Die gem. §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde des Vertreters der Staatskasse ist nicht begründet. Das AG ist zutreffend davon ausgegangen, dass dem Bevollmächtigten der Antragstellerin für seine Tätigkeit auch die Verfahrensdifferenzgebühr nach Nr. 3101 VV aus einem Verfahrenswert von 2.000,00 EUR sowie eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV aus einem Wert von 4.000,00 EUR zusteht. Im vorliegenden Verfahren kommt es dabei nicht darauf an, ob bei einem Mehrvergleich der im Rahmen der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt die genannten Gebühren aus dem Mehrwert des Vergleichs generell verlangen kann (vgl. hierzu zuletzt OLG Köln FamRZ 2015, 1314; OLG Stuttgart JurBüro 2016, 246 jeweils m.w.N. zum Meinungsstand).
Der Vergütungsanspruch bestimmt sich nämlich nach § 48 Abs. 1 RVG nach dem Umfang der Verfahrenskostenhilfebewilligung. Bewilligte das Gericht in seinem klarstellenden Beschluss Verfahrenskostenhilfe auch für die Verfahrens- und Terminsgebühr, dann greift die Bindungswirkung dieser Entscheidung. Das gilt auch dann, wenn die Klarstellung erst nach Abschluss des Verfahrens erfolgte (Hartmann, KostG, 26. Aufl., § 48 RVG Rn 64 a.E.) und zudem der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe auch für die Vereinbarung erst nach Abschluss dieser Vereinbarung gestellt wurde (zu dieser Problematik Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., § 48 Rn 188 f.).
Im Übrigen hätte sich im vorliegenden Verfahren der Anspruch auch ohne den klarstellenden Beschluss ergeben. Dies gebietet nämlich in der vorliegenden Fallkonstellation der Vertrauensschutz. Entspricht es jahrelanger Übung, dass im Falle der Bewilligung (auch für die Vereinbarung eines Mehrvergleichs) sämtliche damit zusammenhängende Gebühren damit erstattet werden, so wäre das zur Entscheidung über die Verfahrenskostenhilfe berufene Gericht verpflichtet, durch einen richterlichen Hinweis zu reagieren, wenn die Verfahrenskostenhilfe nunmehr (für die Antragstellerin und ihren Verfahrensbevollmächtigten überraschend) bei identischer Formulierung beschränkt werden soll. Wenn auch nach einem richterlichen Hinweis, wonach die Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe nunmehr allein die Einigungsgebühr umfasst, ein uneingeschränkter Erstreckungsantrag gleichwohl aufrechterhalten wird, wäre das Gericht gehalten, den "Erstreckungsantrag" teilweise zurückzuweisen. Nur in diesem Fall könnten die Antragstellerin und ihr Bevollmächtigter erkennen, dass sie durch die (eingeschränkte) Erstreckung beschwert ist und ihr die Möglichkeit eröffnet wird, wegen der Teilversagung der Verfahrenskostenhilfe ins Rechtsmittel zu gehen. Erstreckt demgegenüber das zur Entscheidung berufene Gericht ohne Einschränkungen und Zurückweisungen im Übrigen die Verfahrenskostenhilfe auf den Vergleichsabschluss, dann bringt es zum Ausdruck, dass die jahrelange gerichtliche Übung fortgesetzt und dem Antrag uneingeschränkt stattgegeben wird (OLG Bamberg, Beschl. v. 1.2.2013 – 2 WF 247/12).
Das Beschwerdegericht folgt auch nicht der Ansicht des Vertreters der Staatskasse, wonach in dem Bewilligungsbeschluss die Erstreckung auf bestimmte Gebühren nicht geklärt werden kann. Umgekehrt bedarf es aus Sicht des Beschwerdegerichts einer möglichst eindeutigen und klarstellenden Entscheidung über die Verfahrenskostenhilfe (für eine solche Klarstellung etwa auch Schneider/Wolf, RVG, 7. Aufl., § 48 RVG Rn 14; Baumgärtel/Hergenröder/Houben, RVG, 16. Aufl. § 48 RVG Rn 10), um bereits im Bewilligungsverfahren dem Unbemittelten vor Augen zu führen, inwieweit er im Falle des Vergleichsschlusses mit selbst zu zahlenden Gebühren belastet wird. Dies gilt jedenfalls im Falle einer Antragstellung hinsichtlich der Verfahrenskostenhilfe vor Abschluss des Vergleichs. Weil im vorliegenden Verfahren der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für die Einigung erst nach dem Abschluss des Vergleichs erfolgte, gleichwohl aber die Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde, kommt es auch nicht auf die Frage an, ob allein der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für den Abschluss des Vergleichs ein entsprechendes Verfahrenskostenhilfeverfahren anhängig machte und damit möglicherweise keine 1,5 Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV, sondern eine solche von 1,0 nach Nr. 1003 VV zu erstatten gewesen wäre (zu dieser Frage etwa LAG Nürnberg, Beschl. v. 25.6.2009 – 4 Ca 61/09).
Mitgeteilt von RA und FAFamR Manfred Grochowina, Nürnberg
AGS 10/2016, S. 493