ZPO § 91 Abs. 1
Leitsatz
- Die Kosten der Beauftragung der Verwalterin einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit der Verteidigung gegen eine Beschlussanfechtungsklage werden als Aufwand für die allgemeine Prozessführung von dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch nicht erfasst. Erstattungsfähig sind nur die Kosten der Terminswahrnehmung.
- Im Kostenfestsetzungsverfahren ist ein materieller Kostenerstattungsanspruch nur zu berücksichtigen, wenn über Bestand und Höhe des Anspruchs kein Streit besteht. Ansonsten ist er in diesem Verfahren nicht zu prüfen.
BGH, Beschl. v. 7.5.2014 – V ZB 102/13
1 Sachverhalt
Der Kläger focht mehrere Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft an, der die Parteien angehören. Die Beklagten ließen sich durch die Verwalterin der Anlage vertreten, die dafür eine Sondervergütung von 75,00 EUR je Stunde erhalten sollte. Die Klage war nur teilweise erfolgreich. In dem rechtskräftigen Urteil wurden dem Kläger 70 % der Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Die Beklagten haben beantragt, als zu erstattende Kosten des Rechtsstreits 19,35 Arbeitsstunden der Verwaltung zu dem vereinbarten Stundensatz (= 1.451,25 EUR netto) und Aufwendungen für vier Schreiben der Verwaltung an die Beklagten (= 69,90 EUR netto) nebst Mehrwertsteuer entsprechend der Kostenquote des Urteils festzusetzen. Das AG hat dem Antrag entsprochen. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers hat das LG die zu erstattenden Kosten auf 124,95 EUR festgesetzt. Mit der von dem LG zugelassenen Rechtsbeschwerde möchten die Beklagten die Wiederherstellung der Kostenfestsetzung durch das AG erreichen.
2 Aus den Gründen
II. Das Beschwerdegericht hält den Festsetzungsantrag für weitgehend unbegründet. Die geltend gemachten Auslagen für Briefe der Verwaltung an die Beklagten beträfen deren interne Kommunikation. Kosten hierfür seien nach der Rspr. des BGH nicht erstattungsfähig. Die Sondervergütung sei ebenfalls nicht zu erstatten. Es handele sich um allgemeinen Prozessaufwand, der nicht ersatzfähig sei. Ersatzfähig seien nur die Kosten für die Wahrnehmung des Gerichtstermins durch die Verwalterin. Ob den Beklagten ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch gegen den Kläger zustehe, sei im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu prüfen.
III. Diese Erwägungen treffen im Wesentlichen zu. Das Beschwerdegericht hat lediglich übersehen, dass die Beklagten sich nicht nur bei einem, sondern bei zwei Gerichtsterminen durch die Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft haben vertreten lassen und Erstattung auch für die Wahrnehmung des zweiten Termins verlangen können.
1. Ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch, dessen vereinfachter Geltendmachung das Kostenfestsetzungsverfahren nach § 104 ZPO dient, steht den Beklagten nur hinsichtlich der Kosten der Vertretung bei den Gerichtsterminen in dem vorausgegangenen Klageverfahren zu. Nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO kann die (teilweise) obsiegende Partei von der (teilweise) unterlegenen Partei im Umfang der in der Kostengrundentscheidung festgelegten Erstattungspflicht Ersatz der zur Rechtsverfolgung oder – wie hier – Rechtsverteidigung notwendigen Kosten verlangen.
a) aa) Zu diesen Kosten gehört der allgemeine Aufwand für die Prozessführung nicht. Das ergibt sich mittelbar aus § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO, wonach der erstattungsberechtigten Partei nicht jeder Zeitaufwand für die Prozessführung, sondern nur derjenige ersetzt wird, der für die Wahrnehmung von Gerichtsterminen und die Anreise zu diesen Terminen entsteht (Musielak/Lackmann, ZPO, 11. Aufl., § 91 Rn 39). Der Aufwand für die Durchsicht der Schriftsätze des Gegners und die Reaktion hierauf ist dagegen nicht erstattungsfähig (BGH, Urt. v. 9.3.1976 – VI ZR 98/75, BGHZ 66, 112, 114; KG MDR 1985, 414 f.; OLG Stuttgart Justiz 2000, 87; OLG Naumburg NJW-RR 2012, 430, 432; ähnlich BSG, Urt. v. 24.4.1996 – 5 RJ 44/95; weitere Einzelheiten bei Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 91 Rn 13 Stichwort “allgemeiner Prozessaufwand‘). Das gilt auch dann, wenn die Partei einen Dritten mit dieser Aufgabe betraut (OLG Köln MDR 2012, 1491, 1492; OLG Koblenz NJW-RR 2012, 916, 917 a.E. [= AGS 2013, 310] für nicht gesondert erstattungsfähige Sachaufklärung durch einen Rechtsanwalt). Etwas anderes gilt nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO, wenn die Partei mit der Prozessführung einen Rechtsanwalt beauftragt, und nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO für die Beauftragung Dritter mit Aufgaben, die die Partei nicht selbst wahrnehmen kann, für die Prozessführung aber durchführen lassen muss, wie z.B. die Einholung eines Sachverständigengutachtens (OLG Köln MDR 2012, 1491, 1492).
bb) Danach ist hier nur der Zeitaufwand erstattungsfähig, den die Verwalterin auf die Wahrnehmung der Gerichtstermine verwandt hat. Der im Übrigen geltend gemachte Zeitaufwand betrifft die allgemeine Prozessführung der Beklagten und ist unabhängig davon nicht erstattungsfähig, ob sie ihn selbst betrieben oder damit die Verwaltung beauftragt haben.
Für den ersten Gerichtstermin hat das Beschwerdegericht den Beklagten einen Aufwand von zwei Stunden zu jeweils 75,00 EUR zuzü...