BGB § 249 VVG § 117 Abs. 1
Leitsatz
Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten für eine Schadensregulierung aus einem Verkehrsunfall ist bei teilweiser Leistungsfreiheit des Versicherers und Ausübung des Verweisungsprivilegs nach Beauftragung des Rechtsanwalts nicht um den Betrag zu kürzen, in dessen Höhe der Versicherer leistungsfrei ist.
OLG Saarbrücken, Urt. v. 4.4.2013 – 4 U 31/12
1 Sachverhalt
Der Beklagte zu 1) hatte unter Alkoholeinfluss einen Schaden am Fahrzeug des Klägers in Höhe von 10.935,27 EUR verursacht. Der Kläger hat die für seinen Pkw im Unfallzeitpunkt bei der bestehende Vollkaskoversicherung nicht in Anspruch genommen, sondern den Beklagten zu 1) und dessen Haftpflichtversicherer, die Beklagte zu 2) vor dem LG auf Schadensersatz verklagt. Zusätzlich hat der die ihm vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten (Geschäftsgebühr nebst Auslagen und Umsatzsteuer aus dem Gegenstandswert von 10.935,27 EUR) in Höhe von 837,52 EUR geltend gemacht. Das LG hat die Beklagten antragsgemäß als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 10.935,27 EUR und weitere 837,52 EUR, jeweils nebst Zinsen hieraus zu zahlen. Auf die Berufung der Beklagten zu 2) hat das OLG die Klage in Höhe von 5.000,00 EUR abgewiesen, da die Beklagte zu 2) wegen der Obliegenheitsverletzung des Beklagten zu 1) in dieser Höhe frei geworden sei und der Kläger insoweit nach § 117 Abs. 1 VVG auf seinen Kaskoversicherer verwiesen werden könne. Es hat daher insoweit nur 5.935,27 EUR Schadensersatz zugesprochen.
Die vorgerichtlichen Anwaltskosten hat das OLG dagegen in voller Höhe zugesprochen.
2 Aus den Gründen
Die außerdem geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus einem Gegenstandswert von 10.935,27 EUR (Nrn. 2300, 7001, 7008 VV) von 837,52 EUR sind in voller Höhe zu ersetzen und nicht etwa unter Zugrundelegung eines Gegenstandswerts von 5.935,27 EUR zu kürzen. Der Geschädigte erteilt dem Rechtsanwalt nach einem Verkehrsunfall regelmäßig, und so auch hier, zunächst den Auftrag, den gesamten Schaden beim gegnerischen Haftpflichtversicherer geltend zu machen. Dazu ist der Geschädigte auch grundsätzlich berechtigt. Im Zeitpunkt der Beauftragung kann er im Allgemeinen nicht wissen, dass das Verweisungsprivileg des § 117 Abs. 3 VVG eingreift und der Haftpflichtversicherer im Ergebnis nur den nach Abzug von 5.000,00 EUR verbleibenden Teilbetrag zu zahlen hat (N. Schneider DAR 2008, 743, 744). Der Haftpflichtversicherer wird durch dieses Ergebnis nicht rechtlos gestellt, da er diese Position im Wege des Regresses von seinem alkoholisierten Versicherungsnehmer zurückfordern kann (AG Limburg NZV 2006, 605, zu § 158c VVG a.F.).
(3) Im Ergebnis haftet die Beklagte zu 2) für den Sachschaden in Höhe von 5.935,27 EUR und die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 837,52 EUR. Der Zinsanspruch besteht aufgrund der von der Beklagten zu 2) erklärten ernsthaften und endgültigen Leistungsverweigerung jeweils in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.1.2011 (§§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB).
AGS 10/2013, S. 490 - 491