RVG VV Vorbem 5 Abs. 4, Nrn. 3100, 3500 OWiG §§ 108, 62

Leitsatz

Stellt der Anwalt gegen einen Kostenfestsetzungsbescheid der Verwaltungsbehörde Antrag auf gerichtliche Entscheidung, so erhält er hierfür gem. Vorbem. 5 Abs. 4 VV eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV und nicht lediglich eine 0,5-Gebühr nach Nr. 3500 VV.

AG Gießen, Beschl. v. 5.3.2012 – 5613 OWi 166/11

1 Sachverhalt

Der Anwalt hatte den Betroffenen im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde verteidigt. Das Verfahren wurde auf Kosten der Verwaltungsbehörde eingestellt. Gegen den nachfolgenden Kostenfestsetzungsbescheid der Behörde stellte der Anwalt gem. §§ 108, 62 OWiG Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Das AG gab dem Antrag statt und legte die Kosten des Verfahrens über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung der Behörde auf. Der Anwalt beantragte sodann die Festsetzung einer 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV aus dem Wert des Antrags. Die Behörde war dagegen der Auffassung, es sei lediglich eine 0,5-Gebühr nach Nr. 3500 VV angefallen, und setzte entsprechend fest.

Der hiergegen gestellte erneute Antrag auf gerichtliche Entscheidung hatte Erfolg.

2 Aus den Gründen

Über die bereits anerkannten 17,85 EUR hinaus war ein Betrag von weiteren 28,56 EUR festzusetzen, denn als Rechtsanwaltsgebühren, Pauschale für Post- und Telekommunikation und Mehrwertsteuer für das Verfahren auf gerichtliche Entscheidung vor dem AG kann ein Gesamtbetrag von 46,41 EUR geltend gemacht werden, wie im Schriftsatz des Verteidigers beantragt.

Die Verfahrensgebühr entsteht nach Vorbem. 5 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. Teil 3 Abschnitt 1, Nr. 3100 VV mit einem Gebührensatz von 1,3 und nicht, wie die Verwaltungsbehörde meint, nach Teil 3 Abschnitt 5, Nr. 3500 VV mit 0,5.

Die Vorbem. 5 VV bestimmt in Abs. 4 Nr. 1, dass für die dort aufgeführten Tätigkeiten Gebühren nach den Vorschriften des Teil 3 VV entstehen und unterscheidet nach Erinnerung, Beschwerde und gerichtlicher Entscheidung. Nach Vorbem. 3.1 Abs. 1 VV entsteht in allen Verfahren, für die in den folgenden Abschnitten dieses Teils keine Gebühren bestimmt sind, die Gebühr nach Abschnitt 1 – Erster Rechtszug.

Teil 3 Abschnitt 5 VV erfasst nach seinem Wortlaut lediglich Beschwerde, Nichtzulassungsbeschwerde und Erinnerung, nicht aber den Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Es verbleibt danach bei der Gebühr nach Nr. 3100 VV mit einem Gebührensatz von 1,3.

Die Vorschrift der Nr. 3500 VV dient nach seinem Regelungszweck in einem Aufgabenbereich eine angemessenen Vergütung für eine solche Tätigkeit, die sich mit einer immerhin schon entstandenen gerichtlichen Entscheidung auseinandersetzen muss, ob verteidigend oder bekämpfend (Hartmann, KostG, 39. Aufl., Rn 2 zu Nr. 3500 VV). Der gerichtlichen Entscheidung geht aber kein erstinstanzliches Verfahren voraus, sondern sie ergeht als Verfahren im ersten Rechtszug, wofür Nr. 3100 VV einen Gebührensatz von 1,3 vorsieht (siehe auch in Notarsachen BGH, Beschl. v. 7.10.2010 – V ZB 147/09 [= AGS 2010, 594] zur Abgrenzung von Beschwerdeverfahren und Antrag auf gerichtliche Entscheidung, wobei der Notar die Stelle der ersten Instanz einnehme).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt und Notar a.D. Peter König, Grünberg

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