RVG VV Nrn. 1000, 1003
Leitsatz
- Bei Anhängigkeit eines Verfahrenskostenhilfebewilligungsverfahrens entsteht nach Sinn und Zweck der Nrn. 1000, 1003 VV bei Mitwirken des Gerichts an der Einigung nur die ermäßigte Gebühr Nr. 1003 VV. Lediglich in den Fällen, in denen die Mitwirkung des Gerichts auf die Protokollierung des Vergleichs – also letztlich ohne jegliche inhaltliche Prüfung – reduziert ist, entsteht die volle Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV.
- Dem steht die Rechtsprechung des BGH aus der Entscheidung vom 17.1.2018 – XII ZB 248/16 [= AGS 2018, 141] entgegen, weil dieser sich mit der Höhe der Einigungsgebühr nicht auseinandergesetzt hat.
OLG Bamberg, Beschl. v. 6.7.2018 – 2 WF 157/18
1 Sachverhalt
In dem Rückführungsverfahren nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen vor dem FamG schlossen die beteiligten Kindseltern eine umfangreiche Vereinbarung, u.a. zum Aufenthalt des Kindes, zum Umgang und zum Kindesunterhalt. Der Verfahrenswert wurde durch das FamG auf 5.000,00 EUR festgesetzt, der überschießende Vergleichswert auf 20.000,00 EUR.
Der Antragsgegnerin war Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Rechtsanwältin bewilligt und auch auf den Mehrwert des Vergleichs erstreckt worden.
Die Antragsgegnervertreterin beantragte daraufhin, die aus der Staatskasse zu erstattende Verfahrenskostenhilfevergütung auf insgesamt 1.919,47 EUR festzusetzen. Sie brachte dabei folgende Gebühren in Ansatz:
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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334,10 EUR |
(Wert: 5.000,00 EUR) |
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0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 VV |
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290,40 EUR |
(Wert: 20.000,00 EUR) |
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Kürzung nach § 15 Abs. 3 RVG |
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– 134,40 EUR |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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452,40 EUR |
(Wert: 25.000,00 EUR) |
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1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV |
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257,00 EUR |
(Wert: 5.000,00 EUR) |
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1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV |
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544,50 EUR |
(Wert: 20.000,00 EUR) |
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Kürzung nach § 15 Abs. 3 RVG |
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– 236,00 EUR |
Fahrtkosten Pkw |
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45,00 EUR |
Abwesenheitsgeld |
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40,00 EUR |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
Netto gesamt |
1.613,00 EUR |
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19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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306,47 EUR |
Gesamt |
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1.919,47 EUR |
Die Rechtspflegerin setzte die aus der Staatskasse zu zahlende Verfahrenskostenhilfevergütung auf 1.424,50 EUR fest. Zur Begründung führte sie aus, dass die Einigungsgebühr auch für den Mehrvergleich nach Nrn. 1003, 1000 VV nur 1,0 betrage. Es sei nur eine 1,0-Einigungsgebühr aus dem zusammengerechneten Verfahrenswert von 25.000,00 EUR i.H.v. 377,00 EUR angefallen.
Hiergegen legte die Antragsgegnervertreterin Erinnerung ein und verwies zur Begründung auf den Beschl. d. BGH v. 17.1.2018 – XII ZB 248/16.
Das FamG hat die Akten dem Bezirksrevisor vorgelegt. Dieser hat beantragt, der Erinnerung nicht abzuhelfen, da die Gründe des angefochtenen Beschlusses des FamG zuträfen und mit der Rspr. des BGH und des OLG Bamberg konform gingen. Der beigeordneten Kanzlei stehe nur eine 1,0-Einigungsgebühr aus dem nicht rechtshängigen Teil zu, da diesbezüglich ein VKH-Bewilligungsverfahren anhängig gewesen sei. Die Reduzierung Nr. 1003 VV auf eine 1,0-Gebühr trete ein, sobald ein gerichtliches Verfahren über den Anspruch anhängig sei. Gerichtsverfahren in diesem Sinne seien auch VKH-Bewilligungsverfahren. Eine Reduzierung entfalle nur dann, wenn das Gericht nur als Beurkundungsorgan tätig und der Einigungsgegenstand nicht anhängig werden solle. Letzteres sei vorliegend nicht der Fall gewesen, da die Sach- und Rechtslage, insbesondere die Möglichkeit einer gütlichen Lösung, vor Vergleichsabschluss erörtert worden sei.
Das FamG hat sodann durch den zuständigen Rechtspfleger der Erinnerung der Antragsgegnervertreter nicht abgeholfen und die Akten dem zuständigen Richter zur Entscheidung vorgelegt, der die Erinnerung zurückgewiesen hat. Zur Begründung hat er sich auf den Nichtabhilfebeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle sowie die dort zitierten Entscheidungen des OLG Bamberg Bezug genommen. Ferner hat der Richter darauf hingewiesen, dass die Verfahrenskostenhilfe durch Beschluss auf den abgeschlossenen Vergleich erstreckt worden sei, nachdem intensiv über die gesamte Sach- und Rechtslage und alle einzelnen Punkte diskutiert worden sei.
Gegen diesen Beschluss legte die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin Beschwerde ein und verwies insoweit auf die Ausführungen des BGH v. 17.1.2018 – XII ZB 248/16. Die vom Urkundsbeamten zitierte Entscheidung des OLG Bamberg sei durch die zitierte Entscheidung des BGH überholt. Die beantragte Verfahrenskostenhilfevergütung sei korrekt und zu erstatten.
Das AG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. Die zuständige Einzelrichterin hat die Sache gem. §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 8 S. 2 RVG dem Senat zur Entscheidung übertragen.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, insbesondere ist sie gem. § 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 3 RVG innerhalb der 2-Wochenfrist eingelegt worden. Der Beschwerdewert gem. §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 1 RVG von mehr als 200,00 EUR ist erreicht, da die Beschwerd...