RVG VV Vorbem. 3 Abs. 4; Nrn. 3100, 2300 RVG § 15a Abs. 2
Leitsatz
Das Berufen des Kostengläubigers auf die Nichtanrechenbarkeit der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV ist treuwidrig, wenn er vorprozessual und in der Klageschrift ausdrücklich von einer "Geschäftsgebühr" und nicht einer vereinbarten Rechtsanwaltsvergütung gesprochen hat und nichts dafür ersichtlich ist, dass der Prozessgegner bei Abschluss des Vergleichs das Bewusstsein und die Vorstellung hatte, sich nicht zur Zahlung einer Geschäftsgebühr i.S.d. RVG, sondern einer Rechtsanwaltsvergütung aufgrund einer Vergütungsvereinbarung zu verpflichten.
OLG Köln, Beschl. v. 30.1.2014 – I-17 W 164/13
1 Sachverhalt
Die Klägerin war aufgrund eines Vertrages als Subunternehmerin für die Beklagte als Berater bei einem Projekt für C tätig. Dieser Vertrag wurde gem. Vereinbarung von Mitte Januar 2013 verlängert. Die Klägerin hat im vorliegenden Prozess die vertragsgemäße Vergütung für die Monate Januar bis März 2013 und verschiedene Feststellungsanträge geltend gemacht, wonach die Kündigungen der Beklagten unwirksam seien und die Klägerin nicht eine Vertragsstrafe von 75.000,00 EUR verwirkt habe. Weiterhin hat die Klägerin folgenden Antrag angekündigt:
"5. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die nicht anrechenbare Geschäftsgebühr in Höhe von 1.960,40 EUR nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer zu erstatten, mithin 2.356,68 EUR, nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2.3.2013. Deren teilweise Anrechnung auf die Kosten dieses Rechtsstreits ist dem Kostenfestsetzungsverfahren vorbehalten."
Die Höhe dieses Nebenanspruchs ergab sich nach der Begründung der Klägerin in der Klageschrift als "1,3-Geschäftsgebühr" aus einem Streitwert von 129.240,00 EUR. Dazu wurde auf ein vorgerichtliches Rechtsanwaltsschreiben Bezug genommen.
In der Folgezeit kam es zwischen den Parteien zu – weiteren – Vergleichsverhandlungen. Die Klägerin unterbreitete der Beklagten mit einem außergerichtlichen Schriftsatz ein Vergleichsangebot, welches u.a. "für die Abgeltung der vorprozessualen Anwaltskosten der Klägerin die Zahlung eines "pauschalen" Betrags von 3.000,00 EUR (inkl. USt.) vorsah. Anfang Juni 2013 teilte die Klägerin mit, dass sich die Parteien geeinigt hätten, und legte dazu ein Schreiben der Rechtsanwälte der Gegenseite vor, in dem das Vergleichsangebot etwas modifiziert wurde. Zu den Kosten heißt es darin:"
"5. Zur Abgeltung der vorprozessualen Anwaltskosten der Klägerin zahlt die Beklagte an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 2.521,01 EUR zzgl. 478,99 EUR Umsatzsteuer = insgesamt 3.000,00 EUR."
Die Kosten des Rechtsstreits und dieses Vergleichs tragen die Klägerin zu 1/4 und die Beklagte zu 3/4.“
Die Beklagte bestätigte diese Einigung schriftlich, so dass es zur Feststellung eines entsprechenden Vergleichs gem. § 278 Abs. 6 ZPO durch das LG kam. Das LG setzte den Streitwert auf 129.240,00 EUR bis zum 16.4.2013 und 143.567,60 EUR ab dem 16.4.2013 fest.
Die Beklagte meldete zur Kostenausgleichung Rechtsanwaltsgebühren (1,3-Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV, 1,2-Terminsgebühr Nr. 3104 VV, 1,0-Einigungsgebühr Nr. 1003 VV und Auslagenpauschale Nr. 7002 VV) nach dem höheren Streitwert (143.567,60 EUR) in Höhe von insgesamt 5.567,50 EUR an, die Klägerin in gleicher Höhe nebst Gerichtskosten von 1.156,00 EUR.
Der Rechtspfleger setzte nach entsprechendem Hinweis im Hinblick auf § 15a Abs. 2 RVG in dem Kostenfestsetzungsbeschluss bei der Klägerin wegen deren titulierter "Geschäftsgebühr" in Höhe von 2.521,01 EUR einen Betrag von 1.030,25 EUR, also in Höhe einer 0,65-Geschäftsgebühr ab, so dass sich bei den außergerichtlichen Kosten ein Erstattungsanspruch der Klägerin von 2.011,06 EUR und bei den bereits ausgeglichenen Gerichtskosten ein solcher von 867,00 EUR, insgesamt somit ein auszugleichender Betrag von 2.878,06 EUR ergab.
Gegen den Beschluss legte die Klägerin Beschwerde ein und beantragte die Festsetzung eines Erstattungsbetrages von 6.145,50 EUR. Dabei rechnete die Klägerin mit Gerichtskosten von 1.156,00 EUR und setzte ihrem Erstattungsanspruch 3/4 der Kosten der Beklagten hinzu. Außerdem beanstandete sie die Anrechnung der Verfahrensgebühr, weil zwischen der Klägerin und ihrem Rechtsanwalt eine Honorarvereinbarung bestehe, so dass keine Geschäftsgebühr entstanden sei.
Die Beklagte hat das Bestehen einer Vergütungsvereinbarung für die vorprozessuale Tätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin mit Nichtwissen bestritten. Daraufhin legte die Klägerin eine Einverständniserklärung des Geschäftsführers der Klägerin zu einer Honorarvereinbarung mit der Kanzlei Dr. F zu unterschiedlichen Stundenhonoraren von 220,00 bis 290,00 EUR vor.
Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Soweit die Klägerin die Berechnung des LG in dem angefochtenen Beschluss beanstandet, die der Rechtspfleger auch in seinem Nichtabhilfebeschluss noch einmal – zutreffend – vorgerechnet h...