ZPO § 9 GKG § 41 Abs. 5
Leitsatz
- Wird auf zukünftige Beträge aus einer Mieterhöhung geklagt, richtet sich der Wert nicht nach dem dreieinhalbfachen Jahreswert, sondern nach dem einfachen Jahreswert.
- Die Zustimmung der Anwälte zu dem vom Gericht festgesetzten Wert hat keine Bindungswirkung gegenüber dem Gericht, weder hinsichtlich der Anwaltsgebühren und erst recht nicht hinsichtlich der Gerichtsgebühren, und schließt daher eine Beschwerde gegen die Wertfestsetzung nicht aus.
LG Bonn, Beschl. v. 1.7.2014 – 6 T 180/14
1 Aus den Gründen
Die zulässige, im eigenen Namen eingelegte Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten hat hinsichtlich des Streitwertes für den Rechtsstreit keinen Erfolg, wohl aber hinsichtlich der Gegenstandswerte für den Vergleich. Dabei ist das Beschwerdegericht nicht gehindert, über den Antrag hinauszugehen.
1. Die Auffassung des Beschwerdeführers, für den auf wiederkehrende Leistungen gerichteten Klageantrag zu 2) sei der 3½-fache Jahreswert anzusetzen, ist unzutreffend. Die Vorschrift des § 9 ZPO, die zunächst einmal nur den Zuständigkeitswert regelt, gilt für den Gebührenstreitwert nicht, soweit das Gebührenrecht davon abweichende Bestimmungen trifft.
Eine solche Bestimmung ist in § 41 GKG gegeben. Denn mit dem Klageantrag zu 2) ist die Zahlung eines zukünftigen monatlichen Mehrbetrages von 150,00 EUR Mietzins geltend gemacht worden, der sich aus einer Erhöhung des Mietzinses ergeben haben soll. Die Kammer hat bereits in einem Beschl. v. 7.5.2012 – 6 T 76/12 die Auffassung vertreten, dass zwar der reine Wortlaut des § 41 Abs. 5 GKG nur auf das eigentliche Erhöhungsverlangen abstellt, jedoch der sozialpolitische Regelungsgehalt des § 41 GKG eine entsprechende Anwendung auch auf das auf eine Erhöhung gestützte Zahlungsverlangen rechtfertigt. Auf die von der Kammer zugelassene weitere Beschwerde ist das OLG Köln im Ergebnis dieser Auffassung gefolgt (Beschl. v. 24.9.2012 – 12 W 9/12). Das OLG hat zwar argumentiert, aus der amtlichen Gesetzesbegründung ergäbe sich, dass Abs. 5 auf das eigentliche Erhöhungsverlangen beschränkt sein soll. Gleichwohl müsse der zum Ausdruck gekommene sozialpolitische Wille des Gesetzgebers, die Streitwerte in Wohnungsmietstreitigkeiten zu begrenzen, auch in diesem Falle Berücksichtigung finden. Deshalb sei Abs. 1 der genannten Vorschrift weit auszulegen und erfasse somit auch die auf Erhöhung gestützten Zahlungsansprüche. Letztlich besteht also die Meinungsverschiedenheit zwischen der Kammer und dem OLG nur darin, ob Abs. 1 oder Abs. 5 GKG zur Anwendung kommt. In beiden Varianten wird der Streitwert aber auf den Jahreswert der Mehrforderung begrenzt, wenn nur die Mehrforderung zum Gegenstand des Klageantrags gemacht wird. Danach setzt sich der Wert für den Rechtsstreit zusammen aus
Zusammen also wie vom AG festgesetzt 3.300,00 EUR.
2. Hinsichtlich der Vergleichswerte hat die Beschwerde allerdings Erfolg.
Vorausgeschickt sei zunächst, dass die Zustimmung der Anwälte zu dem vom AG niedriger festgesetzten Wert keine Bindungswirkung gegenüber dem Gericht hat, weder hinsichtlich der Anwaltsgebühren und erst recht nicht hinsichtlich der Gerichtsgebühren. Inwieweit die Anwälte im Innenverhältnis mit ihrem Mandanten ausdrücklich oder konkludent streitige Werte vereinbart haben, an die sie bei der Abrechnung gebunden sein könnten, bedarf hier keiner Entscheidung. Der über die Zahlungsklage hinausgehende Mehrwert des Vergleichs ergibt sich wie folgt:
a) Die Beklagte ist aus dem Mietverhältnis rückwirkend ab 1.3.2013 entlassen worden.
Die "streitige Zeit" i.S.v. § 43 Abs. 1 GKG beläuft sich auf 1.3.2013 – 30.4.2014 (Vergleichsabschluss) und damit auf mehr als ein Jahr. Mit diesem Vergleichspunkt ist der bislang nicht rechtshängige Streit darüber geregelt worden, ob die Beklagte das Mietverhältnis zum 1.3.2013 wirksam gekündigt hatte oder es einvernehmlich aufgehoben worden war. Eine in der Zwischenzeit weitere Kündigung der Beklagten für die Zeit nach dem 1.3.2013 hat es nach Aktenlage nicht gegeben.
Damit ist für die Vereinbarung der Aufhebung des Mietverhältnisses ein Betrag von 12 x 1.110,00 EUR = 13.320,00 EUR zugrunde zu legen.
b) Hinzu kommt die Verpflichtung, eine Bürgschaft für die rückständigen und zukünftigen Zahlungspflichten des neuen Mieters zu übernehmen. Diese Verpflichtungen beziehen sich auf den zukünftig wiederkehrenden Mietzins (Nr. 1 und 2 des Vergleichs), aber auch auf den aktuellen Rückstand von 2.100,00 EUR (Nr. 4 des Vergleichs). Somit soll ein Wert von 12 x 1.100,00 EUR + 2.100,00 EUR = 15.420,00 EUR) gesichert werden. Da es hier lediglich um die Verpflichtung zur Stellung der Bürgschaft als Annex aus der Entlassung aus dem Mietverhältnis geht, erscheint es angemessen, für diese Verpflichtung lediglich 10 % von 15.420,00 EUR und damit 1.542,00 EUR zugrunde zu legen.
Damit ergibt sich für die Beklagte ein Mehrwert von 14.862,00 EUR.
c) Der Vergleichswert für den Beigetretenen und der Mehrwert für die Klägerin belaufen sich aus den vorstehenden Gründen auf 15.420...