter anderem auch dann, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder gem. § 307 Abs. 2 ZPO oder § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird.
Es muss sich jedoch stets um ein Verfahren handeln, für das an sich eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Das ist im Verfahren nach § 341 Abs. 2 ZPO nicht der Fall. Das Urteil kann nach dieser Vorschrift ohne mündliche Verhandlung ergehen. Daher ist Nr. 3104 VV nicht einschlägig (vgl. zu einer im Tatsächlichen geringfügig anders gelagerten Fallkonstellation den Senatsbeschl. 14 W 334/03 v. 19.5.2003 in Rpfleger 2003, 539 = AGS 2003, 399 mit Anm. N. Schneider = JurBüro 2003, 420 und MDR 2003, 1262).
Soweit in der Einspruchsbegründung vom 22.6.2009 davon die Rede ist, dass im Februar 2009 Gespräche geführt wurden, die auf eine neue Ratenzahlungsvereinbarung zielten, scheidet eine Terminsgebühr schon deshalb aus, weil nicht zu ersehen ist, dass die Klägerin bereits seinerzeit einen Klageauftrag erteilt hatte. Der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides datiert vom 18.3.2009.
Mitgeteilt von RiOLG Ernst Weller, Koblenz
2 Anmerkung
Die Entscheidung ist im Ergebnis richtig. In der Begründung ist sie dagegen unzutreffend.
Nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV entsteht auch dann eine Terminsgebühr, wenn in einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist
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im Einverständnis der Parteien, |
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nach § 307 ZPO (Anerkenntnis) oder |
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nach § 495a ZPO (Bagatellverfahren) |
ohne mündliche Verhandlung entschieden wird.
Erste Voraussetzung ist also zunächst einmal, dass es sich um ein Verfahren handelt, in dem eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Das war hier entgegen der Auffassung des OLG der Fall. Zugrunde lag ein gewöhnlicher Zivilprozess. Dort ist die mündliche Verhandlung nach § 128 Abs. 1 ZPO vorgeschrieben.
Zwar sieht § 341 ZPO vor, dass ein Einspruch ohne mündliche Verhandlung als unzulässig verworfen werden kann. Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein selbstständiges Verfahren i.S.d. Nr. 3104 VV. Verfahren ist und bleibt vielmehr der Zivilprozess, für den eine mündliche Verhandlung grundsätzlich erforderlich ist. Damit war die erste Voraussetzung gegeben.
Zweite Voraussetzung ist aber, dass eine Entscheidung im Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung ergeht oder nach §§ 307, 495a ZPO, die hier ersichtlich nicht vorlagen.
An dieser Stelle kommt die Vorschrift des § 341 ZPO zum Tragen. Das Gericht hat nämlich nicht im Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden, sondern weil das Gesetz ihm auch ohne Einverständnis der Parteien eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erlaubt.
Das OLG unterscheidet nicht zwischen einem Verfahren, für das keine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, und einer Entscheidung, für die keine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Im Ergebnis ist dies hier allerdings unerheblich.
Norbert Schneider