Letztlich regelt Teil 4 Abschnitt 2 VV dann die eigentlichen Gebührenoptionen in der Strafvollstreckung. Aufgebaut sind die Vorschriften in gleicher Art wie die Gebühren für das vorbereitende und das Hauptverfahren. Es findet sich je ein "Haupttatbestand", der dann durch einen Erhöhungstatbestand ergänzt wird.
a) Verfahrensgebühr (Nr. 4200 VV)
Nach Nr. 4200 VV erhält der Verteidiger eine Verfahrensgebühr für ein Verfahren über die Erledigung oder Aussetzung der Maßregel der Unterbringung, für die Aussetzung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe oder einer lebenslangen Freiheitsstrafe oder für den Widerruf einer Strafaussetzung zur Bewährung oder den Widerruf der Aussetzung einer Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung zwischen 60,00 und 670,00 EUR (bis 31.7.2013: 50,00 bis 560,00 EUR). Die Gebühr ist als Betragsrahmengebühr ausgestaltet. Bei einem durchschnittlichen Verfahren wird daher von einer Mittelgebühr auszugehen sein, die mit 365,00 EUR zu beziffern ist (bis 31.7.2013: 305,00 EUR) Der beigeordnete Anwalt erhält 292,00 EUR (bis 31.7.2013: 244,00 EUR). Voraussetzung für den Anfall der Gebühr ist, dass der Rechtsanwalt auch wirklich als Verteidiger vollumfänglich bestellt ist. Ist er nicht in Eigenschaft eines Verteidigers tätig, sondern nur mit Einzelauftrag, kommt eine Vergütung nur nach Nr. 4301 Nr. 6 VV in Betracht. Weiter enthält die Regelung drei Anwendungsoptionen. Sie kommt danach in Frage, wenn eine Entscheidung über die Erledigung oder die Aussetzung einer Maßregel ansteht. Gemeint sind hier nur die abschließend aufgeführten Maßregeln der Besserung und Sicherung in Form der Sicherungsverwahrung sowie der Unterbringungen nach § 63 StGB und § 64 StGB. Im Jugendstrafrecht sind nur die Unterbringungen in einer Psychiatrie oder einer Entziehungsanstalt als freiheitsentziehende Maßnahmen zulässig (§ 7 JGG). Bei der Unterbringung gelten die Vorschriften des StGB auch für das Jugendverfahren. Die Gebühren entstehen damit sowohl für die Verfahren über die Erledigung dieser Maßregeln sowie für die Frage der Aussetzung der Maßregeln. Das Gericht kann nach § 67e StGB jederzeit prüfen, ob die weitere Vollstreckung einer Unterbringung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist. Es muss dies vor Ablauf bestimmter Fristen prüfen. Die Fristen betragen längstens (siehe § 67e Abs. 3 StGB, wo nur eine Verkürzung zugelassen wird) bei der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sechs Monate, in einem psychiatrischen Krankenhaus ein Jahr, in der Sicherungsverwahrung ein Jahr, nach dem Vollzug von zehn Jahren der Unterbringung neun Monate. Die Gebühren können daher in der Strafvollstreckung mehrfach anfallen. In der Regel werden im Maßregelverfahren mehrere solcher Termine stattfinden, da die wenigsten Untergebrachten binnen der genannten Fristen geheilt sein werden. Hinsichtlich der anwaltlichen Beiordnung resultiert hieraus ein in der Praxis differenziert beantwortetes Problem. Es stellt sich die Frage, ob im Rahmen der genannten Überprüfungsfristen eine Beiordnung stets für jedes einzelne Überprüfungsverfahren erfolgen muss oder ob eine einmal getroffene Beiordnung maßgebend ist. Eine Ansicht sieht es als ausreichend an, wenn einmal eine Beiordnung erfolgt ist. Eine andere Ansicht fordert stets eine neue Beiordnung. Der letzteren Meinung ist m.E. der Vorzug zu geben. Da es sich jeweils um eigenständige Überprüfungsverfahren handelt, für die neuerlich Gebühren anfallen, ist auch stets neu die Notwendigkeit der anwaltlichen Beiordnung zu prüfen.
Hinweis
Der Verteidiger im Strafvollstreckungsverfahren sollte, um sicherzugehen und nicht nach "getaner Arbeit" leer auszugehen, bei einer notwendigen Verteidigung stets vorab klären, welcher Ansicht das Gericht diesbezüglich folgt. Im Zweifelsfalle empfiehlt es sich, um Gebührenausfälle zu vermeiden stets einen erneuten Beiordnungsantrag zu stellen. Der Vollständigkeit halber anzumerken ist, dass eine evtl. Pflichtverteidigerbestellung aus dem Strafverfahren nicht fortwirkt.
Durch die abschließende Aufzählung in Nr. 4200 Nr. 1 VV ist klargestellt, dass es nur auf die dort genannten Maßregeln ankommt. Andere Maßregeln sind von dieser Gebührenvorschrift nicht umfasst. Tätigkeiten wie etwa im Rahmen einer verhängten Fahrerlaubnissperre werden hierüber nicht erfasst (sondern über Nrn. 4204, 4205 VV). Auch wenn vom Prinzip her der Aussetzung einer Strafe im Rahmen der Bestimmungen nach §§ 35 ff. BtMG der gleiche Verantwortungsgehalt zukommt, finden die Gebührenvorschriften des Nr. 4200 VV keine Anwendung. Dies ist unbefriedigend. Auch hier erfolgt die Abrechnung des Anwaltes über Nr. 4204, 4205 VV.
Daneben regelt Nr. 4200 VV die Gebühren für ein Verfahren über die Aussetzung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe oder einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Gemeint sind damit also die Entscheidungen vor der StVK im Rahmen einer bedingten Entlassung oder des Jugendrichters im Rahmen des § 88 JGG...