GKG a.F. §§ 5, 10, 49, 58 GKG n.F. §§ 5, 22 Abs. 1, 31, 66 BGB a.F. §§ 194, 202 BGB n.F. § 212
Leitsatz
- Besteht der Gerichtskostenanspruch der Landeskasse gegenüber mehreren Kostenschuldnern, so läuft die Verjährung des Kostenanspruchs gegenüber jedem einzelnen Kostenschuldner und unabhängig davon, ob die Verjährung des Kostenanspruchs gegen einen anderen Kostenschuldner gehemmt oder unterbrochen wird (§ 425 Abs. 2 BGB).
- Der Lauf der Verjährung des Kostenanspruchs der Landeskasse gegenüber einem Zweitschuldner ist zwar gehemmt im Hinblick auf die in § 58 Abs. 2 S. 1 GKG a.F. (entspricht § 31 Abs. 2 S 1 GKG n. F.) vorgesehene Sperre für seine Inanspruchnahme.
- Bleibt jedoch ein Vollstreckungsversuch gegen den Erstschuldner der Gerichtskosten erfolglos, sodass die vorgenannte Sperre wegfällt, so beginnt die Verjährung des Kostenanspruchs der Landeskasse gegenüber dem Zweitschuldner zu laufen.
OLG Naumburg, Beschl. v. 29.4.2011 – 2 W 105/10
1 Sachverhalt
Die Zweitschuldnerin leitete im Jahre 1997 einen Rechtsstreit gegen den Erstschuldner durch ein Mahnverfahren ein, der nach Übergang ins streitige Verfahren durch das Zweite Versäumnisurteil v. 4.3.1998 rechtskräftig beendet worden ist. Die Zweitschuldnerin obsiegte im Rechtsstreit.
Das LG hat die Kosten des Rechtsstreits in Höhe von 2.013,70 DM (= 1.029,59 EUR) mit Kostenrechnung vom 16.3.1998 vom Erstschuldner verlangt. Der Erstschuldner leistete am 29.6.2000 eine eidesstattliche Versicherung i.S.d. §§ 899 ff. ZPO. Am 11.9.2002 erwirkte die Landeskasse einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen einen Arbeitgeber des Erstschuldners, der jedoch nicht zur Befriedigung der Forderung führte. Am 11.7.2005 fragte die Landeskasse beim zuständigen AG wegen der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach und erfuhr, dass der Erstschuldner am 18.11.2003 erneut eine Versicherung seiner Vermögenslosigkeit an Eides Statt geleistet hatte. Nach einem mangels Zugang beim Erstschuldner erfolglosen Vollstreckungsauftrag der Landeskasse vom 12.9.2007 wurde am 19.10.2007 ein weiterer Vollstreckungsauftrag versandt; er blieb erfolglos, weil der Erstschuldner am 20.1.2007 erneut eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte. Am 9.6.2008 erwirkte die Landeskasse einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen eine Sparkasse, bei der der Erstschuldner ein Konto unterhielt; auch dieser Vollstreckungsversuch blieb erfolglos.
Am 1.12.2009 erließ das LG eine Änderungsanordnung, wonach nunmehr die Kostenbeitreibung gegen die Zweitschuldnerin veranlasst werden sollte. Am selben Tage hat das LG die Kostenrechnung über 1.029,60 EUR gegen die Zweitschuldnerin erlassen (im Folgenden: Kostenrechnung II). Die Zweitschuldnerin hat mit E-Mail vom 4.2.2010 die Einrede der Verjährung erhoben. Mit weiterem Schreiben vom 12.3.2010 hat die Zweitschuldnerin Erinnerung gegen die Kostenrechnung II erhoben und zur Begründung erneut auf den Eintritt der Verjährung verwiesen. Nach Anhörung der Bezirksrevisorin beim LG und erneuter Stellungnahme der Zweitschuldnerin hat der Einzelrichter des LG die Erinnerung der Zweitschuldnerin gegen die Kostenrechnung II als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat er sich die Auffassung der Bezirksrevisorin zu Eigen gemacht, wonach jede der o.g. Vollstreckungsversuche der Landeskasse zu einer erneuten Unterbrechung der Verjährung gegenüber der Zweitschuldnerin geführt habe, weshalb die vierjährige Verjährungsfrist des § 10 GKG a.F. zum Zeitpunkt des Zahlungsverlangens gegenüber der Zweitschuldnerin im Dezember 2009 noch nicht vollendet gewesen sei.
Die Zweitschuldnerin hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt. Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
I. Für die Erhebung der Gerichtskosten ist nach §§ 72 Nr. 1 i.V.m. 71 Abs. 1 GKG n.F. das GKG in seiner vor dem 1.7.2004 geltenden Fassung anzuwenden, weil der zugrunde liegende Rechtsstreit vor dem 1.7.2004 anhängig gemacht worden war. Ebenso gilt grundsätzlich das Verjährungsrecht in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, Art. 231 § 6 Abs. 1 EGBGB.
II. Die Beschwerde der Zweitschuldnerin ist nach § 5 Abs. 2 S. 1 GKG a.F. (ebenso § 66 Abs. 2 S. 1 GKG n. F.) zulässig. Die Beschwerde ist nach § 5 Abs. 3 S. 3 GKG a.F. nicht an eine Frist gebunden. Die Mindestbeschwer ist erheblich überschritten.
III. Die Beschwerde der Zweitschuldnerin hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung und zur Aufhebung der angegriffenen Kostenrechnung.
1. Die Gerichtskosten für das erstinstanzliche Verfahren können nicht mehr von der Zweitschuldnerin angefordert werden. Zwar sind die gesetzlichen Anforderungen nach §§ 58 Abs. 2 i.V.m. 49 GKG a.F. erfüllt. Die Zweitschuldnerin ist als diejenige Prozesspartei, die im Mahnverfahren den Erlass eines Vollstreckungsbescheides beantragt hat, gesamtschuldnerisch neben dem Erstschuldner auch Schuldnerin der Gerichtskosten. Die Sperre nach § 58 Abs. 2 S. 1 GKG a.F. ist entfallen. Für die Entscheidung im vorliegenden ...