Den Auftrag zur Abfassung und Absendung eines sog. Abschlussschreibens kann man im Einzelfall durchaus als Auftrag zu einem einfachen Schreiben nach Nr. 2302 VV ansehen, sodass sich die Geschäftsgebühr der Nr. 2300 VV auf 0,3 reduziert.
Der Auftrag für ein einfaches Schreiben ist an zwei Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft.
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Zum einen muss sich der Auftrag auf ein einziges Schreiben beschränken. Besteht ein Auftrag, auch noch ein zweites oder drittes Schreiben zu verfassen oder sonstige weitere Tätigkeiten auszuführen, ist der Auftrag für ein Schreiben bereits überschritten, sodass die Ermäßigung nach Nr. 2302 VV nicht greift. |
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Darüber hinaus muss das Schreiben, das verfasst werden soll, ein einfaches sein. Der Auftrag darf also nicht noch weitere umfangreiche juristische oder tatsächliche Arbeiten erfordern. |
Je nach Einzelfall kann der Auftrag für ein sog. Abschlussschreiben als einfaches Schreiben verstanden werden, da der Anwalt sich in diesem Fall nicht mehr juristisch mit dem Fall auseinandersetzen soll, nachdem die Beschluss- oder Urteilsverfügung erlassen ist und sich seine Tätigkeit in der Abfassung und Absendung dieses Schreibens erschöpft.
Vielfach wird allerdings nicht beachtet, dass für eine gesonderte Abrechnung des Abschlussschreibens kein Raum ist, nämlich dann, wenn bereits zuvor eine Abmahnung ausgesprochen worden ist.
Die "klassische Reihenfolge" ist folgende:
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Außergerichtliche Abmahnung |
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Einstweilige Verfügung |
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Abschlussschreiben |
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Hauptsacheprozess |
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Die Abmahnung betrifft den Anspruch in der Hauptsache, der außergerichtlich durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung durchgesetzt werden soll. Die strafbewehrte Unterlassungserklärung, die außergerichtlich verlangt wird, dient nicht lediglich einem vorläufigen Rechtsschutz, sondern der endgültigen Ausräumung der Wiederholungsgefahr. |
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Die einstweilige Verfügung dagegen betrifft lediglich den vorläufigen Regelungs- und Sicherungsanspruch. Sie hat also einen anderen Gegenstand als die Abmahnung. |
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Das Abschlussschreiben wiederum dient der Durchsetzung des Hauptsacheanspruchs, ebenso wie die Abmahnung, nicht der Durchsetzung des Sicherungs- oder Regelungsanspruchs. War der Anwalt daher bereits zuvor mit der Abmahnung beauftragt, löst das Abschlussschreiben keine neue selbstständige Angelegenheit aus, sondern zählt vielmehr noch zur außergerichtlichen Vertretung hinsichtlich des Hauptsacheanspruchs. Das Abschlussschreiben kann in diesem Fall nicht gesondert abgerechnet werden, sondern kann allenfalls zur Anhebung des Gebührensatzes im Rahmen des § 14 Abs. 1 RVG führen. |
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Kommt es hiernach zum Hauptsacheverfahren, so ist die Geschäftsgebühr, die für die Abmahnung oder/und das Abschlussschreiben angefallen ist, hälftig auf die Verfahrensgebühr des Hauptsacheverfahrens anzurechnen. |
Entgegen der gängigen Praxis ist die Geschäftsgebühr für die Abmahnung nicht auf die Verfahrensgebühr des einstweiligen Verfügungsverfahrens anzurechnen, da in diesem Falle zwei verschiedene Gegenstände zugrunde liegen, was eine Anrechnung gerade ausschließt.
Zu beachten ist, dass aus dem Wert der Eilsache ebenfalls eine Geschäftsgebühr neben der Geschäftsgebühr aus der Hauptsache (Abmahnung) entstehen kann. Diese Geschäftsgebühr wäre dann konsequenterweise auf die Verfahrensgebühr des einstweiligen Verfügungsverfahrens anzurechnen.
Leider wird hier in der Praxis nicht genügend differenziert.
Anschaulich lässt sich dies an folgendem Ablaufdiagramm darstellen.
Norbert Schneider