RVG a.F. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 ZPO §§ 36 ff.
Leitsatz
- Wird der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts zurückgenommen, so stellt dieses Verfahren gegenüber dem Hauptsacheverfahren eine eigene selbstständige Gebührenangelegenheit dar.
- Die Kosten des Zuständigkeitsbestimmungsverfahrens sind in diesem Fall dem Antragsteller aufzuerlegen.
- Der Gegenstandswert ist grundsätzlich mit 20 % der Hauptsache anzusetzen.
OLG Hamm, Beschl. v. 12.6.2013 – I-32 Sbd 7/11
1 Sachverhalt
Der Antragsteller hatte für ein Hauptsacheverfahren (Wert 38.348,35 EUR) zunächst nach § 37 ZPO einen Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts gestellt. Diesen Antrag hatte er dann später zurückgenommen. Der Antragsgegner beantragte daraufhin, dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen und den Gegenstandswert des Verfahrens festzusetzen. Das Gericht hat durch gesonderte Kostenentscheidung dem Antragsteller die Kosten des Zuständigkeitsbestimmungsverfahrens auferlegt und den Gegenstandswert auf 7.699,97 EUR festgesetzt.
2 Aus den Gründen
Nachdem der Antragsteller seinen Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts zurückgenommen hatte, waren ihm auf Antrag die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Zwar gilt das Verfahren nach § 37 ZPO, das mit der Bestimmung des zuständigen Gerichts endet, als Teil des Hauptsacheverfahrens, sodass auch die Kosten des Bestimmungsverfahrens Kosten der Hauptsache sind, die entsprechend der Kostenentscheidung in der Hauptsache zu erstatten sind. Dies gilt jedoch nicht im Falle der Ablehnung oder der Zurücknahme des Bestimmungsantrags. In diesen Fällen kann ein etwaiges gegen die Antragsgegner gerichtetes Klageverfahren nicht als Hauptsache zu dem ohne Bestimmung des zuständigen Gerichts abgeschlossenen Verfahren nach § 37 ZPO angesehen werden. Dabei ist unerheblich, ob im Streitfall tatsächlich Gebühren oder Auslagen angefallen sind. (BGH NJW-RR 1987, 757; Vollkommer in: Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 37 Rn 3a m.w.Nachw.).
Bei der Wertfestsetzung ist der Senat davon ausgegangen, dass in der vorliegenden spezifischen Konstellation der Antragsrücknahme gerade kein prozessualer Zusammenhang mit der späteren Hauptsache entsteht und das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren nicht zum Rechtszug i.S.d. § 19 Abs. 1 S. 2 RVG zählt. Dann kann aber der Wert der Angelegenheit konsequenterweise nicht mit dem der Hauptsache gleichgesetzt, sondern allenfalls mit einem prozentualen Bruchteil bemessen werden (vgl. BayOblG NJW-RR 2000, 141).
Grundlegend für den ursprünglichen Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung war das Kosteninteresse des Antragstellers, keine isolierten Verfahren gegen die Antragsgegner führen zu müssen. Ausgehend hiervon erscheint für die Wertfestsetzung ein geschätzter Ansatz von 20 % der Hauptsache angemessen. Dies entspricht hier 7.699,97 EUR.
3 Anmerkung
Ausgehend von der bis zum 31.7.2013 geltenden Rechtslage ist die Entscheidung zutreffend.
Nach der bisherigen Fassung des RVG war strittig, unter welchen Voraussetzungen ein Gerichtsstandsbestimmungsverfahren mit zur Hauptsache zählte und wann es eine gesonderte Vergütung auslöste.
Unstrittig war nur der Fall, dass es im Gerichtsstandsbestimmungsverfahren auch zur Bestimmung eines Gerichts gekommen ist und dann vor diesem Gericht das Verfahren eingeleitet bzw. fortgesetzt wurde.
In diesem Fall galt unstrittig § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 RVG a.F., wonach das Gerichtsstandsbestimmungsverfahren zum Rechtszug gehörte und weder eine gesonderte Angelegenheit noch gesonderte Gebühren ausgelöst wurden.
Wurde dagegen der Antrag auf Bestimmung als unzulässig verworfen, als unbegründet zurückgewiesen oder zurückgenommen, bevor das Gericht eine Bestimmung hat treffen können, so war die Rechtslage strittig. Ausgangspunkt war die Entscheidung des BGH, wonach ein erfolgloses Verfahren eine gesonderte Angelegenheit darstellte und eine gesonderte Vergütung auslöste. Dabei wurden verschiedene Konstellationen unterschiedlich beurteilt.
Nach einer Auffassung war in diesen Fällen immer von einer gesonderten Angelegenheit auszugehen und zwar auch dann, wenn das Bestimmungsverfahren während des bereits anhängigen Hauptsacheverfahrens eingeleitet worden war.
Nach a.A. war ein erfolgloses Bestimmungsverfahren nur dann eine gesonderte Angelegenheit, wenn es vor Anhängigkeit der Hauptsache durchgeführt, nicht aber, wenn es erst nach deren Anhängigkeit eingeleitet worden war.
Nach einer weiteren Auffassung stellte dagegen auch ein erfolgloses Verfahren keine gesonderte Angelegenheit dar.
Soweit die Rspr. von einer gesonderten Angelegenheit ausging, sah sie die Tätigkeit des Anwalts als Einzeltätigkeit an, die mit einer 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3403 VV zu vergüten war. Lediglich das OLG Karlsruhe ging von einer 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV aus.
Mit dem neuen § 16 Nr. 3a RVG wird jetzt klargestellt, dass ein Gerichtsstandsbestimmungsverfahren immer zum Rechtszug zählt und keine gesonderte Vergütung auslöst, unabhängig davon, ob es zur Bestimmung gekommen ist oder nicht.
§ 16 Dieselbe Angelegenheit