FamGKG §§ 43 Abs. 1, 50 Abs. 1 S. 1 VersAusglG §§ 2 Abs. 1, 3
Leitsatz
- Bei der Festsetzung des Verfahrenswerts in Ehesachen sind vom gemeinsamen Nettovermögen der Ehegatten Freibeträge von 15.000,00 EUR je Ehegatte und von 7.500,00 EUR je Kind abzusetzen.
- Für die Festsetzung des Verfahrenswerts für den Versorgungsausgleich ist gem. § 2 Abs. 1 VersAusglG ein Anrecht jedenfalls dann nicht zu berücksichtigen, wenn die eingeholte Auskunft eindeutig – das heißt ohne Notwendigkeit eingehender Prüfung – ergibt, dass es sich überhaupt nicht um ein Anrecht handelt, das nach seiner Art im Versorgungsausgleich ausgeglichen werden könnte, oder während der Ehezeit keine Anrechte erworben worden sind. Demgegenüber liegt nach der Definition in § 2 Abs. 3 VersAusglG eine Anwartschaft auch dann vor, wenn am Ende der Ehezeit eine für das Anrecht maßgebliche Wartezeit, Mindestbeschäftigungszeit, Mindestversicherungszeit oder ähnliche zeitliche Voraussetzung noch nicht erfüllt ist.
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.9.2013 – 5 WF 66/13
1 Sachverhalt
Das Rechtsmittel richtet sich auf die zutreffende Berechnung des Verfahrenswerts eines Ehescheidungsverfahrens.
Die beteiligten Eheleute verfügten bei Einreichung des Scheidungsantrags über ein gemeinsames monatliches Nettoeinkommen von 4.500,00 EUR (3.500,00 und 1.000,00 EUR), hinzu kam Kindergeld für die beiden 1993 und 1997 geborenen Kinder. Das gemeinsame Nettovermögen betrug 500.000,00 EUR.
Die im Rahmen des Versorgungsausgleichsverfahrens eingeholten Auskünfte ergaben das Bestehen von insgesamt fünf unverfallbaren Anrechten. Nach einer weiteren eingeholten Auskunft bei der Deutschen Rentenversicherung des Ehemannes hatte dieser dort nur Rentenanwartschaften vor der Ehezeit erworben. Außerdem teilte die VBL für die Ehefrau mit, dass zwar während der Ehezeit Anwartschaften erworben worden seien, die erforderliche Wartezeit von 60 Beitragsmonaten aber nicht erfüllt sei. Im Scheidungsverbundbeschluss wurden daher nur die erstgenannten fünf Anrechte ausgeglichen.
Mit Beschluss hat das FamG den Verfahrenswert auf 14.500,00 EUR für die Ehesache und auf 6.250,00 EUR den Versorgungsausgleich festgesetzt. Dabei ist das FamG für die Ehesache offenbar von 3 x 4.500,00 EUR Einkommen und 1.000,00 EUR Vermögenszuschlag sowie von fünf Anrechten x (10 % von 13.500,00 EUR) = 6.750,00 EUR ausgegangen.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers. Damit wurde zunächst eine Festsetzung für die Ehesache auf 38.000,00 EUR begehrt (5 % des Vermögens von 500.000,00 EUR abzüglich zwei Freibeträge für Ehegatten von je 15.000.00 EUR) sowie hinsichtlich des Versorgungsausgleichs von sieben Anrechten. Insgesamt wurde also offenbar eine Festsetzung von 47.450,00 EUR begehrt.
Das FamG hat der Beschwerde teilweise abgeholfen und den Verfahrenswert auf insgesamt 34.000,00 EUR festgesetzt. Darin enthalten sind für die Ehesache 28.000,00 EUR, wobei auf das Einkommen 12.000,00 EUR entfallen (4.500,00 EUR Einkommen abzüglich zwei Freibeträge für die Kinder von je 250,00 EUR) sowie 16.000,00 EUR für das Vermögen (5 % von 500.000,00 EUR abzüglich zwei Freibeträge für Ehegatten von je 60.000,00 EUR und zwei Freibeträge für Kinder von je 30.000,00 EUR). Für den Versorgungsausgleich wurden weiterhin lediglich fünf Anrechte berücksichtigt.
Der Antragstellervertreter begehrt nunmehr eine Festsetzung auf insgesamt 45.108,00 EUR. Dabei werden im Rahmen des Einkommens zusätzlich das Kindergeld berechnet, die Kinderfreibeträge abgezogen und im Rahmen des Vermögens zusätzlich zwei Freibeträge für Kinder von je 7.500,00 EUR abgezogen.
Die Beschwerde hatte teilweise Erfolg.
2 Aus den Gründen
Zutreffend hat der Antragstellervertreter den Wert der Ehesache mit insgesamt 35.902,00 EUR berechnet.
Gem. § 43 Abs. 1 FamGKG bestimmt sich der Verfahrenswert in Ehesachen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten nach dem Ermessen des Gerichts.
a) Bei den Einkommensverhältnissen ist nach std. Rspr. auszugehen von den beiderseitigen Nettoeinkünften zuzüglich des Kindergeldes (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.4.2008 – 2 WF 40/08; OLG Hamm, Beschl. v. 10.1.2012 – 5 WF 173/11 m.w.N.; vgl. auch die Übersicht in Schneider/Herget/Thiel, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn 7169a "Kindergeld") abzüglich pauschaler Aufwendungen für die Kinder von je 250,00 EUR (OLG Karlsruhe a.a.O.; OLG Hamm a.a.O., allerdings mit 300,00 EUR; vgl. auch die Übersicht in Schneider/Herget/Thiel, a.a.O., Rn 7180a). Daraus errechnen sich 13.152,00 EUR.
b) Für die Vermögensverhältnisse ist ein gemeinsames Nettovermögen von 500.000,00 EUR unstreitig. Die abzusetzenden Freibeträge belaufen sich nach std. Rspr. der Karlsruher und Freiburger Familiensenate auf je 15.000,00 EUR für die Ehegatten und je 7.500,00 EUR für die Kinder (vgl. etwa FamRZ 2008, 2050, 2051; 1999, 1288).
Zwar wird teilweise vertreten, dass ein Freibetrag von 60.000,00 EUR je Ehegatte anzunehmen ist (vgl...