ZPO § 4
Leitsatz
Werden mit einem Rechtsmittel selbstständig Zinsforderungen geltend gemacht, so sind diese nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, wenn und soweit die dazugehörige Hauptforderung Gegenstand eines Rechtsmittels des Prozessgegners ist.
BGH, Beschl. v. 4.9.2013 – III ZR 191/12
1 Aus den Gründen
Bei der Bemessung des Streitwerts hat der Senat den Wert der Beschwerde der Klägerin auf bis zu 800.000,00 EUR, den der Beschwerde der Beklagten auf bis zu 3,8 Mio. EUR veranschlagt.
Insoweit hat der Senat berücksichtigt, dass die von der Klägerin erhobenen Zinsforderungen im Rahmen ihrer eigenen Beschwerde nicht als Nebenforderung (§ 4 ZPO) geltend gemacht worden sind, weil die Klägerin insoweit keine Hauptforderung (mehr) verfolgt hat, sodass die Zinsforderungen als werterhöhend anzurechnen gewesen sind (s. nur Senat, Urt. v. 25.6.1981 – III ZR 96/80, WM 1981, 1091, 1092; vgl. auch BGH, Beschl. v. 4.12.2007 – VI ZB 73/06, NJW 2008, 999 [= AGS 2008, 187] u. v. 4.4.2012 – IV ZB 19/11, VersR 2012, 881 [= AGS 2012, 297]). Im Hinblick darauf, dass die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten die vom Berufungsgericht zugesprochene Hauptforderung über 3.706.578,98 EUR angegriffen und somit zum Gegenstand des weitergehenden Rechtsstreits gemacht hat, ist jedoch der darauf entfallende Teil der Zinsforderungen der Klägerin wieder abzuziehen. Denn insoweit sind die Zinsforderungen der Klägerin (wieder) zur Nebenforderung (§ 4 ZPO) geworden und somit für den Streitwert nicht mehr zu berücksichtigen (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 10.8.2006 – 7 UF 850/05, BeckRS 2006, 10310 unter II 5 a.E. [= AGS 2007, 260]; s. auch Musielak/Heinrich, ZPO, 10. Aufl., § 4 Rn 17; PG/Gehle, ZPO, 5. Aufl., § 4 Rn 13).
2 Anmerkung
Das Problem liegt an einer anderen Stelle. Die Zinsen sind nicht Nebenforderung, da sie Gegenstand einer eigenen Berufung sind.
Die Lösung liegt in einer analogen Anwendung des § 45 Abs. 2 GKG.
§ 45 Klage und Widerklage, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung
(1) 1In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. 2Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. 3Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Abs. 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.
Die Werte der beiden Berufungen dürfen in entsprechender Anwendung des § 45 Abs. 2 GKG nicht addiert werden. Die Werte wechselseitiger Rechtsmittel sind auch dann nicht zu addieren, wenn für die Gegenstände, die den wechselseitigen Rechtsmitteln zugrunde liegen, ein Additionsverbot – wie hier nach § 43 Abs. 1 GKG – besteht.
Norbert Schneider
AGS 10/2013, S. 467