BRAO § 49b Abs. 4 BGB §§ 409, 410 RVG § 55
Leitsatz
Zur Erstattung einer Pflichtverteidigervergütungsforderung an eine Verrechnungsstelle ist es erforderlich, dass der Mandant ausdrücklich der Abtretung der unmittelbaren Forderung des Rechtsanwalts aus einem Pflichtverteidigungsverhältnis gegen die Staatskasse zugestimmt hat. Die Zustimmung zur Abtretung der im originären Mandatsverhältnis entstandenen Vergütungsforderung reicht nicht aus.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.3.2009 – III-1 Ws 92/09
1 Sachverhalt
In dem Verfahren 11 KLs 28/07 ist Rechtsanwalt Dr. … als Pflichtverteidiger für den Angeklagten bestellt worden. Die Antragstellerin macht vorliegend die dem Pflichtverteidiger gegen die Staatskasse zustehenden Vergütungsansprüche geltend. Sie trägt dazu vor, dass der Pflichtverteidiger diese Ansprüche mit Zustimmung des Angeklagten an die GmbH abgetreten habe. Als Beleg für die Zustimmung des Angeklagten wird eine von diesem unterschriebene Erklärung (ohne Datum) in Ablichtung zu den Gerichtsakten gereicht. Der Angeklagte soll die Unterschrift am 7.1.2008 geleistet haben. Inhaltlich lautet die Erklärung auszugsweise wie folgt.
"… 3. Ich wurde darüber aufgeklärt, dass die … die Leistungen meines Rechtsanwalts mir gegenüber durch die … in Rechnung stellen und für eigene Rechnung einziehen wird. Ich erkläre mich ausdrücklich einverstanden mit der Abtretung der sich aus dem Mandat ergebenden Forderungen an die … Haben Dritte die sich aus dem Mandat ergebende Forderung meines Anwalts auszugleichen, weise ich diese unwiderruflich an, die zu zahlenden Beträge schuldbefreiend ausschließlich an … zu zahlen. Zudem trete ich, soweit zulässig, Kostenerstattungsansprüche gegen diese an die … ab, sofern mein Anwalt diese Ansprüche über … abrechnet …"
Das LG hat (durch die Rechtspflegerin) den Antrag auf Erstattung der Pflichtverteidigergebühren und Auslagen zurückgewiesen. Mit Beschl. v. 14.11.2008 hat die 11. Strafkammer des LG auch die (als Erinnerung auszulegende) Beschwerde der Antragstellerin gegen die Entscheidung vom 5.9.2008 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der Beschwerde.
2 Aus den Gründen
Das Rechtsmittel der Antragstellerin bleibt ohne Erfolg.
1. Der Senat hat gem. §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 8 S. 1 RVG in voller Besetzung zu entscheiden, da auch die Kammer in der Besetzung mit drei Richtern entschieden hat.
2. Die Beschwerde ist unbegründet, da die von der Antragstellerin geltend gemachten Vergütungsansprüche des Pflichtverteidigers gegen die Staatskasse nicht wirksam an die GmbH abgetreten worden sind.
Nach § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO ist die Abtretung von Vergütungsansprüchen (neben den anderen in § 49b Abs. 4 BRAO genannten, hier nicht in Betracht kommenden Fällen) nur zulässig, wenn eine ausdrückliche schriftliche Einwilligung des Mandanten vorliegt. § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO findet dabei auch auf die Vergütungsansprüche des Pflichtverteidigers gegen die Staatskasse Anwendung. Die Vorschrift stellt nämlich allein auf die "Vergütungsforderung" des Anwalts ab und regelt die Frage der Abtretung ohne Differenzierung danach, wer die Vergütung im Einzelfall schuldet, ob diese sich also gegen den Mandanten oder gegen die Staatskasse richtet (vgl. OLG Düsseldorf AGS 2008, 605).
Vorliegend hat der Angeklagte – wie das LG in der angefochtenen Entscheidung zutreffend dargelegt hat – in die Abtretung der Ansprüche seines Pflichtverteidigers gegen die Staatskasse nicht ausdrücklich schriftlich eingewilligt. In der schriftlichen Erklärung, die er am 7.1. 2008 unterzeichnet haben soll, ist eine solche Einwilligung nicht zu sehen. Es handelt sich bei dieser Erklärung ersichtlich nur um eine Einwilligung in die Abtretung der Ansprüche, die dem Verteidiger gegen den Angeklagten aus dem Mandatsverhältnis zustehen. Eine ausdrückliche Einwilligung in die Abtretung der Vergütungsansprüche des Pflichtverteidigers gegen die Staatskasse, die selbstständig neben den Ansprüchen gegen den Mandanten gegeben sind (vgl. Burhoff-Volpert, RVG, 2. Aufl., § 52 Rn 15; Hartung/Römermann/Schons, Praxiskommentar zum RVG, § 52 Rn 14), ist in der schriftlichen Erklärung nicht enthalten.