VVG § 125; ARB 1994 § 4
Leitsatz
- Im Schadensersatz-Rechtsschutz ist nur die Geltendmachung durch den Versicherungsnehmer gedeckt, nicht die Abwehr von Schadensersatzansprüchen. Ein Geltendmachen von Schadensersatzansprüchen liegt auch dann vor, wenn der Versicherungsnehmer auf Rückzahlung überzahlter Vorschüsse aus Bereicherungsgrundsätzen in Anspruch genommen wird und sich dagegen mit der Behauptung von Schadensersatzansprüchen verteidigt. Auch dann geht es um die Durchsetzung seiner Schadensersatzansprüche.
- In einem solchen Fall sind lediglich die Parteirollen vertauscht. Der Geschädigte muss nicht mehr seinen Schadensersatzanspruch beweisen, sondern der Schädiger das Fehlen eines Schadensersatzanspruches als fehlenden Rechtsgrund seiner Leistung. Aus dem maßgeblichen Tatsachenvortrag des Geschädigten folgt als Rechtsschutzfall seine Schädigung durch den Gegner und sein Verlangen auf Schadensersatz. Die Rückforderung der Zahlung stellt keinen neuen Rechtsschutzfall in der Rechtsschutzversicherung dar.
OLG Saarbrücken, Urt. v. 31.1.2018 – 5 U 33/17
1 Sachverhalt
Der Kläger war mitversicherte Person einer Rechtsschutzversicherung, die seine Ehefrau bei der Beklagten unterhielt.
Nach einem Verkehrsunfall, bei dem der Kläger erheblich verletzt wurde, gewährte die Beklagte ihm Rechtsschutz für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Unfallgegner und dessen Haftpflichtversicherer, die H. AG. In diesem Rechtsstreit verurteilte das OLG die H. AG u.a. zur Zahlung von 360.000,00 EUR Umbaukosten für behindertengerechtes Wohnen und führte aus, dass der Kläger diesen Betrag auch ohne konkreten Kostennachweis für den beabsichtigten behindertengerechten Umbau seines Wohnhauses zweckgebunden verlangen könne.
Nachdem der Kläger von seinem Vorhaben, sein altes Wohnhaus behindertengerecht umzubauen, abgerückt war und sich ein neues Einfamilienhaus nach seinen Bedürfnissen erbauen ließ, nahm die H. AG den Kläger auf Rückzahlung eines Teilbetrages i.H.v. 250.000,00 EUR in Anspruch, weil die Geldmittel nicht ihrem Zweck entsprechend verwendet worden seien, so dass der Rechtsgrund für die Zahlung an den Kläger weggefallen sei. Sie AG argumentierte damit, dass der von ihr aufgrund des Verkehrsunfalls zum Ausgleich vermehrter Bedürfnisse an den Kläger zu leistende Entschädigungsbetrag bei einem Neubau deutlich geringer sei als bei dem ursprünglich geplanten Umbau des vorhandenen Wohnhauses.
Weil die Beklagte sich eines Rückzahlungsanspruchs in voller Höhe berühmte, erhob der Kläger in diesem Verfahren vor dem LG Widerklage und beantragte die Feststellung, dass der H. AG auch über den geltend gemachten Teilbetrag hinaus kein Rückzahlungsanspruch ihm gegenüber zustehe.
Die Beklagte verweigerte Rechtsschutz für diesen Rechtsstreit vor dem LG. Sie sieht in der Rückforderung der Zahlung durch die H. AG einen neuen Rechtsschutzfall, der nachvertraglich eingetreten sei.
Das LG hat die Klage auf Deckungsschutz abgewiesen, weil Schadensersatz-Rechtsschutz nur für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gewährt werde, worum es in dem Rechtsstreit vor dem LG nicht gehe. Dort gehe es um die Rückzahlung rechtskräftig erlangter Schadensersatzleistungen, die vom Prozessgegner mit einem neuen, das aktuelle Geschehen prägenden Rechtsverstoß begründet werde. Hinsichtlich des Vertrags-Rechtsschutzes sei der Versicherungsfall nicht mehr in der versicherten Zeit eingetreten.
2 Aus den Gründen
Die Berufung des Klägers hat Erfolg. Die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung. Der Kläger hat einen Anspruch auf bedingungsgemäßen Versicherungsschutz gem. den §§ 2a, 4 Abs. 1 Buchst. a, 5 ARB 94.
(1.) Der Rechtsstreit vor dem LG betrifft nach § 2a ARB 94 die Geltendmachung der Schadensersatzansprüche des Klägers aus dem Verkehrsunfall vom 20.5.2004.
§ 4 Abs. 1 Buchst. a ARB 94 knüpft den Anspruch auf Rechtsschutz im Schadensersatz-Rechtsschutz an die erste Ursache des Schadens an. Maßgebend sind die Ereignisse, die der Schadensersatzpflichtige, gegen den der Versicherungsnehmer Ansprüche erhebt, zurechenbar gesetzt hat und die den Eintritt irgendeines Schadens, den der Versicherungsnehmer von diesem ersetzt bekommen will, nach der Lebenserfahrung hinreichend wahrscheinlich machen. Für den Eintritt des Versicherungsfalles ist danach auf den Tatsachenvortrag abzustellen, mit dem der Versicherungsnehmer seinen Schadensersatzanspruch begründet. Frühester Zeitpunkt ist das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten ihm gegenüber, auf das er sein Ersatzverlangen stützt (BGH, Urt. v. 30.4.2014 – IV ZR 47/13, VersR 2014, 742). Das war vorliegend der Verkehrsunfall vom 20.5.2004.
Im Schadensersatz-Rechtsschutz ist nur die Geltendmachung durch den Versicherungsnehmer gedeckt, nicht die Abwehr von Schadensersatzansprüchen. Das ist Aufgabe der Haftpflichtversicherung. Geltendmachung setzt allerdings lediglich voraus, dass sich der Versicherungsnehmer in der Rolle des Anspruchstellers befindet, er muss dabei aber nicht der aktive Teil se...