FamFG §§ 61 Abs. 1, 231 Abs. 2 FamGKG § 51 Abs. 3 EStG § 64 Nr. 2 S. 3
Leitsatz
- Der Wert der Beschwer nach § 61 FamFG bemisst sich nicht nach § 51 Abs. 3 FamGKG, sondern nach dem Interesse des durch die Entscheidung beschwerten Beteiligten und kann auch über dem Gebührenwert liegen.
- Aus der Ablehnung eines Antrags auf Bestimmung zum Bezugsberechtigten für das Kindergeld ergibt sich für den Antragsteller in der Regel kein über 600,00 EUR hinausgehender Wert des Beschwerdegegenstands.
BGH, Beschl. v. 29.1.2014 – XII ZB 555/12
1 Sachverhalt
Die Beteiligten sind die Eltern zweier minderjähriger Kinder. Sie streiten um die Bezugsberechtigung für das Kindergeld, das derzeit an die Mutter (Antragsgegnerin) ausgezahlt wird.
Das AG hat den Antrag des Vaters (Antragsteller), ihn mit Wirkung ab 1.9.2003 zum Berechtigten für die Auszahlung des Kindergelds zu bestimmen, zurückgewiesen. Das Beschwerdegericht hat die vom Antragsteller eingelegte Beschwerde als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers.
2 Aus den Gründen
Die nach § 70 Abs. 1 FamFG aufgrund der Zulassung durch das Beschwerdegericht statthafte (vgl. Senatsbeschl. v. 13.11.2013 – XII ZB 414/13, FamRZ 2014, 109) und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR nicht (§ 61 Abs. 1 FamFG). Es handele sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit, die den Unterhaltssachen zugeordnet sei, jedoch keine Familienstreitsache darstelle. Für diese habe der Gesetzgeber in § 51 Abs. 3 S. 1 FamGKG (a.F.) den niedrigsten (Fest-)Wert von 300,00 EUR festgelegt. Der vorliegende Fall biete keinen Anlass, aus Gründen der Billigkeit einen höheren Wert anzunehmen. Es gehe lediglich um die Empfangsberechtigung und nicht um Mittel, die der Empfänger sich wirtschaftlich selbst zuordnen dürfte.
2. Das hält rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
a) Die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Bestimmung des Bezugsberechtigten für das Kindergeld nach § 64 Abs. 2 S. 3 EStG ist gem. § 58 FamFG grundsätzlich statthaft (OLG Celle FamRZ 2012, 1963). Das Verfahren ist nach § 231 Abs. 2 FamFG Unterhaltssache, die aber keine Familienstreitsache darstellt (§ 112 Nr. 1 FamFG), sondern ein – vermögensrechtliches – Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
Nach § 61 Abs. 1 FamFG ist in vermögensrechtlichen Angelegenheiten die Beschwerde indessen nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt. Ist dies nicht der Fall, ist die Beschwerde gem. § 61 Abs. 2 FamFG nur bei Zulassung durch das Gericht des ersten Rechtszuges statthaft. Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist dabei derjenige Teil der Beschwer, dessen Beseitigung mit der Beschwerde erstrebt wird (Musielak/Borth, FamFG, 4. Aufl. § 61 Rn 2 m.w.Nachw.).
Im Fall der Zurückweisung eines Gesuchs um Bestimmung des Bezugsberechtigten für das Kindergeld kommt es demnach auf die mit der Zurückweisung verbundene Beschwer des Antragstellers an, die mit dessen Interesse an einer antragsgemäß erlassenen Entscheidung übereinstimmt.
b) Soweit die Beschwer vom Beschwerdegericht nach § 51 Abs. 3 S. 1 FamGKG bemessen worden ist, kann dem jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Denn die Vorschrift legt den Wert lediglich für die Bemessung der Gerichtsgebühren fest. Dem muss die Beschwer durch die angefochtene Entscheidung nicht entsprechen (vgl. OLG Jena FamRZ 2013, 1413, 1414). Die Beschwer bestimmt sich vielmehr nach dem Interesse des durch die Entscheidung beschwerten Beteiligten und kann auch über dem Gebührenwert liegen.
Das Beschwerdegericht ist indessen im Ergebnis dennoch zutreffend davon ausgegangen, dass ein 600,00 EUR übersteigendes Interesse des Antragstellers hier nicht gegeben ist. Mit dem Antrag erstrebt dieser seine Bestimmung zum Bezugsberechtigten nach § 64 Abs. 2 S. 3 EStG. § 64 EStG bestimmt, dass das Kindergeld an nur einen Berechtigten ausgezahlt wird. Die Regelung dient der Verwaltungsvereinfachung und enthält keine Festlegung, welchem Elternteil das Kindergeld zusteht. Dies ist vielmehr Aufgabe des zivilrechtlichen Kindergeldausgleichs zwischen den Eltern, der bei minderjährigen Kindern in der Regel durch Anrechnung auf den Barbedarf des Kindes bewirkt wird (§ 1612b Abs. 1 BGB). Bezieht – wie regelmäßig – der Elternteil das Kindergeld, in dessen Obhut sich das Kind befindet (Obhutsprinzip; § 64 Abs. 1 S. 1 EStG), so kommt dem anderen Elternteil das hälftige Kindergeld dadurch zugute, dass dieser in entsprechender Höhe vom Kindesunterhalt entlastet wird.
c) Da es – wie das Beschwerdegericht richtig gesehen hat – somit bei der Bestimmung des Bezugsberechtigten vorwiegend um die Modalitäten der Auszahlung und Verrechnung des Kindergelds geht, nicht aber um die Frage, wem dieses zusteht, kann nicht auf den vom Antragsteller erstrebten Auszahlungsbetrag abgestellt werden. Vielmehr bedarf ein die Mindestbeschwer nach § 61 Abs. 1 FamFG erreichendes Interesse des Antragst...