a) Zu Recht ist der Rechtspfleger davon ausgegangen, dass die Beklagte unter kostenrechtlichen Gesichtspunkten nicht berechtigt gewesen ist, für die Führung des Rechtsstreits vor dem LG Flensburg den in Hamburg ansässigen Beklagtenvertreter einzuschalten.

(1) Einer im Bezirk des Prozessgerichts wohnhaften Partei wird es nach ständiger höchstrichterlicher Rspr. zugemutet, einen im gleichen Bezirk niedergelassenen Rechtsanwalt zu beauftragen (vgl. § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ZPO). Das dahinterliegende Gebot der Kostenschonung tritt ausnahmsweise nur dann zurück, wenn die Partei ein besonders schützenswertes überwiegendes Interesses an einem auswärtigen, also einem nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen oder wohnhaften, Rechtsanwalt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 20.5.2008 – VIII ZB 92/07, NJW-RR 2009, 283, 284 Rn 6; Jaspersen/Wache, in: Beck´scher Online-Kommentar ZPO, Stand 1.3.2015, § 91 Rn 169).

(2) Derartige besondere Interessen der Beklagten sind nicht ersichtlich. Auch eine besondere Spezialisierung des Beklagtenvertreters, über die im Gerichtsbezirk des LG Flensburg ansässige Rechtsanwälte nicht verfügen und die für die Bearbeitung der Sache notwendig gewesen ist, ist nicht erkennbar. Der Umstand, dass die Beklagte den Beklagtenvertreter bereits vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens eingeschaltet hatte, kann ein solches besonders schützenswertes Interesse nicht begründen. Der Kläger hat unwidersprochen vorgetragen, dass bereits das erste außergerichtliche Aufforderungsschreiben v. 4.9.2007 an die Beklagte unter ihrer Niebüller Wohnanschrift gerichtet war, sodass die Beklagte ohne weiteres damit rechnen musste, dass die gerichtliche Geltendmachung in dem für sie zuständigen Bezirk des LG Flensburg erfolgen würde. Auch die dargelegten Umzugspläne der Beklagten, die sie ohnehin nicht realisiert hat, rechtfertigen keine andere Bewertung.

b) Allerdings sind die tatsächlichen Reisekosten des Beklagtenvertreters nicht auf die Entfernung zwischen dem Wohnort der Beklagten in Niebüll und dem LG Flensburg zu beschränken. Sie sind vielmehr in der Höhe zu erstatten, wie Reisekosten bei Beauftragung eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Rechtsanwalts maximal angefallen wären. Hierfür ist die höchstmögliche Entfernung innerhalb des Gerichtsbezirks anzusetzen.

(1) Die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei unterliegt nach dem Wortlaut des § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 und 2 ZPO nur dann einer Notwendigkeitsprüfung, wenn der Rechtsanwalt weder am Gerichtsort wohnt, noch im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist. Nur für diese Rechtsanwälte gilt die Einschränkung der grundsätzlichen Erstattungspflicht nach § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 ZPO ("Auslagen des Rechtsanwalts … sind … zu erstatten") durch Hs. 2 ZPO ("Reisekosten eines Rechtsanwalts, der …"; so auch Schneider, NJW-Spezial 2011, 603). Seit der Streichung des früheren § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO durch das Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts v. 5.5.2004 (Art. 4 Abs. 20 Nr. 2, BGBl 2004 I, S. 718) entstehen der obsiegenden Partei – von Fällen des Rechtsmissbrauchs, die vor allem bei großen Gerichtsbezirken relevant werden können, abgesehen – kostenrechtlich keine Nachteile dadurch, dass sie einen am Ort des Prozessgerichts nicht ansässigen oder wohnhaften Rechtsanwalt wählt, solange dieser im Gerichtsbezirk niedergelassen oder wohnhaft ist (vgl. auch Jaspersen/Wache, Beck´scher Online-Kommentar ZPO, Stand 1.3.2015, § 91 Rn 168 f.; Schneider, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 7. Aufl. 2015, § 91 Rn 5 m.w.N.; für eine Notwendigkeitsprüfung hingegen bei nicht am Gerichtsort, aber innerhalb des Gerichtsbezirks niedergelassenen bzw. wohnhaften Rechtsanwälten Schulz, in: MüKo zur ZPO, 4. Aufl. 2013, § 91 Rn 65; offen gelassen von BGH, Beschl. v. 13.9.2011 – VI ZB 9/10, NJW 2011, 3520 Rn 6 f. [= AGS 2012, 47]). Die bis dahin geltende Unterscheidung, die durch die Beauftragung eines nicht am Gerichtsort, aber innerhalb des Gerichtsbezirks ansässigen oder wohnhaften Rechtsanwalts entstehende Mehrkosten als nicht erstattungsfähig behandelte, wurde vom Gesetzgeber nach der Abschaffung des Lokalisierungsprinzips für Rechtsstreitigkeiten mit Anwaltszwang mit Wirkung zum 1.1.2000 (Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte v. 17.12.1999, BGBl 1999 I, S. 2448) für nicht mehr sachgerecht gehalten (siehe die Begründung zum Gesetzentwurf v. 11.11.2003, BT-Drucks 15/1971, S. 233, zu Abs. 20 Nr. 2). Erst mit dieser kostenrechtlichen Umsetzung wird das Recht der Partei auf freie Anwaltswahl wirkungsvoll (so auch Schulz, in: MüKo ZPO, a.a.O., Rn 63; Schons, Anm. zu LG Düsseldorf NJW 2015, 499 f.).

(2) Aus dieser Anknüpfung an den Gerichtsbezirk folgt, dass die obsiegende Partei die Reisekosten ihres im Gerichtsbezirk niedergelassenen oder wohnhaften Rechtsanwalts immer erstattet verlangen kann (Schneider, NJW-Spezial 2011, 603; Herget, in: Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 91 Rn 13 Stichwort "Re...

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