Die Beschwerde der Landeskasse ist gem. § 66 Abs. 2 S. 1 GKG zulässig und auch in der Sache erfolgreich.

Entgegen den Ausführungen der Kammer liegen die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der Nr. 1211 Nr. 2 GKG-KostVerz. nicht vor.

Eine Analogie ist zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem vom Gesetzgeber geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Die Lücke muss sich also aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem – dem konkreten Gesetzgebungsverfahren zugrunde liegenden – Regelungsplan ergeben (BGH, Urt. v. 17.11.2009 – XI ZR 36/09, juris Rn 23).

Vorliegend fehlt es an einer für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke (ebenso OLG Braunschweig, Beschl. v. 2.6.2015 – 2 W 19/15, juris Rn 13 ff. [= AGS 2015, 400]).

In der ursprünglichen Fassung von Nr. 1211 GKG-KostVerz. war eine Regelung über Gebührenermäßigungen im Fall von Erledigungserklärungen nicht enthalten. Der Gesetzgeber des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, das am 1.7.2004 in Kraft getreten ist, hat in Nr. 1211 Nr. 4 GKG-KostVerz. eine Regelung zur Kostenermäßigung im Fall von Erledigungserklärungen getroffen. Diese ist ausdrücklich auf die Fälle beschränkt, dass keine Entscheidung über die Kosten ergeht oder die Entscheidung einer zuvor mitgeteilten Einigung der Parteien über die Kostentragung oder der Kostenübernahmeerklärung einer Partei folgt. Im Rahmen der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 15/1971, S. 159 f.) führt der Gesetzgeber aus, in Rspr. und Lit. sei umstritten, ob bereits das geltende Recht in diesen Fällen eine Gebührenprivilegierung zulasse. Zum Meinungsstand wird in der Gesetzesbegründung ausdrücklich auf Zöller/Vollkommer/Herget, ZPO, 23. Aufl., Rn 59 zu § 91a, verwiesen. In dieser – sich gerade einmal auf eine halbe Seite erstreckenden – Fundstelle wird der Fall, dass "sich die Parteien vergleichen und die Kostenregelung dem Gericht überlassen, selbst wenn sie dabei auf die Begründung verzichten" ausdrücklich erwähnt und der Meinungsstand mit Rechtsprechungsnachweisen untermauert. Angesichts dessen erscheint es dem Senat ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber gerade diesen Fall in seinem – dem Gesetzgebungsverfahren des am 1.7.2004 in Kraft getretenen Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes zugrunde liegenden – Regelungsplan übersehen hat. Vielmehr liegt nahe, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung ausschließlich solche Fälle privilegieren wollte, in denen eine Meinungsbildung des Gerichts über die Kostentragungspflicht entfällt. Billigkeitserwägungen, die letztlich nur auf eine Beurteilung hinauslaufen, ob der Gesetzgeber bei der Neukonzeption der Nr. 1211 GKG-KostVerz. auch die "richtige" Entscheidung getroffen hat, sind im Hinblick darauf obsolet.

Mitgeteilt von Reg.-Dir. a.D. Heinrich Hellstab, Berlin

AGS 10/2016, S. 475 - 476

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