ZPO § 91 Abs. 1, 2; RVG VV Nr. 3403

Leitsatz

Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BGH sind die Kosten eines beim BGH nicht zugelassenen Rechtsanwalts nur dann erstattungsfähig, wenn es nicht mehr zur Bestellung eines BGH-Anwalts kommt.

BGH, Beschl. v. 10.7.2012 – VI ZB 7/12

1 Sachverhalt

Das OLG hatte die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Dagegen hatten die Beklagten Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, die dem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt wurde. Später hat der Kläger für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren BGH-Anwälte mit seiner Vertretung beauftragt, die Zurückweisung beantragt und diesen Antrag auch begründet hatten. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH zurückgewiesen und den Beklagten die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt. Mit seinem Kostenfestsetzungsantrag hat der Kläger neben der Vergütung der BGH-Anwälte auch eine Vergütung in Höhe einer 0,8-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3403 VV für die Tätigkeit seiner zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten nach Eingang der Nichtzulassungsbeschwerde angemeldet. Diese weiteren Kosten hat der Kläger damit begründet, er habe nach Abschluss des zweitinstanzlichen Verfahrens einer anwaltlichen Beratung darüber bedurft, ob die gegnerische Nichtzulassungsbeschwerde Aussicht auf Erfolg biete und wie weiter verfahren werden solle. Der Rechtspfleger des LG hatte diese Kosten abgesetzt. Auf die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde hat das OLG den Beschluss des LG abgeändert und die weiteren Kosten antragsgemäß festgesetzt (abgedr. in AGS 2012, 250). Die dagegen erhobene zugelassene Rechtsbeschwerde hatte Erfolg.

2 Aus den Gründen

1. Bei der Beurteilung der Frage, in welchem Umfang der obsiegenden Partei vom Prozessgegner Kosten zu erstatten sind, ist zwischen dem Innenverhältnis des Auftraggebers zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis zum Prozessgegner zu unterscheiden.

a) Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch ist grundsätzlich, dass der Auftraggeber im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist. Ist der Rechtsanwalt aufgrund eines Anwaltsvertrages für die Partei tätig geworden, richtet sich die nach den Vorschriften des RVG zu entrichtende Vergütung nach dem Inhalt des dem Rechtsanwalt erteilten Auftrags und dem Umfang der von ihm erbrachten Tätigkeit. Eine Verfahrensgebühr gem. Nr. 3403 VV kann der Auftraggeber schulden, wenn er dem Rechtsanwalt, der nicht zum Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigten bestellt ist, einen Auftrag für sonstige Einzeltätigkeiten erteilt (vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., Nr. 3403 Rn 9). Da die erst- und zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht als Verfahrensbevollmächtigte beauftragt worden sind, können sie, sofern ihnen ein Auftrag für eine Einzeltätigkeit in diesem Verfahren erteilt worden ist, gegebenenfalls eine Vergütung gem. Nr. 3403 beanspruchen (vgl. BGH, Beschl. v. 4.5.2006 – III ZB 120/05, NJW 2006, 2266 [= AGS 2006, 491] u. v. 1.2.2007 – V ZB 110/06, NJW 2007, 1461 [= AGS 2007, 298]). Diese Vergütungsvorschrift erfasst jede Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren, es sei denn, es greifen andere Bestimmungen des Vergütungsverzeichnisses ein (Müller-Rabe, a.a.O., Rn 33). Es handelt sich um eine Auffangregelung für Einzeltätigkeiten (Teubel, in: Mayer/Kroiß, RVG, 5. Aufl., Nr. 3403 VV Rn 1; Hartmann, KostG, 42. Aufl., RVG, VV 3403 Rn 1).

b) Nach Nr. 3403 VV können insbesondere die Anfertigung, die Einreichung und die Unterzeichnung von Schriftsätzen sowie die Wahrnehmung von Terminen zu vergüten sein (Müller-Rabe, a.a.O. Rn 33 ff.). Im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren kann eine Vergütung nach dieser Vorschrift anfallen, wenn ein beim BGH nicht zugelassener Rechtsanwalt mit einer Einzeltätigkeit beauftragt wird. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn er den Auftrag erhält, "alles zu tun, um die Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde sofort zu erreichen" (vgl. BGH, Beschl. v. 4.5.2006 – III ZB 120/05, a.a.O. Rn 6), oder wenn er seinen Mandanten darüber berät, ob dieser sich der von Seiten des Rechtsbeschwerdegegners erklärten Erledigung der Hauptsache anschließen solle (vgl. BGH, Beschl. v. 1.2.2007 – V ZB 110/06, a.a.O.). Für die bloße Entgegennahme der Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und ihre Mitteilung an den Auftraggeber erhält der zweitinstanzliche Rechtsanwalt dagegen keine Vergütung nach Nr. 3403 VV, denn diese Tätigkeiten gehören nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG zum Berufungsverfahren und werden durch die dort anfallende Verfahrensgebühr gem. Nr. 3200 VV abgegolten. Gleiches gilt im Revisionsverfahren, wenn der Berufungsanwalt von dem gegnerischen Revisionsanwalt gebeten wird, mit der eigenen Bestellung eines Revisionsanwaltes abzuwarten, und der Berufungsanwalt diese Bitte seinem Auftraggeber übermittelt (KG MDR 1979, 319) oder wenn der zweitinstanzliche Anwalt, dem die Revisionsschrift der Gegenseite zugestellt worden ist, prüft, ob das Rechtsmittel fris...

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