ZPO §§ 3, 9 GKG § 41
Leitsatz
Der Wert einer Klage auf Feststellung, dass der Beklagte bis zur vollständigen Räumung einer Wohnung eine wiederkehrende Nutzungsentschädigung zu zahlen habe, bemisst sich nach § 3 ZPO auf 80 % der für den Zeitraum eines Jahres geforderten Nutzungsentschädigung.
LG Itzehoe, Beschl. v. 27.5.2011 – 1 T 50/11
1 Aus den Gründen
Die nach § 68 Abs. 1 GKG zulässige Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung durch das AG hat Erfolg. Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren war auf 11.780,00 EUR festzusetzen. Zugleich war in Anwendung von § 63 Abs. 3 GKG auszusprechen, dass der Wert des abgeschlossenen Vergleichs den nunmehr festgesetzten Streitwert von 11.780,00 EUR in Abweichung von der mit dem Nichtabhilfebeschluss vom 12.4.2011 getroffenen Wertfestsetzung lediglich um 1.870,00 EUR übersteigt.
1. Die von den Beklagten eingelegte Streitwertbeschwerde bezieht sich der Sache nach allein auf die Bemessung des Streitwerts für den Klageantrag zu Nr. 3, mit dem die Kläger die Feststellung begehrt haben, dass die Beklagten zur Zahlung künftiger Nutzungsentschädigung verpflichtet sind. Der Wert für den Räumungsantrag zu Nr. 1 beträgt 5.400,00 EUR und für den Zahlungsantrag zu Nr. 2 ist eindeutig ein Betrag von 1.100,00 anzusetzen.
Für den Klageantrag zu Nr. 3 ist ein Betrag von 5.280,00 EUR anzusetzen. Entgegen der Ansicht des AG ist der Wert für einen Antrag auf Zahlung künftiger Nutzungsentschädigung nach Kündigung eines Mietverhältnisses nicht nach § 9 ZPO zu bemessen. Denn diese Wertvorschrift ist unanwendbar, wenn es sich um einmalige oder nur vorübergehend wiederkehrende Nutzungen bzw. Leistungen handelt; dann ist vielmehr eine Wertfestsetzung nach § 3 ZPO vorzunehmen (Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 9 Rn 3). Bei der von den Klägern mit dem Antrag zu Nr. 3 geltend gemachten monatlichen Nutzungsentschädigung handelt es sich aber nur um eine vorübergehend zu zahlende wiederkehrende Leistung. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Kläger selbst – richtigerweise – ihren Antrag auf Feststellung, dass eine Verpflichtung zur Zahlung künftiger Nutzungsentschädigung besteht, bis zur Räumung der an die Beklagten vermieteten Wohnung beschränkt haben. Eine solche Räumung der Wohnung war aber in absehbarer Zeit zu erwarten. Insofern war davon auszugehen, dass sich die von den Beklagten zu zahlenden künftige Nutzungsentschädigung auf einen überschaubaren Zeitraum beschränkt und demgemäß die Wertfestsetzung nicht nach § 9 ZPO, sondern nach § 3 ZPO vorzunehmen (so auch LG Potsdam, Beschl. v. 11.10.2007 – 11 T 68/06; LG Köln, Beschl. v. 10.9.2007- 1 T 231/07; LG Berlin, Beschl. v. 24.11.2009 – 65 T 137/09). Der Auffassung des AG, § 9 ZPO lasse eine teleologische Beschränkung seines Anwendungsbereichs auf Leistungen, die typischerweise nicht nur für eine vorübergehende Dauer zu zahlen sind, nicht zu, folgt die Kammer nicht. Denn seinem Sinn und Zweck nach dient § 9 ZPO nicht nur einer Vereinfachung und Vereinheitlichung der Streitwertfestsetzung, sondern auch einer vernünftigen Begrenzung der Streitwerthöhe (vgl. Wöstmann, in: MüKo zur ZPO, 3. Aufl., § 9 Rn 1). Insbesondere, wenn künftige Leistungen für einen langen oder schwer absehbaren Zeitraum zu erbringen sein werden, beispielsweise bei einem Streit über den Fortbestand eines auf bestimmte Dauer abgeschlossenen Mietvertrags, wird durch die Regelung des § 9 ZPO verhindert, dass ein unangemessen hoher Streitwert zugrunde gelegt wird. Insofern ist eine teleologische Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 9 ZPO dahingehend, dass sich dieser nicht auf Leistungen bezieht, die absehbar nur für einen vorübergehenden Zeitraum zu erbringen sind, zulässig und auch sachgerecht, damit nicht gerade durch Anwendung des § 9 ZPO eine übermäßig hohe Streitwertfestsetzung erfolgt.
Für eine Wertfestsetzung nach § 3 ZPO kommt es darauf an, wann – bei Klageerhebung – mit einer Räumung und Herausgabe der Wohnung und damit dem Ende der Verpflichtung zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung zu rechnen war. In der Rspr. wird überwiegend auf einen Zeitraum von zwölf Monaten abgestellt (vgl. die zuvor zitierten Entscheidungen der LG Potsdam, Köln und Berlin). Dies erscheint auch sachgerecht, da bei Klageerhebung zumeist nicht genau absehbar ist, wann ein Räumungstitel ergeht, der sodann vollstreckt werden kann. Etwas anderes mag dann gelten, wenn aufgrund besonderer Umstände abzusehen ist, dass ein Räumungstitel zeitnah vorliegen und sich auch eine Räumung zeitnah durchsetzen lassen wird. Konkrete Anhaltspunkte für derartige besonderer Umstände lagen hier aber nicht vor. Demgemäß war auch hier auf einen Zeitraum von 12 Monaten und damit auf einen Betrag von 6.600,00 EUR abzustellen.
Da die Kläger mit dem Antrag zu Nr. 3. lediglich die Feststellung begehrt haben, dass die Beklagten zur Zahlung einer künftigen Nutzungsentschädigung verpflichtet sind, ist von diesem Betrag von 6.600,00 EUR ein Abschlag in einer Größenordnung von 1/5 vorzunehmen (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 3 Rn 16 Stichwort "Fest...